Die Öko-Winterweizen-Erträge im Jahr 2022 waren meist hervorragend. Trotzdem gab es auch Entwicklungen, die für Anbauer weniger erfreulich sind. So ist Gelbrost auch bei einigen Sorten, die bisher als sehr tolerant bzw. resistent galten, ein Thema gewesen. Was bedeutet das für den Anbau der kommenden Jahre?
Gelbrost noch im Griff?
Viele Gelbrost-anfällige Sorten hat das Ökoteam der Landwirtschaftskammer NRW aus den Landessortenversuchen gestrichen. Durch den Wegfall dieser Sorten war die Krankheit schon fast aus den Köpfen und trat 2022 kaum auf. Dennoch fielen einige anfälligere Sorten auf, sodass das Thema wohl nach wie vor nicht vom Tisch ist.
Vermutet werden neue Gelbrostrassen, die Resistenzgene der Sorten durchbrechen können. Experten zufolge wird sich dieser „Gelbrosttrend“ fortsetzen, sodass weiter mit der Blattkrankheit zu rechnen ist. Wichtigste Gegenmaßnahmen sind die Beseitigung von Ausfallgetreide, intensive Stoppelbearbeitung und die Sortenwahl – inklusive des Anbaus von mindestens zwei gelbrostgesunden Sorten zur Risikostreuung.
Erträge im Jahr 2022
In NRW erzielte der Weizen am Standort Warstein-Belecke im Mittel aller Sorten mit 70,7 dt/ha einen hervorragenden Ertrag, der damit 16,8 dt/ha über dem Ergebnis des vergangenen Jahres lag. Der neue Standort in Bad Sassendorf stieg ebenso mit 74,5 dt/ha im Mittel aller Sorten ein, während die Versuche in Lichtenau aus arbeitstechnischen Gründen aufgegeben werden mussten. In Wendlinghausen lag der Weizenertrag mit 59,5 dt/ha im Mittel noch etwas über dem Vorjahresergebnis.
Auch auf den guten Ertragsstandorten in Hessen und Niedersachsen erreichte der Öko-Winterweizen im Schnitt aller Sorten traumhafte Erträge zwischen 61,7 dt/ha (Gladbacherhof) und 76,3 dt/ha (Frankenhausen). Der Durchschnittsertrag aller Sorten und Standorte von 68,1 dt/ha war damit fast 10 dt/ha höher als der Durchschnitt aus den drei Jahren zuvor (58,5 dt/ha).
Diese Sorten fielen auf
Ertraglich überzeugten in diesem Jahr vor allem
- die E-Weizen Moschus (102 %) und Wendelin (100 %),
- der A-Weizen Illusion (100 %) sowie
- alle B-Weizensorten Argument (107 %), Campesino (113 %), Chevingnon (116 %), Informer (114 %), Gentleman (112 %) und Knut (120 %) und
- die C-Weizen KWS Keitum (122 %) und Revolver (121 %).
Hieraus und aus den Qualitätsmerkmalen ergeben sich die Empfehlungen:
Langjährig geprüft und ausgewogen in Ertrag (102 %) und Qualität (10,2 % Protein, 20,9 % Kleber) ist Moschus. Moschus als sehr kurzer Weizen passt auf gut versorgte Standorte oder nach Kleegrasumbruch und auf Standorte mit wenig Unkrautdruck. Nicht mehr in unserer Sortimentsprüfung, aber weiterhin auch hierfür empfohlen ist die Sorte Genius (kurz für gut versorgte Standorte, ausgewogen in Ertrag und Qualität). Außerdem könnten hier auch KWS Essenz (98 % Ertrag, 10,7 % Protein, 22,7 % Kleber) als mittellange Sorte interessant sein oder auch zum Ausprobieren die neuere Öko-Sorte Grannosos, die ebenfalls ausgewogen scheint (98 % Ertrag, 10,4 % Protein, 21,2 % Kleber).
Anbauwürdig als ertragsbetonte Sorten aus dem B-Weizen-Segment sind:
- Campesino (114 %, Gelbrost anfälliger),
- Chevignon (114 %) sowie
- Informer (112 %).
Auch der Anbau von Argument (107 %) ist möglich, wobei hier ebenfalls eine erhöhte Gelbrostanfälligkeit zu beachten ist. Die neue Sorte Knut (120 %) kann ausprobiert werden.
Die kurzen C-Futterweizensorten glänzen mit sehr hohen Erträgen – so zum Beispiel KWS Keitum (122 %) und Revolver (121 %). Gerade die letztgenannten Sorten sind sehr kurz, dünn und ungleich im Bestand und eignen sich vor allem für gut versorgte Standorte nach der Umstellung, Kleegrasumbrüche oder ähnliche Situationen mit wenig Unkrautdruck.
Wer mehr Qualität haben will, kann mit den Öko-Züchtungen qualitätsbetonte Sorten anbauen. Wendelin als neuere Öko-Sorte scheint zudem ebenfalls ausgewogen in Ertrag (100 %) und etwas besser in der Qualität (10,8 % Protein und 24,0 % Kleber) zu sein. Besonders hoch in der Qualität sind
- Aristaro (23,7 % Kleber),
- Adamus (23,4 % Kleber),
- Effendi (22,3 % Kleber) und
- Sarastro (23,4 % Kleber).
Aristaro, Adamus und Grannosos sind überdies auch begrannte und trockenheitstolerantere Weizensorten.
Wichtig: Saatgutbezug prüfen
Die Verwendung von ökologisch erzeugtem Saat- und Pflanzgut ist gemäß EU-Bioverordnung grundsätzlich vorgeschrieben. Der Saatgutbezug kann über die Öko-Saatgutvermehrer aus NRW, beispielsweise Bioland-Z-Saatgutliste (erhältlich beim Bioland Landesverband NRW) erfolgen.
Die Verfügbarkeit einzelner Sorten können Sie über den zweiten Link unten überprüfen. Zu beachten ist auch die Einstufung des Winterweizens in die Kategorie I. Vorhandene Sorten in den Qualitätsstufen Population, A, B, C und E müssen als Öko-Qualitätssaatgut verwendet werden.
Die Leistungsdaten aller Sorten sowie weitere Informationen und Empfehlungen finden Sie hier.
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