Holzvermarktung

Waldbauern droht Millionenforderung

Eine Schadenersatzklage gegen das Land NRW könnte für viele Waldbauern mit einer Schadenersatzzahlung enden. Am Dienstag hat Düsseldorf der sogenannten Streitverkündung zugestimmt. Was heißt das?

Überteuerte Holzpreise – so der Vorwurf von 32 Sägebetrieben, die deshalb vor dem Dortmunder Landgericht auf insgesamt 187 Mio. Euro Schadenersatz klagen. Die Sägebetriebe werfen dem Land NRW vor, im Zeitraum von 2005 bis 2019 – dem Ende der gebündelten Holzvermarktung – wettbewerbswidrig Verträge abgeschlossen zu haben.

800 Forstbetriebe betroffen

Am vergangenen Dienstag hat das Land NRW nach dem Kabinettsentscheid etwa 800 Forstbetrieben im Verfahren um die Holzvermarktung den Streit verkündet. Im Falle einer Prozessniederlage kann die Landesregierung somit die privaten und kommunalen Waldbesitzer zur Kasse bitten und an einer möglichen Ersatzforderung beteiligen. „Betroffen wären hiervon ausschließlich größere Betriebe, die damals mit einem „signifikanten Nettoumsatz“ an der Holzvermarktung beteiligt waren“, erklärte Dr. Rainer Joosten aus dem NRW-Landwirtschaftsministerium. Neben größeren Privatwaldeigentümern betrifft dies auch einige Waldgenossenschaften und 67 Kommunen. Andere forstwirtschaftliche Vereinigungen mit Realeigentum sind nicht betroffen – das entspricht dem Großteil der Waldbesitzer hierzulande.

Weil das Land NRW die Holzvermarktungsverträge geschlossen hat, wird es vermutlich auch den überwiegenden Verursachungsanteil haben. Nichtsdestotrotz könnten die betroffenen Waldbesitzer insgesamt rund 55 Mio. Euro Schadenersatz leisten müssen – gut ein Drittel der Gesamtforderung. Für einzelne Betriebe würde das Regresszahlungen von zehntausenden Euro bedeuten. Bislang ist aber noch nichts entschieden.

Das Land NRW bestreitet überhöhte Holzpreise und will dies mithilfe von Gutachten belegen können. In gleichen Prozessen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sind die von den Sägebetrieben beauftragen Inkassogesellschaften in erster Instanz mit ihrer Klage gescheitert und in Berufung gegangen. Auch dort steht eine Entscheidung aus.

Waldbauern sind empört

Während sich das Land bemüht, diesen Vorgang als „übliche prozessuale Vorsichtsmaßnahme“ darzustellen, sind die Waldbesitzer empört. Den Zusammenschlüssen sei stets versichert worden, dass die gemeinsame Rundholzvermarktung rechtskonform sei. „Mögliche Schadenersatzforderungen der klagenden Sägewerke hat daher allein das Land Nordrhein-Westfalen zu tragen,“ sagte Dr. Philipp Freiherr Heereman, Vorsitzender des Waldbauernverbandes.

Heereman

Philipp Freiherr Heereman, Vorsitzender des Waldbauernverbandes, kritisiert die Plände des Landes NRW, private Waldbesitzer an den Ersatzforderungen zu beteiligen. (Bildquelle: Schlotmann)

Der eigentliche Zorn der Waldbauern richtete sich stets gegen die klagenden Sägewerker. Hierdurch wurde in Krisenzeiten nicht nur das Vertrauen in die Landesforstverwaltung, sondern in die Partnerschaft zwischen Waldeigentum und Sägewerk zerstört. In seiner Kritik nimmt von Heereman z.B. die Firma Egger aus, weil sie sich an der Klage nicht beteiligt hat.

Aus Protest gegen die Entscheidung des Kabinetts legt von Heereman mit sofortiger Wirkung das Amt des Vorsitzenden des Oberster Forstausschusses NRW nieder – Der oberste Forstausschuss hat die Aufgabe, das NRW-Umweltministerium und das NRW-Forstministerium „bei der Durchführung der Aufgaben der Landesforstverwaltung“ zu beraten.

„Vor dem Hintergrund der letzten fünf Jahre Sommerdürre, dem flächenweisen Absterben von Fichtenbeständen sowie der Herkulesaufgabe, unsere Wälder klimagerecht umzubauen, ist diese Streitverkündung ein Tiefschlag gegen die Waldbesitzer. Sie zerstört das Vertrauen, das gerade in Krisenzeiten so dringend gebraucht wird. Der Waldbauernverband fordert daher die sofortige Rücknahme des Kabinettsbeschlusses“, sagte Waldbauernpräsident von Heereman.

Zusage der vorherigen Landesregierung gebrochen

„Die alte Landesregierung hatte ausdrücklich auf eine Streitverkündung verzichtet. Es ist nicht nachvollziehbar, was sich seitdem geändert hat. Dieser Schritt wäre vermeidbar gewesen, zumal das Land die Gefahr, rechtskräftig zum Schadensersatz verurteilt zu werden, als äußerst gering einschätzt“, sagte Bürgermeister Christoph Ewers, Vorsitzender des Gemeindewaldbesitzerverbandes.

Ewers

Christoph Ewers, Vorsitzender des Gemeindewaldbesitzerverbandes. (Bildquelle: Bräuer)

Die Gemeindewaldbesitzer befürchten zudem einen Vertrauensverlust gegenüber dem Land, da die gebündelte Vermarktung von Holz aus dem Staats-, Privat- und Körperschaftswald seit Mitte der 1970iger Jahre im Rahmen der Einheitsforstverwaltung auf Basis des gesetzlichen Auftrages gemäß § 13 Landesforstgesetz erfolgte. Auch habe das Land stets deutlich gemacht, dass die gegen-über dem Bundeskartellamt eingegangenen Verpflichtungen in den Jahren 2008 und 2009 in vollem Umfang erfüllt werden.

Die betroffenen Kommunen haben wenig Verständnis dafür, dass das Land sich mit der Streitverkündung die Möglichkeit offenhalten will, auch die Waldbesitzer in Regress zu nehmen, sollte der Prozess verloren werden.

Empört sind Ewers und sein Verband aber vor allem über die Sägeindustrie, die diese „überflüssige Klage in schweren Zeiten vom Zaun gebrochen hat“, obwohl sie eigentlich von der gebündelten Holzvermarktung profitierte.

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