Birgit Bettmann kennt das schon. Sobald neue Gäste ihre Zimmer bezogen haben, machen sie eine Erkundungstour über den Hof – in Gummistiefeln. „Obwohl hier alles sauber und befestigt ist.“ Der Hauswirtschafterin zeigt das, mit welchen Bildern im Kopf die Urlauber auf den Hof der Familie in Ennigerloh im Kreis Warendorf kommen.
Viele würde eine Bäuerin, die in Holzschuhen und mit Milchkannen über den Hof läuft, nicht überraschen. Verwundert sind sie dagegen bei einem Blick in den Schweinestall. Eng, dunkel und schmutzig haben sich den vorgestellt. Wenn sie den Hof verlassen, haben sie einen „aufgehellten“ Eindruck.
35 Gäste und viele Tiere
„Wir wollen die moderne Landwirtschaft vermitteln“, sagt Benedikt Bettmann. Der staatlich geprüfte Landwirt und seine Frau bewirtschaften in Ennigerloh im Kreis Warendorf einen Hof mit 120 ha Acker- und Grünland, Bullen- und Schweinemast. Gemeinsam mit einem Nachbarn betreiben sie außerdem eine Biogasanlage. Hinzu kommt eine Pension mit 35 Betten. Deren Zielgruppe sind vor allem Familien aus dem Ruhrgebiet.
Jeden Tag um 17 Uhr ist Benedikt Bettmann ein gefragter Mann. Dann ist Fütterungszeit und die Gäste sind eingeladen, eine Runde mitzugehen. Der Bullenstall, die Hühner und der „Streichelzoo“ mit Ponys, Schafen und Katzen stehen immer auf dem Programm. Den Schweinestall mit 1100 Mastplätzen öffnet die Familie nach Wunsch. Wer mehr über die Biogasanlage wissen will oder einmal auf dem Trecker mitfahren möchte, bekommt einen Extra-Termin. „Dass einige Arbeiten so länger dauern, das kalkulieren wir ein“, erklärt Benedikt Bettmann.
Nach seiner Einschätzung interessieren sich rund drei Viertel der Gäste dafür, was auf dem Hof passiert. Der 50-Jährige berichtet auch von Diskussionen. „Es gibt schon Gäste, die wünschen sich, dass die Tiere mehr Platz und Stroh in den Buchten haben, mehr draußen sind.“ Benedikt Bettmann erklärt dann ruhig und gelassen seine Arbeitsweise und die Rahmenbedingungen. Das ist für ihn gleichzeitig Service für die Gäste und Öffentlichkeitsarbeit für die Landwirtschaft.
Eine Oase für Familien
Anderer Ort, anderes Konzept: Familie Schulte-Göbel im Sauerland setzt ganz auf die Urlaubsgäste. Die letzten Kühe haben den 15-ha-Hof in Schmallenberg-Selkentrop vor 40 Jahren verlassen. Markus Schulte-Göbel hat anders als sein Vater nicht Landwirt, sondern Koch gelernt. Außerdem ist er Hotelbetriebswirt.
Ihr 480 Jahre altes Bauernhaus haben die Schulte-Göbels mehrfach komplett durchrenoviert. Mittlerweile gibt es 13 Ferienwohnungen, zwischen 45 und 84 m2 groß. Der Betrieb setzt auf Familien mit kleinen Kindern, viel Komfort, Ponyreiten und reichlich Platz zum Spielen. Die Gäste buchen die Idylle und unbeschwerte Familienzeit. Das ist Markus Schulte-Göbel klar. Dennoch sieht er sich als Brückenbauer. „Wir können einen Bogen zur Landwirtschaft schlagen. Viele Gäste hätten sonst nie einen Bezug dazu.“ Manchmal lädt ein Nachbarbetrieb in den Kuhstall ein. Häufig nutzen Gäste Angebote von Höfen, die wie die Schulte-Göbels zum „Schmallenberger Kinderland“ gehören. Die aktiven Landwirte aus diesem Kreis öffnen dafür ihre Stalltüren.
„Ich finde es eine Selbstverständlichkeit, über die reale Landwirtschaft und ihre Probleme zu sprechen“, sagt Markus Schulte-Göbel. Die drei Landwirte im Ort nähmen im Alltag Rücksicht auf die Gäste. Im Gegenzug erkläre er gerne, wann welche Arbeiten anstehen – und warum die Trecker manchmal auch nachts fahren. So profitierten beide Seiten.