Die Erzeugerpreise für Rindfleisch erreichten 2022 ein Rekordniveau. In den vergangenen Wochen fielen die Notierungen für R-3-Bullen. Dr. Albert Hortmann-Scholten, woran liegt das?
Das Preishoch 2022 wurde kurz vor Ostern mit mehr als 6 €/kg erreicht. Das lag unter anderem an sinkenden Schlachtzahlen sowie -gewichten. Insbesondere das erste Quartal 2022 war einer absoluten Ausnahmesituation geschuldet: Nach dem Lockdown orderten die Gastronomien große Mengen nach. Gleichzeitig fehlte Ware aus Südamerika.
Jetzt scheinen sich die Märkte zu normalisieren: Das knappe Angebot stößt auf eine saisonal schwache Nachfrage der Verbraucher. Bei hochpreisigen Artikeln (Rouladen, hochwertige Kurzbratstücke) haben wir momentan Nachfrageprobleme. Hier spielt die steigende Inflation und Rezessionsangst eine entscheidende Rolle. Verbraucher tendieren zu preisgünstigeren Rindfleischgerichten wie Hackfleisch. Schwächere Bullenqualitäten und Schlachtkühe profitieren davon.
Ist der Markt für Schlachtkühe ausgeglichener?
Die Schlachtkuhpreise konnten sich in den ersten Januarwochen gut behaupten und tendieren nach oben. Schwere Kühe sind gesucht und erzielen Preise von 4,20 bis 4,30 €/kg. Grund ist ein relativ kleines Schlachtkuhangebot. Sollte sich der Druck auf den Milchmarkt ausweiten, ist allerdings mit einem größeren Angebot zu rechnen.
Einige Stimmen sagen, dass Vermarkter die Preise drücken würden. Stimmt das?
Aufgrund des hohen Kostendrucks in der Schlachtung und Fleischverarbeitung stehen Schlachthöfe unter unglaublichem Margendruck. Da Preisverhandlungen mit dem LEH schwierig sind, bleibt häufig nur die Möglichkeit auf der Erzeugerseite Preisdruck auszuüben. Gerade hochpreisige Fleischprodukte sind schwer abzusetzen. Das ist für Januar nicht untypisch und wird sich mit Blick auf das Ostergeschäft rasch verbessern.
Das klingt nach steigenden Preisen Richtung Ostern.
Erfahrungsgemäß beflügelt das Ostergeschäft den Jungbullenmarkt. Statistisch gesehen liegt mit großer Wahrscheinlichkeit ein Preishoch im ersten Quartal. Die Kuh- und Färsennotierungen dürften angebotsbedingt nach dem Weideaustrieb anziehen.
Was beobachten Sie auf dem internationalen Markt?
Nach unseren Prognosen werden sich in den nächsten Monaten die angebotenen Mengen bundesweit reduzieren. Auch innerhalb der EU steht nicht mehr Rindfleisch zur Verfügung. Die USA werden deutlich geringere Produktionsmengen an den Markt bringen. International bessert sich der Rindfleischmarkt wieder, wenn die Rezessionsängste aus den Märkten verschwinden. Im Rahmen des ASP-Geschehens hat sich der Rindfleischkonsum in China erheblich gesteigert. Dies könnte die internationalen Preise deutlich nach oben bewegen.
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