Aus kleinen Rentenfaktoren folgen kleine Renten. Versicherte müssten häufig über 100 Jahre, manchmal über 120 Jahre alt werden, um ihr Geld ohne Inflationsausgleich und Zinsen zurückzuerhalten (siehe Folge 23/2022). Für viele Bürger liegt es nahe, sich ihre private Zusatzrente selbst zu erstellen. Das ist oft verblüffend einfach.
Selbst gemacht ist besser
Es gibt zwei typische Situation, in denen Sie den sehr geringen Rentenangeboten der Versicherungswirtschaft mit einer selbst gebastelten Rente entfliehen können.
1. Fall: Ihre kapitalbildende Lebens- oder Rentenversicherung läuft ab. Der Versicherer bietet Ihnen alternativ eine Rente zur Auszahlung der sogenannten Ablaufleistung an – also zur Auszahlung Ihres angesparten Kapitals abzüglich aller Kosten. Tipp: Statt der kleinen Rente könnten Sie hier die Ablaufleistung wählen und selbst in eine höhere Rente umwandeln.
2. Fall: Sie verfügen über einen größeren Geldbetrag, etwa aus Ersparnissen, Immobilienverkauf, Abfindung, Erbe oder Schenkung oder dem berühmten Lottogewinn. Spätestens wenn dieser auf einem Bankkonto landet, rät die Kundenberaterin Ihnen zum Abschluss einer Sofortrente, schon alleine, um Strafzinsen zu vermeiden. Tipp: Hier geht es darum, Ihr Kapital aus dem inflationsgefährdeten und renditelosen Geldvermögen in eine Form zu überführen, die Ihnen die Entnahme einer Rente ermöglicht. Also eine selbst gemachte Rente, die deutlich höher und flexibler ist, als die angebotene Sofortrente des Versicherers.
Geld sicher anlegen: Hier finden Sie Analysen, Einschätzungen und Tipps wie Sie Ihre Finanzen auch in Zeiten von Null- und Negativzinsen fest im Griff behalten.
Rente aus dem Ertrag oder durch Kapitalverzehr
Wenn Sie eine selbst gemachte Rente wünschen, können deren Zahlungen entweder ausschließlich aus dem Ertrag oder zusätzlich durch Verzehr des Kapitals erfolgen. Im ersten Fall spricht man von einer Rente ohne Kapitalverzehr (= unendliche Rente), im zweiten von einer mit Kapitalverzehr (= endliche Rente).
Bei der Rente ohne Kapitalverzehr (= unendlich) möchten die Anleger die Früchte ihres Baumes (Kapitals) ernten, ohne jedoch Äste des Baumes abzusägen, also den Kapitalstock anzugreifen.
Der bildhafte Vergleich passt prima auf dividendenzahlende Aktien oder noch besser Aktien-ETFs. Denn wenn Sie nur stets die Früchte (Dividenden) entnehmen und den Baum weiter wachsen lassen, werden es im Laufe der Zeit immer mehr Früchte (Dividendenwachstum). Dass Sie auch mal eine Dividendenschwankung nach unten haben, gehört zur Natur der Sache. Jedoch werden Sie nie einen Totalausfall haben, da Ihre Bäume (Aktien-ETFs) risikosenkend auf der ganzen Welt verteilt stehen.
Bei der Rente mit Kapitalverzehr (= endlich) genügen Ihnen die Früchte nicht. Zur Aufbesserung Ihres Lebensstandards sägen Sie jedes Jahr Äste aus dem Baum und verkaufen das Holz. Dadurch wird der Baum kleiner und bringt in Zukunft auch weniger Früchte. Irgendwann haben Sie den Baum abgesägt und verkauft, sodass Ihre Kapitalbasis aufgebraucht ist und Sie auch keine Früchte mehr entnehmen können. Gesellschaftlich ist das okay, weil ja andere Menschen, etwa Jüngere, gleichzeitig nebenan neue Bäume pflanzen, die wachsen. Und individuell ist das auch okay, sofern der Baum (der Kapitalstock) so lange durchhält, wie Sie die Rente benötigen.
Wie viel Rente pro Monat?
Die Höhe Ihrer Rente hängt nur von der Größe Ihres Kapitalstocks und der Rendite Ihrer Anlage ab. Empfehlenswert ist ein möglichst breit streuender und preiswerter Fonds (meist wird das ein Aktien-ETF auf einen breiten Welt-Index sein). Eine realistische Annahme ist, dass Sie eine Ausschüttungsrendite von etwa 3 % erhalten. Diese führt pro 100 000 € Anlagekapital zu 3000 € jährlicher Zusatzrente, was monatlichen 250 € entspricht. Diese Zahlen können Sie beliebig nach oben oder unten skalieren. Wer etwa 400 000 € einsetzen kann, hat ohne jeglichen Kapitalverzehr die Möglichkeit, monatlich 1000 € oder jährlich 12 000 € zu entnehmen.
Aktienrente vs. Versicherungsrente
Die selbst gemachte Rente ohne Kapitalverzehr hat einen großen Vorteil: Sie übersteigt die von Versicherern gebotene Rente ganz beträchtlich. Denn jedes Rentenangebot mit einem Rentenfaktor unter 25 würde eine geringere Zahlung als die selbst gebastelte Rente ergeben. Die Versicherungsrente hätte zusätzlich folgende Nachteile:
Während die selbst gebastelte Aktienrente zwar unter Schwankungen im Zeitablauf steigt und damit die Inflation mehr als ausgleicht, bleibt die Versicherungsrente konstant. Sie wird real – also in Kaufkraft – immer weniger wert.
Während der Baum (Kapitalstock) bei der selbst gebastelten Rente erhalten bleibt und somit verschenkt oder nach dem Tode vererbt werden kann, gibt es bei der Versicherungsrente nur eine sehr beschränkte Rentengarantiezeit. Häufig sind es fünf oder zehn Jahre. Verstirbt der Versicherte vor dieser Zeit, erhalten seine Begünstigten bzw. Erben die Rente lediglich bis zum Ende der Rentengarantiezeit. Stirbt der Versicherter danach, erhalten die Begünstigten/Erben überhaupt keine Renten. Der verbleibende Baum geht als „Sterblichkeitsgewinn“ an den Versicherer. Dieser darf 10 % behalten; 90 % gehen als Überschüsse ans Kollektiv und sind für die Erben der Kunden jedoch ebenso verloren.
Lesen Sie mehr: