Wer im Sommer den gelben Raps auf seinen Feldern leuchten sieht, hat sich vielleicht schon gefragt, ob er daraus selbst Speiseöl pressen könnte. Um ein gutes Rapsöl herzustellen, ist jedoch einiges an Erfahrung und Austausch mit Kollegen nötig, weiß Karl-Ludwig Meyer zu Stieghorst aus Bielefeld. Er presst seit 15 Jahren Öl auf seinem Hof.
Gepresst und schon verkauft
Die kleine Ölmühle, mit der der Landwirt sein natives Speiseöl herstellt, wirkt recht unspektakulär. „Das hatte ich mir viel größer vorgestellt“, zeigten sich die 15 Besucherinnen des Kreislandfrauenverbandes Bielefeld überrascht, die die Rapsölmanufaktur in der vergangenen Woche besichtigten.
Der 71-Jährige bietet häufig Führungen in seinem Betrieb an. „Die Anlage erinnert an eine Presse für Spritzgebäck“, erklärt er anschaulich. Die schwarzen Rapskörner gelangen über einen Trichter in ein Schneckenwerk. Dreht sich dies, werden sie gepresst, platzen auf und setzen das Öl frei. Die Schalen drückt die Anlage als Pellets gepresst heraus. Nachdem das Öl 14 Tage lagerte, wird es von Schwebstoffen und Schalenresten befreit, gefiltert und von Hand Flasche für Flasche abgefüllt.
„Aus 1kg Raps bekomme ich 300g Öl und 700g Schalenreste“, erklärt der Fachmann. Mehrere Hundert 500-ml-Flaschen stellt er im Monat her. „Wir ermitteln den Bedarf und pressen drei oder vier Tage pro Woche, sodass das Öl immer frisch ist. Es ist bereits komplett verkauft, wenn es entsteht“, freut er sich.
Vom Kraftstoff zum Speiseöl
Vor 15 Jahren, als die nahegelegene Zuckerfabrik keine Rüben mehr abnahm, setzte der Landwirt erstmals auf Raps. Zunächst stellte er Kraftstoff daraus her. Spediteure bauten Motoren um, Lkw-Fahrer kamen zum Tanken auf seinen Hof. 1000 l musste er täglich erzeugen, sechs Pressen waren im Einsatz. Als das Öl mineralölsteuerpflichtig wurde, war es als Kraftstoff zu teuer. Dem Landwirt aber gefiel das Ölpressen. Er behielt eine Presse und stellte vor elf Jahren um auf die Speiseölherstellung. Etwa 25 Abnehmer im Umkreis von 50 km beliefert er heute mit dem Öl, vor allem inhabergeführte Supermärkte und Direktvermarkter, wobei er den Verkaufspreis in etwa vorgibt.
Die proteinhaltigen Schalenreste bekommt ein Landwirt in der Nähe als Tierfutter. Alle Bestandteile werden somit verwertet. Die Nachhaltigkeit ist dem Agraringenieur wichtig. „Etwa 10% des Rapses stammen von eigenen Flächen, den Rest kaufe ich von Höfen aus der Region zu“, schildert er. Um den Einkauf kümmert er sich persönlich. „Die Rapsqualität ist das A und O für unser Produkt. Denn das kalt gepresste Öl ist nativ, wird also nicht behandelt“, betont er.
Guter Einkauf ist A und O
Während Raps handelsüblich 8 bis 9% Feuchtigkeit enthält, fordert er von seinen Lieferanten 5%. Ist die Saat zu feucht, schlägt sich das in Geschmack und Haltbarkeit des Öls nieder. Der Raps lässt sich nur schonend trocknen. Große Hitze macht die Schalen zu fest und die Körner geben das Öl nicht mehr frei. Bei neuer Ware probiert der Agraringenieur zunächst stundenlang aus, um die richtige Qualität zu erreichen. „Keine Partie ist wie die andere, jede ist anders zu behandeln“, erklärt er. Um kein Risiko einzugehen, kauft er nur 2 t Raps auf einmal ein.
Die Produktion ließe sich noch erweitern, doch der fünffache Vater möchte sich Zeit für Familie und Hobbys bewahren. „Mit der Ölherstellung bin ich täglich ein bis zwei Stunden beschäftigt. Das reicht mir“, sagt der 71-Jährige.
Rapsöl ist das beliebteste Speiseöl hierzulande. Das Öl der Meyer zu Stieghorsts liegt im höheren Preissegment. „Die Kunden schätzen daran, dass es gut schmeckt, hochwertig ist und aus der Region kommt“, weiß der Landwirt. Vielseitigkeit und gesundheitliche Vorzüge nannten einige der Landfrauen als Grund, warum sie Rapsöl bevorzugen.
■ Rapsöl gilt durch seine günstige Fettsäurestruktur als gesund. Es liefert lebensnotwendige Omega-3-Fettsäuren und Vitamin E und kann sich positiv auf Blutfette, Herz-Kreislauf-System und Hirnleistung auswirken.
■ Rapsöl lässt sich sehr vielseitig einsetzen, etwa zum Braten, Backen, Dünsten und Dämpfen.
■ Kaltgepresstes Öl schmeckt nussig und ist ideal für die kalte Küche, etwa für Dressings; zum Frittieren eignet es sich nicht.
■ Raffiniertes Öl ist stärker verarbeitet, geschmacksneutral, heller und dünnflüssiger.
■ Das Öl kühl und dunkel lagern.
Lesen Sie mehr: