In einem angespannten Umfeld, das von knappen Preisen, hohen Energie- und Produktionskosten und kritischen Witterungseinflüssen dominiert wird, erzielen die Milcherzeuger in Nordrhein-Westfalen positive Ergebnisse. Allerdings hält der Rückgang der Betriebe unvermindert an. Bedingt durch die positive Entwicklung beim Milchpreis war der Trend geringer als in der Vergangenheit, jedoch rechnen wir mit den knappen Winterfuttervorräten und schwachen Futterqualitäten im Frühjahr 2023 damit, dass sich diese Situation ändert.
Deutschlandweit standen 48.314 Kühe weniger unter Milchleistungsprüfung als im Vorjahr. Auf Bundesebene gingen 1,4% der Kühe und 4,4% der Betriebe verloren. Die meisten Kühe verloren Berlin-Brandenburg mit 8184 Kühen (–6,8%) sowie Bayern mit 7812 Kühen (–0,9%). Im Unterschied zu den vergangenen Jahren war der Verlust an Milchkühen in den neuen Bundesländern ausgeprägt. Von den 48 314 Tieren entfällt mit 24 779 Kühen die Hälfte auf die neuen Bundesländer. Den geringsten Verlust an Kühen verzeichneten im Prüfjahr 2022 die Kollegen des Landeskontrollverbandes (LKV) Rheinland-Pfalz-Saar mit gut 1000 Tieren (–1,1%). Zum 30. September 2022 verzeichnete NRW ein Minus von 147 Betrieben (–4,5%) mit 2731 Kühen, was einem Anteil von –0,8% entspricht.
Knapp 106 Kühe im Schnitt
Bundesweit stehen in 35.344 Herden gut 3,3 Mio. Kühe unter Milchleistungsprüfung. Nach elf Betrieben im Prüfjahr 2021 haben sich im vergangenen Jahr 13 Betriebe neu für die Milchleistungsprüfung entschieden. Nachdem 2022 die Schallmauer der 100-Kuh-Grenze in NRW gefallen ist, hat sich nun die Durchschnittskuhzahl auf 105,7 Tiere in den Herden erhöht. Mit 3,9 Kühen je Herde fiel der Zuwachs praktisch doppelt so hoch aus wie im Vorjahr. Im Kreis Recklinghausen werden 162,3 Kühe je Herde gemolken. Dahinter folgt der Kreis Kleve mit 156,5 Tieren/Herde. Hier stehen mit 47.883 Kühen immer noch die meisten Kühe in NRW unter Leistungsprüfung. Die kleinsten Herden finden wir nach wie vor mit Abstand im Kreis Siegen-Wittgenstein mit 58,1 Tieren. Die Kuhzahl ist nahezu unverändert.
Lebensleistung positiv
Positiv entwickelt sich die Lebensleistung der Milchkühe. Mittlerweile leisten 57.550 Tiere (17,3% des Kuhbestandes) mehr als 50.000 kg Milch (Übersicht 1). Genau 13,9% dieser Tiere brachten im vergangenen Jahr sogar mehr als 80 000 kg Milch, wobei 1838 Milchkühe mehr als 100.000 kg Milch geleistet haben. Beeindruckender wird die Aussage, wenn man die-se Gruppe weiter differenziert. 144 Milchkühe produzierten dabei mehr als 130.000 kg Milch und weitere 209 Tiere haben immerhin mehr als 120.000 kg Milch in ihrem Leben geleistet.
Diese Entwicklung drückt sich auf andere Weise in einer Steigerung der Lebenstagsleistung aus. Nach 15,1 kg Milch im vergangenen Jahr konnte die Leistung auf 15,6 kg Milch verbessert werden. Damit haben 21 Kreise in NRW eine Leistung von mehr als 15 kg Milch erreicht. Wie im vergangenen Jahr steht der Kreis Minden-Lübbecke mit einer Lebenstagsleistung von 17,2 kg an der Spitze. Allerdings teilt dieser sich in diesem Jahr die Krone mit dem Kreis Herford/Bielefeld, dicht gefolgt vom Kreis Recklinghausen, wo 17 kg erzielt wurden. Schauen wir dagegen auf die Lebensleistung der Abgangstiere in den Kreisen hat mit 36.224 kg Herford/Bielefeld die Nase vorn, gefolgt vom Märkischen Kreis mit 36.036 kg Milch. Minden-Lübbecke taucht dann mit sehr guten 35.860 kg an dritter Stelle auf (Übersicht 2).
Insgesamt haben 25 der 32 Kreise in NRW mehr als 30.000 kg Milch erreicht und haben damit zum Ergebnis von 32.806 kg Milch für das Land beigetragen. Dem Schlusslicht, in diesem Fall der Kreis Mettmann, fehlen noch gut 3500 kg Milch um die Grenze 30.000 kg zu knacken. Der Rhein-Erft-Kreis ist auch bei dieser Betrachtung außen vor, da das Ergebnis von nur fünf Betrieben schwer mit den anderen Kreisen vergleichbar ist.
Ergebnisse nach Regionen
Im zweiten Jahr in Folge fällt der Anstieg der Milchleistung in NRW mit 15 kg Milch mäßig aus. Dieser Trend spiegelt sich auch im Bund wider, wobei NRW eines von vier Bundesländern mit positiver Entwicklung ist. Bundesweit steht ein Verlust von 41 kg Milch zu Buche.
Die Grünlandregionen haben sich erwartungsgemäß aufgrund der Witterung 2022 am schwersten getan. Den größten Verlust muss das Bergische Land mit –347 kg Milch verkraften, gefolgt von der Eifel mit –282 kg. Durch den gewissen Anteil an Futterbau in den Regionen Südwestfälisches Bergland (–126 kg Milch) und Ostwestfälisches Hügelland (–83 kg Milch) waren hier die Verluste nicht ganz so ausgeprägt. Auf der Gewinnerseite steht mit Abstand die Köln-Aachener Bucht mit +273 kg. Die beiden Regionen des Münsterlandes erzielten einen um gut 100 kg niedrigeren Zuwachs. Dieser Zuwachs hat zur Folge, dass in diesen beiden Regionen die durchschnittliche Milchleistung nun bei mehr als 10 000 kg Milch liegt. Der Niederrhein konnte immerhin noch ein Plus von 63 kg verbuchen.
Ergebnisse nach Kreisen
Die Ergebnisse in den natürlichen Erzeugungsgebieten sind durch die Kreisergebnisse geprägt. In 17 Kreisen war die Entwicklung der Milchleistung negativ, dementsprechend in 15 Kreisen positiv. Die größten Verluste mussten der Rhein-Sieg-Kreis mit 414 kg Milch und der benachbarte Rheinisch-Bergische Kreis mit 388 kg verkraften. Das negative Ergebnis für das Bergische Land komplettieren der Oberbergische Kreis mit –310 kg und der Kreis Mettmann mit –204 kg Milch. Am anderen Ende hat der Kreis Münster mit einem Plus von 448 kg Milch die Nase vorn. Die Reihe der westfälischen Kreise mit positivem Ergebnis durchbricht nur der Kreis Heinsberg mit einem Plus von 373 kg. An dritter Stelle folgt der Kreis Minden-Lübbecke mit +355 kg Milch. Diese Steigerung hat zur Spitzenposition unter allen Kreisen mit einer Leistung von 10.901 kg Milch geführt.
Danach folgt der Kreis Recklinghausen mit einer Milchleistung von 10.709 kg. Bedingt durch den hohen Verlust bildet der Rhein-Sieg-Kreis mit 8.364 kg Milch das Ende der Tabelle. Der Rhein-Erft-Kreis ist an dieser Stelle wiederum ausgeklammert.
Die Inhaltsstoffe Fett (–0,06%) und Eiweiß (–0,05%) müssen in den Kreisen nicht einzeln kommentiert werden, da aufgrund des negativen Ergebnisses keine nennenswerten Tendenzen vorhanden sind. In Verbindung mit der knappen Entwicklung der Milchleistung führen die negativen Milchinhaltsstoffe zu einer Reduzierung der Fett- und Eiweißleistung um 9 kg auf 723 kg Gesamtinhaltsstoffe.
Herdbuchzugehörigkeit
Die Provenienz der Herdbuchzugehörigkeit im Vergleich zur reinen MLP-Mitgliedschaft ist auch im Prüfjahr 2022 mit einem Unterschied von +1587 kg Milch, –0,09% Fett, +57 kg Fett, –0,02% Eiweiß und +56 kg Eiweiß deutlich. Die Beteiligung im Herdbuch ist nach wie vor unverändert, mit 77% bei den Betrieben und 81,9% bei den Kühen.
Prüfverfahren
Die Veränderungen bei den Prüfverfahren bleiben auf niedrigem Niveau. Das Standardverfahren wird noch immer von 42,2% der Betriebe genutzt. Weitere 26,2% der Betriebe nutzen die alternierende Kontrolle. 22 Betriebe haben im Prüfjahr 2022 ein automatisches Melksystem installiert. Damit ist deren Anteil in der Milchleistungsprüfung um 1,6% auf 22% gestiegen. Somit werden 26,2% der Kühe unter Milchleistungsprüfung durch dieses Verfahren abgedeckt.
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