Corona-Hilfen

Wie ist der aktuelle Stand bei den Überbrückungshilfen für Landwirte?

Mit den Coronahilfen will der Bund Unternehmen in der Pandemie unterstützen. Jedoch verursachen die Finanzspritzen Schmerzen. Antragssteller warten. Das nächste Hilfsprogamm ist da. Ein Zwischenfazit.

Die Coronahilfen sorgen für Unmut und Verwirrung. Es stehen Milliarden Euro bereit, die der Bund in die Wirtschaft pumpen will, doch viele Antragssteller warten. Es gibt jetzt das Hilfsprogramm "Überbrückungshilfe IV". Ein Zwischenfazit.

Landwirte sind antragsberechtigt

Mit den Coronahilfen (korrekt: pandemiebedingte Wirtschaftshilfen) will die Bundesregierung Unternehmen, Selbstständige und Beschäftigte in Zeiten der Pandemie finanziell unterstützen. Antragsberechtigt sind all jene bis zu einem Jahresumsatz von 750 Mio. € im Jahr 2020. Auch Landwirte gehören dazu. Voraussetzung ist, dass die Umsatzeinbußen coronabedingt jeden Monat mindestens 30% gegenüber zum Referenzmonat im Jahr 2019 betragen. Das war für die "Coronahilfen III" und "III plus" so und gilt auch jetzt für die "Coronahilfe IV".

Download: Corona-Unterstützungmaßnahmen der Bundesregierung

Schweinehalter warten noch immer

Seit Beginn der Corona-Krise sind bundesweit rund 170 Mrd. € geflossen. In Nordrhein-Westfalen sind über alle Branchen hinweg bislang Überbrückungshilfen der November-/Dezemberhilfe über 10,5 Mrd. € Euro an Unternehmen, Soloselbstständige und Angehörige der freien Berufe ausgezahlt worden.

Knapp 1,4 % an Landwirte in NRW

Jedoch verursachen die Finanzspritzen Schmerzen. Es gibt genug Landwirte aus NRW, besonders Schweinehalter, die lange warten mussten und teils auch noch immer warten, bis ihre Anträge, die sie über sogenannte "prüfendende Dritte" (z.B. Steuerbüros, Rechtsanwälte) fristgerecht für die Coronahilfen III bis 31. Oktober 2021 gestellt hatten, bewilligt wurden bzw. werden. Nach Einschätzung eines Branchenkenners, sind die Coronahilfen III mittlerweile weitestgehend "abgehakt", bei III plus "laufe es". Ausnahmen dürften die Regel bestätigen. Bundesweit sind laut Bundeswirtschaftsministerium bislang für Schweinezüchter mehr als 220 Mio. € geflossen. Ein Sprecher des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen (MWIDE) teilt auf Anfrage des Wochenblattes mit, dass für landwirtschaftliche Betriebe in NRW bisher mehr als 143 Mio. € bewilligt wurden.

Diese Aussage dürfte denjenigen, die nach einer langen finanziellen Trockenperiode auf dem Betrieb nun das dringend benötigte Geld bekommen haben, maximal ein Schulterzucken abringen, und für diejenigen, die noch warten, maximal unbefriedigend sein. Und wer nachrechnet: Das sind gerade mal 1,36% der oben genannten 10,5 Mrd. €, die aktuell auf landwirtschaftliche Unternehmen entfallen.

Knackpunkt: Anrechnung von ASP

Das zeigt, dass das Hauptproblem nicht gelöst ist: Das ist die Entscheidung über anrechnungsfähige Fixkosten und die Anrechnung des ASP-­Anteils. Branchenvertreter empfehlen, einen mindestens 30%igen Umsatzrückgang anzusetzen ohne Abzug von 5 % für ASP bzw. eine individuelle Einschätzung des Einflusses von ASP durch Reduzierung der förderfähigen Kosten um beispielsweise 5 %. Das war und ist der aktuelle (Still-)Stand in der Diskussion.

Uneins bei ASP - aber guten Willens

Wie geht es weiter? Der Bund hat nach dem Treffen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und seinen Länderkollegen vor rund einer Woche keine Antwort auf die ASP-Frage. Das Wirtschaftsministerium spricht davon, dass "einheitliche Verwaltungsvereinbarungen und Vollzugshinweise" getroffen wurden - konkreter äußert sich das Ministerium nicht. Die Durchführung der Überbrückungshilfe und die Antragsbearbeitung im Einzelfall einschließlich der Entscheidung über anrechnungsfähige Fixkosten hat der Bund dann den Bewilligungsstellen der Bundesländer übertragen. Und die hängen offenbar in der Luft und können im Grunde nichts tun, weil Berlin ihnen eine Aufgabe zuteilt ohne konkrete Handlungsanweisung. Und deswegen liegen die Anträge einiger Landwirte in NRW auf Eis. "Ein erheblicher Teil der vorliegenden Anträge von schweinehaltenden Landwirten kann derzeit nicht beschieden werden, da nicht abschließend geklärt ist, wie die Auswirkungen von nicht-pandemiebedingten Faktoren wie der Afrikanischen Schweinepest oder dem Chinesischen Importverbot für Schweinefleisch bei der Bewilligung zu bewerten sind", räumt das Wirtschaftsministerium in Düsseldorf ein.

Aber man wolle "die Auswirkungen von nicht pandemiebedingten Faktoren im Bewilligungsprozess bundeseinheitlich regeln". Das klingt nach Uneinigkeit bei der Klärung in der ASP-Frage und nach Einigkeit im "guten Willen".

Überbrückungshilfe IV verlängert

Während einige Landwirte weiter in der Luft hängen, legte die Bundesregierung neue Programme auf. Nach den ersten Coronahilfen (I, II, III) folgt die Überbrückungshilfe III Plus. Damit unterstützt die Bundesregierung die Unternehmen im Förderzeitraum Juli bis Dezember 2021. Die Antragsfrist läuft bis 31. März 2022.

Und seit Anfang des Jahres und nach Überwindung technischer Holprigkeiten, die dazu führten, dass man die Anträge beinahe eine Woche lang nicht stellen konnte, wie ein Branchenkenner berichtete, gibt es die Überbrückungshilfe IV für den Förderzeitraum Januar bis März 2022.

Auch hier gilt:

  • Unternehmen, Soloselbstständige, Angehörige der freien Berufe sowie Start-ups, die bis zum 30. September 2021 gegründet wurden, gemeinnützige und kirchliche Unternehmen und Organisationen aller Branchen mit einem Jahresumsatz bis 750 Mio. € im Jahr 2020 können die Überbrückungshilfe IV für einen Monat von Januar bis März 2022 beantragen, wenn sie in diesem Monat einen Umsatzeinbruch von mindestens 30 % im Vergleich zum Referenzmonat im Jahr 2019 erlitten haben.
  • Die Antragsfrist für Erstanträge endet am 30. April 2022.
  • Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und das Bundesministerium der Finanzen haben sich auf die Verlängerung die Corona-Wirtschaftshilfen als Absicherungsinstrument verständigt. Die bis Ende März 2022 laufende Überbrückungshilfe IV wird bis 30. Juni 2022 verlängert. Ebenso werden die ergänzenden Programme der Neustarthilfe für Soloselbständige und Härtefallhilfen werden parallel zur Überbrückungshilfe IV verlängert.
  • Unternehmen erhalten über die Überbrückungshilfe IV weiterhin eine anteilige Erstattung von Fixkosten. Zusätzlich zur Fixkostenerstattung erhalten Unternehmen, die im Rahmen der Corona-Pandemie besonders schwer betroffen sind, einen Eigenkapitalzuschuss.

Download: So stellen Sie den Antrag

Zwischenfazit: Was bleibt nun bisher?

  • Festzuhalten ist, dass die meisten Anträge auf die Überbrückungshilfe III mit einem Förderzeitraum von November 2020 bis Juni 2021 entfallen. Bislang wurden laut MWIDE bei den Überbrückungshilfen insgesamt 4063 Anträge aus dem Bereich Landwirtschaft verzeichnet.
  • Die Überbrückungshilfe III ist größtenteils, aber nicht komplett, abgeschlossen. Manche Landwirte müssen noch immer auf die Gelder warten. Wenn es klemmt, dann wegen formaler Fehler wie eine falsch angegebene Steuer- oder Kontonummer und vor allem wegen der ASP-Frage.
  • Diese ist der größte Knackpunkt. Wie schon das nervenzehrende Verfahren bei "III" sorgen die Finanzspritzen "Überbrückungshilfe III plus" und "IV" wegen der ungeklärten Frage, ob die Landwirte den Nachweis erbringen müssen, dass allein Corona und nicht die ASP oder der chinesische Importstopp für Schweinefleisch ihre Umsatzeinbußen verursacht haben, für mehr Schmerzen als Linderung bei den momentanen finanziellen Situationen auf den Höfen. Immerhin geht es um Beiträge im hohen sechsstelligen Bereich zur Sicherung der Liquidität.
  • Am Ende bleibt die Hoffnung: Zwei Drittel (68%) aller Anträge auf Überbrückungshilfe aller Förderphasen wurden bisher bearbeitet. Da hilft nur eines: Abwarten. Nach unseren Informationen drücken Branchenvertreter aus NRW und Berlin beim Bund aufs Gas, damit die Gelder endlich störungsfrei zu den Landwirten fließen.

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