Tipps für den Alltag

So schützen Sie Wildbienen

In Deutschland gibt es knapp 600 Wildbienenarten. Jeder Einzelne kann zum Schutz dieser Insekten beitragen – allerdings nicht mit falsch gebauten Insektenhotels, Mährobotern oder Laubbläsern.

Wochenblatt: Prof. Buchholz, der 20. Mai wurde von der Generalversammlung der Vereinten Nationen als „Weltbienentag“ ausgerufen. Wie steht es um die Wildbienen in Deutschland?

Kurz gesagt: Nicht gut. Wir beobachten seit vielen Jahren einen Rückgang vieler Wildbienenarten – hier fällt auch immer wieder der Begriff „Insektenkrise“, was durchaus berechtigt ist.

Wie kann ich helfen?

Wochenblatt: Sie sagen, dass jeder Einzelne etwas für den Schutz dieser Insekten tun kann. Können Sie Beispiele nennen? Ist das Aufstellen von Insektenhotels der richtige Weg?

Auf jeden Fall kann jeder Einzelne etwas tun! Schon ein kleiner Garten oder Balkon kann Großes leisten. Mit wenig Aufwand können Wildbienen bei der Nahrungs- und Nistplatzsuche unterstützt werden. Gärten sind eine wichtige Stellschraube für mehr Biodiversität. Sie lassen sich leicht entsprechend gestalten. Wichtig ist das Angebot vieler heimischer Wildpflanzen, die eine große Blütenvielfalt durch das Jahr bieten. Ideal sind auch Küchenkräuter.

Wegkommen müssen wir hingegen von billigen Insektenhotels. Die „Baumarkt-Gestelle“ haben mit Fachlichkeit häufig nichts zu tun, zum Beispiel wenn die Kanten der Bohrlöcher nicht entgratet sind und dadurch eine Verletzungsgefahr für die Flügel der Wildbienen darstellen. Der Laie achtet nicht darauf und kauft ein solches Insektenhotel im Glauben, damit etwas Gutes für die Natur zu tun.

In Garten- und Baumärkten gehören Insektenhotels zum Angebot. Doch leider lassen diese Modelle oft fachlich zu wünschen übrig. (Bildquelle: Petercord)

Ein weiteres „no go“ sind Wildblumenmischungen ohne Inhaltsangabe. Denn diese können zum Beispiel invasive bzw. sehr dominante Arten beinhalten wie Phacelia oder Kanadische Goldrute, die alle anderen Pflanzen unterdrücken. Bei Saatgutmischungen ist auf zertifizierte, regionale Ware zu achten.

Als absolute Fehlentwicklung in Sachen Biodiversität sind Stein- bzw. Schottergärten zu betrachten. Hier wäre ein Rückbau wünschenswert.

Insektenhotels aufstellen

Nochmal kurz zurück zu den Insektenhotels? Also besser darauf verzichten?

Unsere meisten Wildbienenarten brüten im Boden, benötigen also kein Insektenhotel. Grundsätzlich ist es auf jeden Fall besser, viele kleine als ein großes Insektenhotel aufzustellen – und das dann richtig. Das heißt, die „Hotels“ müssen überdacht sein. Dringt Feuchtigkeit in die Brutröhren, droht ansonsten die Gefahr der Verpilzung. Wichtig ist auch der richtige Standort. Insektenhotels sollten nicht in der prallen Sonne stehen, sondern temporär beschattet sein. Ein guter Platz wäre also beispielsweise die Schattenkante von Bäumen. Als Fazit bleibt festzuhalten: Wo viele Kleinstrukturen existieren, sind Insektenhotels nicht nötig.

Mähroboter schaden Biodiversität

In immer mehr Gärten haben Mähroboter Einzug gehalten. Was halten Sie davon im Hinblick auf Wildbienen und Biodiversität?

Meiner Meinung nach haben Mähroboter und Laubbläser in einem normalen Garten nichts zu suchen. Der Rasen wird vom Roboter alle zwei Tage gemäht und bleibt dadurch so kurz, dass nicht einmal Gänseblümchen noch eine Chance haben zu blühen. Mit Laubbläsern bzw. -saugern werden viele Lebensräume von Insekten zerstört und die Tiere bzw. deren Entwicklungsstadien aus ihren Winterverstecken mit rausgesaugt bzw. -gepustet. Wer auf die Technik nicht verzichten möchte, sollte zumindest einen Teilbereich im Garten verschonen.

Mähroboter erleichtern mittlerweile in vielen Gärten die Arbeit – doch selbst Gänseblümchen verbleibt dann kaum eine Chance zum Blühen. (Bildquelle: Imago/CHROMORANGE)

Also einfach mal etwas stehen lassen?

Ja, genau, beispielsweise die Stängel von Stauden über Winter. Auch sie sind Lebensräume für Wildbienen. Kleinstrukturen insgesamt im Garten sind wichtig. Dazu zählt ein Haufen Steine oder Sand ebenso wie Totholz. Auch eine Wasserstelle ist wertvoll, speziell in trockenen Jahren.

Wildbienenschutz in der Landwirtschaft

Im Magazin „Spiegel“ war kürzlich zu lesen, dass zu viele Honigbienen den Wildbienen das Leben schwer machen. Was sagen Sie dazu?

Die genaue Studienlage hierzu ist noch unklar. Fakt ist: Da, wo (zu) viele Honigbienen vorkommen, könnte für Wildbienen dann entsprechend weniger Nektar und Pollen übrig bleiben.

Welche Rolle spielt beim Thema Wildbienenschutz die Landwirtschaft?

Eine wichtige, denn die Biodiversitätskrise ist noch längst nicht vorbei. Für Lösungen muss großflächig agiert werden. Hier kommt die Landwirtschaft ins Spiel. So ist zu begrüßen, dass die Stilllegung 2024 in die Praxis umgesetzt werden muss. Es dürfen sich dann auf den Flächen jedoch keine Ackergräser durchsetzen. Ziel sollte es sein, ein ein- oder besser noch mehrjähriges Blütenangebot zu schaffen. Möglicherweise kann dazu die Spontan-Vegetation einen wertvollen Beitrag leisten.

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Nach zweijähriger Corona-Pause drehte sich am vergangenen Wochenende beim „Apisticus-Tag“ in Münster wieder alles um Bienen und Imkerei.

Lebensräume für Insekten

Blühflächen statt Kurzrasen

von Heinz Georg Waldeyer

Nicht nur Landwirte können etwas für die Artenvielfalt tun, auch kommunale Flächen lassen sich so gestalten, dass Biene, Hummel & Co. sich wohlfühlen.