Rund 600 junge Menschen kommen jedes Jahr zur „überbetrieblichen Ausbildung Tierproduktion“ (ÜA) ins Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft Haus Düsse. Manche von ihnen impfen dort zum ersten Mal ein Ferkel oder melken eine Kuh.
Für andere ist der Umgang mit den Tieren alltäglich. Aber auch sie können ihr Wissen beim zehntägigen Lehrgang noch vertiefen, erklärt Elke Cosmann. Sie leitet auf Haus Düsse den Bereich Bildung und überbetriebliche Ausbildung und weiß aus den Rückmeldungen der Auszubildenden, dass viele von ihnen die ÜA zur intensiven Vorbereitung auf die Abschlussprüfung nutzen.
Gemeinsame Erfahrungen
Traditionell kommen die Azubis in ihrem dritten Ausbildungsjahr im Klassenverband der landwirtschaftlichen Berufsschulen zur Düsse. Sie übernachten dort für rund 460 € Lehrgangsgebühr in Gästehäusern mit modernen Doppelzimmern und werden komplett verpflegt.
Das sorgt für Klassenfahrtatmosphäre und stärkt das Gemeinschaftsgefühl. Nicht von ungefähr kann sich so mancher Landwirt auch Jahre später noch an seinen Düsse-Lehrgang und die Besuche im berüchtigten „Westfalenkeller“ erinnern.
Auf der Düsse lernt so mancher Acker- und Schweinebauer das Melken, während der oder die Auszubildende vom spezialisierten Milchviehbetrieb wichtige Einblicke in die Grundlagen der Schweine- oder Geflügelhaltung gewinnt. Im ÜA-Kurs, den wir vor Kurzem auf Haus Düsse besucht haben, hatten beispielsweise lediglich drei der 21 Azubis, die derzeit auf einem Rinderbetrieb ausgebildet werden, vorher schon mit Ferkeln, Sauen oder Mastschweinen zu tun.
Diese Lücke soll die überbetriebliche Ausbildung schließen. Eine ganze Woche lang lernen die Azubis von den Rinderbetrieben daher schwerpunktmäßig etwas über die Schweinehaltung und die Lehrlinge aus den Veredlungsbetrieben den Umgang mit Milchvieh und Mastbullen.
In der zweiten Lehrgangswoche können die angehenden Landwirte und Landwirtinnen dann ihr Wissen in den individuellen Schwerpunktgebieten Schweine-, Rinder- oder auf Wunsch auch in der Geflügelhaltung vertiefen, um möglichst gut auf die Abschlussprüfung vorbereitet zu sein.
Das Konzept des ergänzenden Lernens macht indessen nicht nur aus streng fachlicher Sicht Sinn, erklärt Andreas Pelzer: Nach Überzeugung des Kammerfachmannes sollte jeder Landwirt in der Ausbildung alle Facetten des Berufes zumindest in den Grundzügen kennen gelernt haben: „Eine breite Basis ist nämlich wichtig für das gegenseitige Verständnis von Ackerbauern, Rinderhaltern und Schweineerzeugern untereinander. Und der gelegentliche Perspektivwechsel erweitert den Horizont.“
Digitale Lernplattform
Erweitert bzw. verändert haben sich auch die Hilfsmittel der Ausbildung. „So haben wir zum Beispiel die früher übliche 400-seitige Lehrgangsmappe aus Papier durch eine digitale Lernplattform ersetzt“, erklärt Elke Cosmann. Die Lehrgangsteilnehmer können damit jederzeit über ihr Tablet auf den Unterrichtsstoff zugreifen: Entweder über eigene Geräte oder über eigens dafür zur Verfügung gestellte Leih-Tablets der Düsse.
Mit der Lernplattform können die Azubis dann jeweils bis Ende Juli arbeiten und für die Prüfung lernen.Auf Haus Düsse werden sie dafür in einem Dreiklang aus Theorie, digitalem Lernen und praktischen Übungen vorbereitet, wobei neben internen Ausbildern zu bestimmten Spezialthemen externe Experten hinzugezogen werden.
Über Tiergesundheit und Tierhygiene berichten beispielsweise Fachleute des Veterinäramtes in Soest, über Unfallverhütung Vertreter der Berufsgenossenschaft (SVLFG). Ziel der überbetrieblichen Ausbildung ist es schließlich, den jungen Menschen die gesamte Bandbreite des Berufes zu zeigen.
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