"Was soll das denn?“, war die erste Reaktion von Johannes Peter. Der Ortslandwirt aus Lette hat wie alle Ortslandwirte sowie Ortsverbandsvorsitzenden aus ganz NRW Anfang März ein Schreiben von der Landwirtschaftskammer und den Landwirtschaftsverbänden bekommen. Die ehrenamtlichen Landwirte sollten eine „Karte der potenziell dränierten Flächen“ in ihren jeweiligen Gemeinden prüfen und gegebenenfalls anpassen (das Wochenblatt berichtete).
NRW: 40 % dräniert?
Hintergrund: Seit dem Jahr 2010 gib es für NRW eine Karte der potenziell dränierten Flächen. Nach Anpassungen im Jahr 2017 gelten nun knapp 40 % der landwirtschaftlichen Flächen als potenziell drainiert. Landwirtschaftliche Experten halten diesen Anteil für zu hoch. Denn die Karte basiert auf einem computergestützten Modell. Parameter sind unter anderem die Grund- und Stauwasserverhältnisse der Böden, wie sie in Bodenkarten hinterlegt sind. Beispielsweise gelten Podsole und Pseudogleye meist generell als dräniert. Tatsächlich dürften aber einige Flächen nicht dräniert sein, obwohl sie in der Karte als potenziell dräniert eingezeichnet sind.
Die Bedeutung dieser Dränage-Karte gewinnt gleichzeitig an Bedeutung. Zuletzt kam sie beispielsweise bei der landesweiten Modellierung zur Neubildung von Grundwasser zum Einsatz. Und diese wiederum kann künftig beispielsweise mit darüber entscheiden, ob Landwirte ihre Kulturen bewässern dürfen oder nicht.
Karte muss überarbeitet werden
Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) NRW hat das Forschungszentrum Jülich beauftragt, die „Karte der potenziell dränierten Flächen“ für NRW zu überarbeiten. Die neue Karte fließt auch ein in das Projekt GROWA+ NRW 2027. Dieses liefert unter anderem Rückschlüsse auf potenzielle Stickstoff- und Phosphoreinträge in Grundwasser und Oberflächengewässer.
Kurzum: Für die Landwirte geht es um etwas. Daher wollen Landwirtschaftskammer und Landwirtschaftsverbände die Möglichkeit nutzen, die Kulisse zu verbessern. Dafür sind sie aber auf Ortskenntnisse angewiesen. Und genau dazu haben sie die ehrenamtlichen Landwirte in den Orten angeschrieben.
Gut gemeint, aber…
„Das finde ich auch gut“, sagt Peter, „so bekommen wir nichts übergestülpt, sondern können zumindest ein stückweit mitgestalten. Positiv ist auch, dass endlich mal wir Landwirte als unmittelbar Betroffene gefragt sind.“
Doch für ihn und viele andere Ortslandwirte ergeben sich etliche Fragen: Woher soll ich wissen, welche Flächen in der Gemeinde dräniert sind? Die aktuelle Karte der potenziell dränierten Flächen ist sehr grobmaschig – wird sie besser, wenn ich sie mit ungenauen Angaben bearbeite? Darf ich überhaupt Angaben zu Flächen von Berufskollegen machen? Können die Angaben später zum Verhängnis werden, beispielsweise beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln? Und: Was passiert mit den Angaben?
Ein Teil der Fragen bekam Peter in einer Videokonferenz mit Kammer- und Verbandsmitarbeitern beantwortet. Dort hieß es seinen Ausführungen nach:
- Es geht um eine grobe, keinesfalls flächenscharfe Einschätzung, welche Flächen potenziell dräniert sind. Informationen auf Gemeindeebene oder für Teilbereiche helfen schon weiter.
- Es geht nicht um betriebsbezogene Daten. Weder für den Ortslandwirt noch für Landwirte in der Gemeinde können Nachteile entstehen, auch rechtlich nicht.
- Es geht nicht darum, eine neue Kulisse zu erarbeiten, die Grundlage für spätere Auflagen zum Beispiel beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist.
Richtig überzeugt hat das Peter nicht. Ihn ärgert zudem, dass er für die ganze Bearbeitung nur etwa zehn Tage Zeit hat – als Ehrenamtler, wohlgemerkt. Zähneknirschend hat er sich aber mit seinen Vertrauensleuten zusammengesetzt und die Karte nach bestem Wissen und Gewissen bearbeitet. „Weil die Chance, dass wir etwas Gutes tun, unserer Meinung nach höher ist als die Gefahr, dass es uns später auf die Füße fällt“, hofft er.
Bis zum 15. März sollen die Rückläufe bei der Landwirtschaftskammer sein. Diese übermittelt sie an das LANUV bzw. das Jülich-Institut zur weiteren Bearbeitung.
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