Wolf in Niedersachsen

Vier Wolfsattacken und Behördenirrsinn „par excellence“

Ein fehlender Zaun, zu weiche Böden, falsche Abstände: Tierhalter erleben einiges, wenn sie wegen des Wolfs mit Behörden zu tun haben. Ein Nebenerwerbslandwirt aus Niedersachsen berichtet.

Mathias Küver aus dem Kreis Cuxhaven vergisst die Jahre 2017 und 2018 nicht so schnell. Der erste Angriff auf seine 60-köpfige Schafherde passierte drei Wochen, nachdem die Tiere raus auf die Weide neben dem Wohnhaus kamen. „Ein Lamm wurde regelrecht auseinandergerissen“, schildert der Tierzuchttechniker. Noch am selben Abend zäunte er die 1,3 ha ein.

Ein halbes Jahr warten

Für den wolfabweisenden Zaun und das tote Lamm sah er nie einen Cent. „Der NLWKN* teilte mir mit, dass ich den Antrag auf den Zaun hätte stellen müssen, bevor der Wolf angreift“, berichtet der Schafhalter, „also habe ich für die andere Fläche einen Antrag beim Landesbetrieb eingereicht. Dafür musste ich drei verschiedene Angebote vorlegen. Nach sechs Monaten kam die Bewilligung.“

Wolf buddelt sich unter Zaun durch

Im Oktober stand der Zaun, den der Tierhalter damals noch zu 20 % selbst finanzieren musste, vorschriftsmäßig aufgebaut mit fünf stromführenden Drähten im Abstand von 20 cm und einer Spannung von 5000 Volt – dann kam der Wolf. Er buddelte sich unter den Zaun durch – ein totes und vier verletzte Schafe, so die traurige Bilanz.

Angeblich war der Boden zu weich und der Abstand des letzten Drahtes zum Boden stimmte nicht. Einer der Wolfsberater des Landkreises habe mit dem Zollstock nachgemessen. „Es waren 18 statt 20 cm. Das sind zwar noch 2 cm weniger. Aber es sind eben nicht die vorgebenden 20 cm. Da fehlen mir echt die Worte“, kommentiert der Praktiker den Bürokratiewahn.

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Wolfsangriff im Dorf

Beim dritten Angriff im Dezember 2017 übersprangen die Wölfe den 1 m hohen Zaun unmittelbar hinter einer Bushaltestelle an der Dorfstraße. Auch diesmal waren die Schafe makaber zugerichtet. „Beim Thema Wolf klaffen Theorie und Praxis auseinander“, kommentiert der Tierzuchttechniker die schlimmen Bilder, die er heute noch auf dem Handy hat, und ergänzt: „Wie ist es tier- und artenschutzrechtlich zu bewerten, dass auch Tiere wie Igel oder Graureiher elendig in den Zäunen umkommen, und dass der Wolf Rinder und Schafe tötet, ohne dass sie vorher betäubt wurden? Spielt der Tierschutz dann keine Rolle?“

Tierhalter akut gefährdet

Bei dem Anblick der gerissenen Schafe wussten der Wolfsberater und Mitarbeiter des NLWKN – beide waren vor Ort – diesmal nicht weiter. „Jetzt hieß es, ich solle meine Schafe zweimal einzäunen oder auf eine andere Fläche bringen“, sagt Küver. Die neue Fläche war aber noch nicht eingezäunt. „Nun durfte ich bereits vor der Genehmigung den Zaun bauen, weil man eingesehen hatte, dass wir akut gefährdet sind. Die Zusage habe ich mir schriftlich geben lassen.“ Kein Vierteljahr später „zerpflücken“ Wölfe wieder ein Lamm.

*NLWKN = Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz

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