Bis 18 Uhr bestellt, am nächsten Tag bis 6 Uhr geliefert. Das ist das Konzept von Wochenmarkt24. Der Online-Händler bündelt in vier Regionen Deutschlands regional erzeugte Lebensmittel und bringt sie zum Kunden. Die Produkte stammen allesamt von Landwirten oder von handwerklich arbeitenden Betrieben aus der Region, wie Bäckereien oder Fleischereien.
Online-Filiale
Einer der Anbieter im Raum Bielefeld ist Matthias Kühn. Er führt in Enger, Kreis Herford, seine eigene Fleischerei. Die Strohschweine für seine Produkte stammen vom landwirtschaftlichen Betrieb seines Bruders Martin. Der Fleischermeister hatte bereits mit der Programmierung eines eigenen Online-Shops begonnen. Er verwarf seine eigenen Pläne jedoch zugunsten von Wochenmarkt24. „Ich bin klassischer Handwerksfleischer und mir fehlte das Knowhow“, gestand sich der 30-Jährige ein. 2018 ging Wochenmarkt24 im Bielefelder Umland an den Start. Matthias Kühn stieß als 18. von derzeit 31 Mitgliedern in Ostwestfalen hinzu. Heute verkauft er 150 seiner 1500 Produkte nicht nur in seiner Filiale und auf zwei Wochenmärkten in der Region, sondern auch online. Fünf Mitarbeiter hat er allein für die Bearbeitung der Onlinebestellungen eingestellt. „Das ist wie ein eigener Filialbetrieb“, so der Fleischer. Zwei bis dreimal am Tag erfassen und sortieren die Mitarbeiter eingehende Aufträge. Hackfleisch oder marinierte Stücke bereiten sie auf Bestellung zu. Rund 4 500 Bestellungen bei einem Durchschnittsbon von 40 € sind es bei ihm im Monat. Wie im stationären Handel folgen auf einen ruhigen Wochenstart die „Großkampftage“ zum Wochenende. „Es läuft gut. Aktuell bauen wir einen eigenen Raum zum Kommissionieren,“ berichtet der Fleischer in vierter Generation stolz.
Wochenmarkt24 - die Fakten in Kürze:
Wochenmarkt24 ist eine eingetragene Genossenschaft mit Sitz in Bielefeld. Deutschlandweit verkaufen 75 Landwirte und handwerklich produzierende Lebensmittelerzeuger auf der Internetplattform ihre Produkte. Sie sind Eigentümer des Unternehmens. Jeder Genossenschaftsanteil kostet 500 €.
In vier Regionen Deutschlands ist die Genossenschaft aktiv:
- Ostwestfalen, rund um Bielefeld,
- Dreiländereck Nähe Lörrach,
- Osnabrück und Umland (ab 2022 auch nördliches Münsterland) sowie
- die Region München-Nord-Ost
Für die Kommissionierung an den vier Standorten gibt es eigene Tochtergesellschaften. So bleiben Überschüsse, aber auch Verluste in der jeweiligen Region.
Um einen Einblick in die Dimensionen zu bekommen: 2018 begann Wochenmarkt24 in der Region um Bielefeld. Hier bieten 31 Betriebe rund 2 500 Erzeugnisse an. In der Kundendatei stehen 11 800 Kunden. Im Kernliefergebiet werden die Kunden an sechs Tagen die Woche beliefert. Um die Fahrzeuge optimal auszulasten, steuern die Wochenmarkt24-Fahrzeuge an den umsatzschwächeren Tagen zusätzliche Orte an. Orte und Liefertage stehen sind auf der Homepage verfügbar.
Die Produktpalette reicht von Brötchen über Eintöpfe bis hin zur Zucchini. Schlüsselprodukte wie Eier, Milch oder Fleisch sollen stets verfügbar sein, da der Kunde den Einkauf sonst womöglich abbricht. Auch aus diesem Grund sind pro Region mindestens zwei Höfe mit ähnlichem Sortiment dabei. Bei der Darstellung auf der Bestellplattform setzt Wochenmarkt24 auf „Brand identity“, das heißt die Fotos sprechen die gleiche Bildsprache. „Es handelt sich aber immer um die echten Produkte der Erzeuger“, betont Eike-Claudius Kramer, Geschäftsführer von Wochenmarkt24.
Überzeugter Genosse
Auch Michael Lang aus Wintersweiler im Landkreis Lörrach im südwestlichen Baden-Württemberg hat sich mit der Online-Vermarktung befasst. Der 35-Jährige bewirtschaftet mit seinen Eltern einen Sonderkulturbetrieb mit Gemüse-, Obst- und Weinbau. Obst und Gemüse vermarkten sie über ihren Hofladen sowie Wochenmärkte. Der Wein geht zur örtlichen Winzergenossenschaft. Bei Wochenmarkt24 hat ihn vor allem der genossenschaftliche Gedanke angesprochen. Als er vom Geschäftsführer der Region Dreiländereck zu Wochenmarkt24 eingeladen wurde, war er deshalb als einer der ersten dabei. Im Südwesten Deutschlands ist Wochenmarkt24 seit Frühjahr 2021 aktiv, bis jetzt sind 13 Produzenten dabei.
„Wir haben täglich 150 bis 350 bestellte Artikel“, zieht Michael Lang ein erstes Fazit. Bei ihm ist neben Freitag und Samstag, auch der Montag ein starker Bestelltag. „Wir tüfteln noch an den Abläufen“, gibt er unumwunden zu. Dennoch sieht er in Wochenmarkt24 ein Zukunftskonzept, „weil die Kunden das komplette Angebot regionaler Produkte bestellen können“.
Zertifikate und Garantien
Während der Lebensmitteleinzelhandel von seinen Lieferanten zahlreiche Qualitätsstandards wie Global GAP oder QS fordert, verzichtet Wochenmarkt24 darauf. „Wir haben eine Lebensmitteltechnologin, die sich mit den Produzenten gemeinsam um die gesetzlichen Anforderungen kümmert“, beschreibt Eike-Claudius Kramer, Geschäftsführer von Wochenmarkt24 das Qualitätsmanagement. Dazu gehören auch eigene Labels wie das für nachhaltig verpackte Produkte. Es kennzeichnet Erzeugnisse in Mehrweg-Gläsern oder solche, die in recycelbare Materialien verpackt sind. Die Erzeuger können ihre Preise frei gestalten. Wochenmarkt24 wirbt aber mit der Label „Ladenpreis-Garantie“, das dem Kunde den gleichen Preis wie im Hofladen oder am Marktstand zusichert.
Fahrer und Fahrzeuge
„Limitierender Faktor unseres Angebots sind die Lieferfahrzeuge und die Anzahl der Auslieferungsfahrer“, nennt Eike-Caudius Kramer die größte Herausforderung. Der Agrarwissenschaftler führt die Genossenschaft seit ihrer Gründung. Damit alle Bestellungen sicher ausgeliefert werden können, ist auf der Homepage ein Live-Ticker integriert. Dieser zählt die verbleibenden Bestellmöglichkeiten herunter. Um Engpässe bei Produkten zu vermeiden, sind von jedem Gewerk zwei Anbieter dabei. Die Reihenfolge in der die Produzenten auf der Plattform angezeigt werden, entspricht den Kundenbewertungen. Wochenmarkt24 ist seit gut drei Jahren am Markt und aktuell geht es betriebswirtschaftlich Plus-Minus-Null auf. „Die schwarzen Zahlen sind in Reichweite“, schauen die Genossen zuversichtlich nach vorn.
So läuft’s mit der Bestellung
Der Kunde bestellt über sein Kundenprofil auf wochenmarkt24.de bis 18 Uhr (samstags bis 14 Uhr) seine Produkte. In Echtzeit, sprich immer dann wenn tatsächlich eine Bestellung erfolgt, trudeln die Meldungen auf dem Tablet beim Produzenten ein. Der hat bis 19 Uhr Zeit, alle Bestellungen des Tages zusammenzustellen und für die Abholung durch einen Fahrer von Wochenmarkt24 vorzubereiten.
Im Kommissionierlager laufen die Waren zusammen. Damit das Sortieren einfacher geht, ist jedes Produkt mit einem QR-Code versehen, den das System automatisch generiert und ausdruckt. „Erhält ein Kunde mehrere Produkte von einem Erzeuger, z. B. Salami, Schinken und Bratwurst kommt ein QR-Code auf die entsprechende Umverpackung“, erklärt Eike-Claudius Kramer.
Kühlpflichtige Produkte werden in Thermoboxen transportiert und beim Kunden am vereinbarten Ort bis 6 Uhr am nächsten Morgen abgestellt. Wochenmarkt24 ist mit Fahrern und Fahrzeugen des eigenen Logistigdienstleisters unterwegs.
Wochenmarkt24 stattet die genossenschaftlichen Lieferanten mit der entsprechenden Technik (Tablet und Drucker) aus. Der Online-Shop basiert auf der open-source-Software „shopware“. Eigene Programmierer ergänzen und pflegen die Software, damit sie zu den Arbeitsabläufen passt. Am Anfang lief das Bestellwesen über E-Mails, die ausgedruckt und an die jeweilige Ware geheftet wurden. „Mit steigenden Bestellungen wurde das System zu aufwendig und zu fehleranfällig“, erklärt der Geschäftsführer. „QR-Codes funktionieren einfacher, schneller und sicherer.“ Die Zahlen machen es deutlich: An starken Tagen gehen bis zu 1 000 Bestellungen ein und trotz deren Bündelung in einer Umverpackung stehen dahinter 12 000 bis 15 000 QR-Codes.
Für den Kunden selbst fallen keine Versandkosten an, da sie bereits mit der 20%-igen Provision, die der Verkäufer an die Genossenschaft zahlt, abgegolten sind. Außerdem zahlen die Landwirte einmalig 20 € Produkteinstellungskosten und evtl. Ticketkosten im Fall von Reklamationen. Der Mindestbestellwert für die Kunden liegt bei 20 €, der Durchschnittsbon bei 38 €. Bezahlt wird per Lastschrift über ein Sepa-Mandat. Die Erzeuger wiederum erhalten ihren Umsatz abzüglich der Provision zweimal monatlich auf ihr Konto überwiesen.