Mit so viel Ärger hatte Landwirt Josef Dreps wohl nicht gerechnet, als er 2012 die Genehmigung für eine Windkraftanlage im sauerländischen Marsberg-Erlinghausen beantragte: Schon einen Monat, nachdem er die Genehmigung Anfang 2016 endlich in der Tasche hatte, klagte der NABU. So lief die Enercon-Anlage mit 3 kW nicht einmal ein halbes Jahr, als das Verwaltungsgericht Arnsberg entschied, sie müsse stillstehen.
Anlage steht still
Der Grund: Die Richter pflichteten dem NABU bei, dass die in der Nähe der Anlage zwischen Februar und Oktober nistenden Rotmilane nicht ausreichend geschützt würden. Zwar hatte der Hochsauerlandkreis bereits in der Genehmigung festgelegt, dass die rund 150 m hohe Anlage bei Grünlandmahd oder Ernte der Felder im Umkreis von 100 m tagsüber abzuschalten sei. Zudem sollte er sie zwischen März und Juli sowie zwischen August und Oktober tagsüber generell abschalten, sobald brütende oder nistende Vögel in der Nähe beobachtet werden.
Doch das reichte den Richtern nicht. Sie verfügten zunächst im Eilverfahren eine Stilllegung und entschieden dann eineinhalb Jahre später, Anfang 2018, dass die Genehmigung aufzuheben sei (Az. 4 K 1411/16). Denn auch das zeitweise Abschalten der Anlage könne nach Ansicht der Richter den Schutz der Rotmilane nicht ausreichend sichern.
Der Kreis ging in Berufung. Und tatsächlich: Vor dem Oberverwaltungsgericht bekam der Kreis schließlich Recht, nachdem er zwischenzeitlich die Genehmigungsauflagen angepasst hatte.
100 % Schutz nicht nötig
Die Anpassungen reichten nach Auffassung der Richter am Oberverwaltungsgericht aus, um den Rotmilan angemessen zu schützen
(Az. 8 A 1183/18). Denn der Artenschutz des Rotmilans erfordere in aller Regel nicht, auf ein Windenergievorhaben komplett zu verzichten, so die Richter. Vielmehr gehe es darum, das Tötungsrisiko durch zeitweises Abschalten zu reduzieren. Zu 100 % ausschließen müsse man es nicht. Und die in den Genehmigungsvoraussetzungen genannten Abschaltzeiten würden das Risiko hinreichend reduzieren.
Hohe Auflagen
So kann Dreps die Anlage bald endlich wieder in Betrieb nehmen – zumindest zeitweise. Denn die Auflagen haben es in sich: So kann der Windmüller seine Anlage ausschließlich dreieinhalb Monate im Winter – von November bis Mitte Februar – tags und nachts laufen lassen.
Zwischen 20. Februar und 31. Oktober muss er sie hingegen tagsüber immer dann abschalten, wenn Flächen im Umkreis von 100 m gemäht, geerntet oder „bodenwendend“ bearbeitet werden.
Hinzu kommt: Zwischen 20. Februar und 20. August muss Dreps die Anlage tagsüber komplett abschalten, es sei denn, er weist über ein Gutachten nach, dass in dem Jahr im Umkreis von 1 km keine Rotmilane nisten. Dann könnte er ab dem 11. Mai die Anlage auch tagsüber wieder betreiben. Ab dem 21. August bis 31. Oktober kann er sie auch ohne Gutachten immerhin morgens und nachmittags anschalten.
Landwirt Josef Dreps hat also einen Millionenbetrag in eine Windkraftanlage investiert, die er jetzt große Teile des Jahres abschalten muss. Ob sich der Betrieb unter den Bedingungen überhaupt noch lohnt, ist fraglich.
Die Anlage liegt in einer vom Kreis für die Nutzung von Windenergie ausgewiesenen Konzentrationszone. Dort ist sie die einzige, die schon steht. Weitere sollen folgen, befinden sich allerdings zurzeit in vergleichbaren Klageverfahren. Ob die Richter dabei am Ende ähnlich entscheiden werden, bleibt abzuwarten.
Verwunderlich
Rund 20 Windkraftanlagen im direkt nebenan gelegenen Windpark auf hessischer Seite laufen bereits, anscheinend ungeachtet der auch dort lebenden Rotmilane.
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