Beim Blick auf die Produktionskosten vergeht den allermeisten Milcherzeugern die Lust auf größere Investitionen. Daran ändern auch die in den vergangenen Wochen gestiegenen Milchauszahlungspreise nichts. Schließlich können diese die Kostenexplosionen für Dünger, Diesel, Energie und Co. nur zum Teil kompensieren.
Vor diesem Hintergrund gilt es, die eigene Produktion zu durchleuchten und Ansatzpunkte zur Leistungssteigerung sowie Kostensenkung zu finden. Ziel sollte es jedenfalls sein, den Betrieb auch in schwierigen Zeiten wirtschaftlich stabil zu halten bzw. wenn möglich sogar weiter zu entwickeln, finden Philipp Heimel und Arnt Schäfers vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH). Die beiden Berater betreuen vom LLH-Standort in Korbach aus etliche Milchviehbetriebe in Waldeck-Frankenberg und diskutieren dabei mit den Praktikern regelmäßig über Potenziale zur Effizienzsteigerung.
Wachstum wird schwierig
„In den vergangenen Jahren haben viele Betriebe nur moderat investiert und mit kleinen Veränderungen die Produktion verbessert“, berichtet Arnt Schäfers im Gespräch mit dem Wochenblatt. Das liegt zum einen sicherlich an den hohen Baukosten. „Zum anderen gilt es, bei einem Wachstumsschritt in der Milchviehhaltung immer die Folgekosten im Blick zu behalten“, gibt Philipp Heimel zu bedenken: So sind bei einem Wachstumsschritt im Bereich Innenwirtschaft/Stall zwar Kostendegressionen beispielsweise durch eine bessere Auslastung der Melk- und Fütterungstechnik zu erwarten.
In der Außenwirtschaft sorgt der wachsende Viehbestand dagegen meistens für einen starken Anstieg der Kosten durchteure Transporte (weitere Wege bei der Futterbergung und Gülleausbringung),einen erhöhten Flächenbedarf und eventuelle Futterzukäufe. Vor allem in Regionen mit knapper Flächenverfügbarkeit wird das klassische Wachstum im Milchviehbetrieb damit deutlich schwieriger. Stattdessen ist Produktionsoptimierung das Gebot der Stunde.
10 Cent Differenz je kg Milch
Ein Blick in die Betriebszweigauswertung zeigt, wo angesetzt werden kann. So lag zwischen dem unteren und den oberen Viertel der vom LLH ausgewerteten Betriebe im Mittel der vergangenen Jahre eine Differenz von 10 Cent je kg Milch: Die einen erzielen nach Aufsummierung der Erlöse und sämtlicher Kosten ein kalkulatorisches Betriebszweigergebnis von –5 Cent/kg energiekorrigierter Milch (ECM). Die anderen erreichen einen Überschuss von +5 Cent/kg ECM. Kalkulatorisch ist das Ergebnis deshalb, weil manche Faktorkosten wie beispielsweise eine alternative Verpachtung der eigenen Flächen (entgangener Erlös) nicht tatsächlich anfallen, sondern lediglich betriebswirtschaftlich zu berücksichtigen sind.
Ein wesentlicher Grund für die Unterschiede im Betriebsergebnis sind indessen die Direktkosten, wie Heimel erklärt. Und hier sind vor allem die Grobfutterkosten zu nennen, welche in den weniger erfolgreichen Betrieben im Schnitt der vergangenen drei Wirtschaftsjahre bei rund 15,40 € je 100 kg ECM lagen (siehe Übersicht).
In den Betrieben des oberen Viertels betrugen die Grobfutterkosten dagegen nur etwa 9,60€ je 100 kg Milch. „In einem 100-Kuh-Betrieb mit 9000 kg Herdenleistung summieren sich diese Unterschiede auf rund 50 000 € pro Jahr“, verdeutlicht Schäfers die Relation.
Ansatzpunkt Grobfutter
Um die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen, geht also an der „Stellschraube Grobfutter“ kein Weg vorbei. Die LLH-Berater möchten das Augenmerk hierbei vor allem auf die Verbesserung der Grundfutterqualitäten lenken. Mit gutem Grundfutter lässt sich nämlich teures Kraftfutter einsparen, ohne dass die Milchleistung leidet. Konkret gehe es um folgende Ansatzpunkte:
- Grünland-Schnittzeitpunkt: Der erste Siliertermin sollte tendenziell möglichst früh gewählt werden, empfiehlt Arnt Schäfers. Futterqualität gehe eindeutig vor Massenertrag. Als Orientierung dient der Fasergehalt. Wenn dieser sich im Bereich zwischen 20 und 24 % Rohfaser bewegt und Anfang Mai eine Schönwetterphase angekündigt wird, sollte gemäht werden. Denn dann bestehen gute Chancen auf beste Silagequalitäten, so der Berater. Der zweite Grünlandschnitt sollte dann bei normalem Vegetationsverlauf höchstens vier Wochen danach erfolgen, wobei die Landwirte den Fasergehalt erneut regelmäßig prüfen sollten.
- Mais-Reifegrad: „Grünland früh – Mais spät“, so könnte man die optimale Erntestrategie beschreiben. Bei der Maisernte im Herbst werden daher in der Regel die Landwirte mit den besseren Nerven belohnt. „Schauen Sie auf den Trockensubstanzgehalt des Kolbens“, rät Schäfers. Dieser sollte oberhalb von 55 % liegen, um einen möglichst hohen Futterwert für viel Milch zu erreichen. Der TS-Gehalt der Restpflanze ist nicht so entscheidend, solange sich das Häckselgut im Fahrsilo noch vernünftig verdichten lässt (Nacherwärmungsrisiko!).
- Regelmäßige Nachsaaten: Grünlandbestände wollen gepflegt werden, damit sie Jahr für Jahr hohe Erträge liefern. Nach den Erfahrungen der vergangenen Trockenjahre spricht dabei einiges für die Nachsaat im Herbst, weil dann der Keimerfolg sicherer ist. Wer den Eiweißgehalt des Grundfutters erhöhen möchte, sollte zudem über Leguminosenbeimischungen nachdenken.
- Futterverschmutzung verringern: Viel Milch aus gutem Grobfutter gibt es nur, wenn die Futterhygiene stimmt. Das gilt für das Silomanagement, aber zunehmend auch für den Bereich der organischen Düngung. Hier muss vor allem aufgepasst werden, dass auf dem Grünland keine Güllereste ins frische Futter gelangen – ein Punkt, der durch die bodennahe, streifenförmige Ablage vielfach zur Herausforderung wird. „Manchmal hilft ein Striegeleinsatz. Noch besser ist ergiebiger Regen nach der Düngung“, so Schäfers. „Denkbar, aber mit 2 bis 3 €/m3 auch nicht gerade billig, ist alternativ eine Gülleseparierung“, ergänzt Heimel: Die dünne Fraktion lässt sich dann sehr gut fürs Grünland nutzen und die dicke Güllefraktion wird zum Beispiel auf dem Maisacker vor der Aussaat eingearbeitet.
Ansatzpunkte im Stall
Neben der Grundfutterqualität gibt es noch weitere Ansatzpunkte, die Effizienz der Milcherzeugung zu steigern, ohne gleich einen großen neuen Stall zu bauen. Unter anderem sollten die Betriebe von Zeit zu Zeit ihre Remontierungsstrategie hinterfragen, erklärt Berater Schäfers. Oftmals rechnet es sich, weniger Jungvieh aufzuziehen und Futter und Stallplätze im Gegenzug mit produktiven Kühen zu nutzen. Dazu muss nicht zwingend auf die eigene Nachzucht verzichtet werden, wenn es noch Reserven beim Erstkalbealter oder der Remontierungsquote gibt.
Die Milchleistung lässt sich zudem steigern, indem man den Kuhkomfort verbessert. Das kann eine Liegeboxenanpassung sein oder der Anbau eines komfortablen Strohbereichs für die Biestmilchkühe und Frischmelker. Auch eine etwas dünnere Belegung mit mehr Platz für die Kühe im Stall und am Fressgitter schadet der Gesamtleistung in der Regel nicht, so Heimel: Letztlich führen mehr Tierwohl und eine gute Tiergesundheit auch zu mehr Milch im Tank.
Ein Punkt, den die Landwirte aktuell unbedingt im Auge behalten sollten, ist das Thema Stromverbrauch und erneuerbare Energien. Bei tendenziell steigenden Energiekosten gilt es, vorhandene Einsparpotenziale zu nutzen. Das geht beispielsweise durch sparsame, frequenzgesteuerte Vakuumpumpen und optimal eingestellte und arbeitende Kühlaggregate. Bei Automatischen Melksystemen (AMS) ist unter anderem auf die Laufzeit der Kompressoren zu achten. Und was die Erzeugung und gegebenenfalls eigene Nutzung von Strom aus Photovoltaik-, Biogas- oder Windkraftanlagen betrifft, lohnt es sich sicherlich, die politische Entwicklung im Auge zu behalten, empfehlen die LLH-Berater. Womöglich ergeben sich im Rahmen der Energiewende neue Chancen für die heimische Landwirtschaft.
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