Das Fazit liest sich einfach: Wenn eine Biogasanlage baulich und technisch fit ist, lässt sie sich auch nach Ablauf der ersten 20-jährigen Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wirtschaftlich erfolgreich weiterbetreiben. Doch der Weg dahin will gut durchdacht und geplant sein. Betreiber sollten möglichst frühzeitig, etwa ab dem 15. Betriebsjahr beginnen, über eine Anschlusslösung nachzudenken und dabei nicht nur auf die Anlage schauen, sondern auch überlegen, wer sich über mindestens zehn weitere Jahre um die Anlage kümmern kann und will.
Strom oder Kraftstoff
Einige Weiterbetriebsoptionen:
- Insbesondere für Anlagen kleiner 500 kWel ist die Flexibilisierung und Teilnahme am EEG-Ausschreibungsverfahren eine relativ einfach umsetzbare und gewinnversprechende Option für die nächsten zehn Jahre. Der Wärmeverkauf kann Zusatzeinnahmen bringen.
- Für Biogasanlagen über 500 kWel und gegebenenfalls für kleinere Anlagen, die über ein Rohbiogasnetz verbunden sind, kommt die Herstellung von Biomethan in Betracht. Voraussetzung ist der Bau einer (teuren) Gasaufbereitungsanlage und in den meisten Fällen auch ein Anschluss an das öffentliche Gasnetz. Biomethan lässt sich in BHKW einsetzen. Besonders vielversprechend ist jedoch die Vermarktung als Kraftstoff. Hier lassen sich über die Treibhausgas (THG)-Quote Zusatzeinnahmen erzielen. Denn jeder, der in Deutschland Kraftstoffe in den Verkehr bringt, ist gesetzlich verpflichtet, den Ausstoß von THG aus den Kraftstoffen zu verringern. Dies kann geschehen, indem emissionsärmere Kraftstoffe eingesetzt bzw. beigemischt werden. Während die Erlöse für Biomethan zurzeit bei etwa 7 Cent/kWh liegen, ermöglicht die THG-Quote Einnahmen von zurzeit rund 20 Cent/kWh für Biomethan aus Wirtschaftsdünger. Der Bau einer Tankstelle ist sehr aufwendig und kommt daher nur in Einzelfällen mit besonders gutem Standort infrage.
- Die verstärkte Vergärung von Mist und Gülle kann helfen, die Substratkosten zu senken. Gleichzeitig lässt sich der THG-Ausstoß aus der Viehhaltung vermindern. Heute wird etwa ein Drittel des deutschen Wirtschaftsdüngeraufkommens in Biogasanlagen vergoren (THG-Minderung rund 2,6 bis 3,1 Mio. t CO2äq pro Jahr). Der Bau einer neuen kleinen EEG-Gülleanlage ist aufgrund stark gestiegener Baukosten erst ab einem Viehbestand von etwa 550 GVE (125 kWel) wirtschaftlich darstellbar. Bestandsanlagen lassen sich nicht in kleine Gülleanlagen umwidmen. Die Nutzung vorhandener BHKW, Fermenter oder Nachgärer ist nicht erlaubt. In der Praxis heißt das: Die alte Anlage muss komplett weg. Erst dann kann eine neue kleine Gülleanlage gebaut werden.
- Wertschöpfung lässt sich gegebenenfalls auch durch die Lieferung von Gärsubstrat als Dünger an Biobetriebe erzielen. Aufgrund aktueller Regelungen können Biogasanlagen bis zu einem gewissen Anteil konventionelle Inputstoffe aufnehmen: zum Beispiel Mais bis zu 25 % des Gesamtinputs, Rinder- oder Schweinemist von Betrieben kleiner 2,5 GV/ha sowie Pferde- und Schafmist.
- Potenzial besteht zudem für Biogas als Grundlage für grünen Wasserstoff.
Das will die EU
Im Mai veröffentlichte die EU-Kommission einen Plan (REPowerEU), der helfen soll, die Abhängigkeit von russischen fossilen Brennstoffen zu beenden. Dazu gehören unter anderem die Verbesserung der Energieeffizienz und die Beschleunigung der Energiewende.
Aber auch die Biogas- und Biomethanproduktion sollen ausgebaut werden. Schwerpunkt liegt dabei auf Biogas aus Rest- und Abfallstoffen und auf nachhaltige Biomasse von Zweinutzungssystemen, Zwischenfrüchten und Grenzertragsflächen. Die Mitgliedsstaaten müssen dazu Biomethanaktionspläne erstellen. Bis 2030 soll Biogas so 10 % des EU-Gasbedarfs decken. Die Erzeugung von Biomethan soll damit noch stärker vorangetrieben werden als die Wasserstofferzeugung.
Planung extrem erschwert
Bis eine gesicherte Abnahme von Biomethan, Biokraftstoff oder Wasserstoff vorliegt, sollten sich Anlagenbetreiber mit dem Wechsel in die zweite EEG-Förderperiode (EEG 2021) vertraut machen. Infolge des Kriegs in der Ukraine sind Planung und Kalkulation schwierig bis nahezu unmöglich geworden. Die Stromerlöse in der Direktvermarktung sind teilweise stark gestiegen und der Wärmemarkt bietet größere Chancen. Auf der anderen Seite haben sich aber auch Bau- und Betriebskosten, Arbeitserledigungs- und Substratkosten erhöht. Schätzungen sprechen von Spannen zwischen plus 25 und plus 50 %. Hinzu kommen steigende Zinsen.
- Die Informationen stammen aus Vorträgen, die Mark Paterson, KTBL, Jochen Ackermann, Agrarberatung Nordhessen, und Achim Kaiser, FnBB, im Rahmen des 6. Faktenchecks des Kompetenzzentrums HessenRohstoffe im Landwirtschaftszentrum Eichhof, Bad Hersfeld, gehalten haben.
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