Ordnungsrecht und Förderrecht – auf diesen beiden Säulen fußt die umweltpolitische Regulierung der deutschen Landwirtschaft. In den vergangenen Jahren hat der Gesetzgeber das Ordnungsrecht vielfach verschärft: Düngeverordnung, Wasserhaushaltsgesetz, Pflanzenschutzanwendungsverordnung und Bundesnaturschutzgesetz. Dazu die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) im Förderrecht.
Die Frage ist: Wie wirkt sich dieses Bündel (Übersicht 1) auf die Einkommen nordrhein-westfälischer Landwirte aus? Das haben wir für fünf typische Modellbetriebe analysiert. Die Betriebe sollten die wichtigsten Produktionssysteme und Naturräume Nordrhein-Westfalens gut repräsentieren. So entstanden zwei Ackerbaubetriebe, ein Veredlungsbetrieb und zwei Milchviehbetriebe.
Mit dem Fokus auf Kartoffeln, Zuckerrüben und Industriemöhren wirtschaftet Ackerbaubetrieb 1 deutlich intensiver als Ackerbaubetrieb 2, der eher den klassischen Marktfruchtbetrieb darstellt. Seine Besonderheit ist die Aufnahme von Wirtschaftsdünger aus einer Veredlungsregion, womit er den Bedarf an Grundnährstoffen deckt.
Der Veredlungsbetrieb mästet in erster Linie Schweine. Seine Flächen nutzt er weitestgehend für den anfallenden Wirtschaftsdünger. Das benötigte Futter kauft er zu.
Der Milchviehbetrieb am Niederrhein wirtschaftet intensiv und erzielt mit hohem Maisanteil und wenig Dauergrünland hohe Milchleistungen. Durch den Anbau von Winterweizen hält er die Greening-Auflagen ein, mit dem Nebeneffekt von Stroh als Einstreu. Überschüssigen Wirtschaftsdünger kann der Betrieb für 1 €/m³ abgeben. Der zweite Milchviehbetrieb repräsentiert eine extensivere Milcherzeugung. Der Betrieb wirtschaftet im Hochsauerland überwiegend grünlandbasiert. Die wenige Ackerfläche nutzt er vollständig zum Silomaisanbau. Von der Anbaudiversifizierung des Greenings ist dieser Betrieb ausgenommen, da anteilig über 75 % seiner Fläche Grünland ist.
Existenzen gefährdet
Übersicht 2 zeigt die fünf Betriebe und die Auswirkungen der umweltpolitischen Verschärfungen sowie der reformierten GAP auf ihre Einkommen in Euro.
Deutlich wird: Die Betriebe sind von den ordnungsrechtlichen Neuregelungen sehr unterschiedlich betroffen. Dies gilt insbesondere für das Glyphosatverbot, für die Auflagen zu den Gewässerrandstreifen und für die Novelle der Düngeverordnung. Das Herbizidverbot in FFH-Gebieten trifft nur den Milchviehbetrieb im Hochsauerland und diesen auch nur minimal. Von der GAP-Reform sind die Betriebe (mit Ausnahme des Veredlungsbetriebes) alle ähnlich betroffen.
Die größten Einkommensrückgänge müssen der Veredlungsbetrieb im Münsterland und der Ackerbaubetrieb in der Börderegion in Kauf nehmen. Im Vergleich zum extensiver wirtschaftenden Milchviehbetrieb im Hochsauerland verlieren sie mit bis zu knapp 200 € fast doppelt so viel Euro pro Hektar Betriebsfläche. Den Veredlungsbetrieb betrifft insbesondere die novellierte Düngeverordnung, während der Ackerbaubetrieb am stärksten durch das Glyphosatverbot und die GAP-Reform betroffen ist.
Zum Teil könnte es sogar das wirtschaftliche Aus bedeuten. So könnten der Ackerbaubetrieb ohne Spezialkulturen und der extensiv wirtschaftende Milchviehbetrieb auf lange Sicht in ihrer Existenz bedroht sein. Selbst im jeweils optimistischen Fall, das heißt bei einer 50%igen Einkommenswirkung der Eco-Scheme-Prämien und bei geringen Ertragswirkungen durch die Düngeverordnung, bleibt der verbleibende Gewinn hinter dem erforderlichen Gewinn zurück. Allerdings: Eine Prüfung auf Existenzgefährdung anhand von Modellbetrieben ist mit großer Unsicherheit behaftet.
Folgen im Detail
Düngeverordnung:
Die Vorschriften der Düngeverordnung 2020 außerhalb der roten Gebiete betreffen Betriebe ohne Wirtschaftsdünger nur gering. Hier ergibt sich kein nennenswerter Mehraufwand. Anders sieht es für Betriebe aus, die Wirtschaftsdünger einsetzen. Verlängerte Sperrfristen, eine erhöhte Mindestwirksamkeit des organischen Stickstoffs und die flächenscharfe 170-kg-N/ha-Grenze beim Einsatz organischer Dünger können die Einkommen im Einzelfall stark senken. Ackerbaubetrieb 2 nimmt Schweinegülle aus einer Veredlungsregion auf und hat höhere Einkommensrückgänge. Seine Reaktion: Die Aufnahmemenge senken und die Stickstoffeffizienz erhöhen. Das erhöht ebenfalls die Kosten, da er andere Grundnährstoffe beschaffen muss. In den roten Gebieten ist die Aufnahme von Wirtschaftsdünger begrenzt, für eine gute Bestandsführung ist zusätzlich Mineraldünger notwendig. Um Wirtschaftsdünger bestmöglich zu verwerten, wird dieser mit Schleppschuhen ausgebracht. Zusatzkosten: 1 €/m³.
In den roten Gebieten schlägt vor allem die reduzierte Stickstoffdüngung zu Buche. Im Ackerbaubetrieb 1 ist besonders die Möhre betroffen. Obwohl vergleichsweise geringe Ertragsrückgänge erwartet werden (2 bis 5 %), sinkt der Deckungsbeitrag besonders stark. Das liegt an der hohen Marktleistung der Möhren. Darauf folgt der Winterweizen aufgrund höherer Ertragseinbußen (5 bis 10 %) und Qualitätsminderungen. Ebenfalls mindert der Zwischenfruchtanbau die Einkommen der Ackerbaubetriebe weiter, nicht nur durch zusätzliche Saatgut- und Bestellungskosten, sondern auch durch das Düngeverbot.
Der Veredlungsbetrieb muss künftig durch die erhöhte Mindestwirksamkeit der Wirtschaftsdünger mehr Gülle abgeben. Eine mineralische Phosphorergänzung sollte der Betrieb in Einzeljahren auch aufgrund der N- und P-reduzierten Fütterung besonders in roten Gebieten in Erwägung ziehen. Kleine, zur Bestandsführung notwendige Mineraldüngermengen begrenzen hier den Wirtschaftsdüngereinsatz. Auch dieser Betrieb bringt seine Wirtschaftsdünger künftig emissionsmindernd aus, sodass die Aufbringungskosten steigen. Gleichzeitig verkleinert die verbotene Herbstdüngung in den roten Gebieten das Zeitfenster für das Ausbringen von Wirtschaftsdüngern, sodass größere Lagerkapazitäten notwendig sind. Ebenfalls müssen Betriebe in den roten Gebieten verpflichtend Zwischenfrüchte anbauen.
In den Milchviehbetrieben ist die Situation anders. Zwar muss der intensiv wirtschaftende Milchviehbetrieb am Niederrhein durch die Düngeverordnung 2020 ebenfalls etwas mehr Gülle abgeben, allerdings halten sich die Kosten dafür in Grenzen. Hauptkostentreiber ist der zusätzliche Grundfutterzukauf durch die geringeren Erträge in den roten Gebieten. Die Kosten sind im extensiven Milchviehbetrieb höher, da hier der Grassilageanteil in der Ration höher ist und Grassilage im Zukauf teurer als die in den Grünlandregionen knappe Maissilage ist.
Glyphosatverbot:
Es gibt zwar keine einheitlichen Aussagen zu möglichen Ertragsrückgängen, die zusätzlichen Arbeitserledigungskosten aufgrund des Glyphosatausstiegs sind aber allgemein anerkannt. Besonders größere, arbeitsextensive Ackerbaubetriebe sind betroffen. Ackerbaubetrieb 1 mit Kartoffeln und Karotten setzt auf ein gemischtes Anbausystem mit Pflug- und Mulchsaat. Zu den deckungsbeitragsstarken Kulturen Kartoffel und Karotte pflügt er, um den Schaderregerdruck zu reduzieren und bestmögliche Aussaatbedingungen zu schaffen. Der regelmäßige Pflugeinsatz lässt die Vermeidungskosten für Glyphosat mit 30 €/ha etwas geringer ausfallen als beim traditionellen Marktfruchtbetrieb am Bördestandort. Dieser setzt vollständig auf Mulchsaatverfahren. Der Einsatz von Glyphosat kann aus agronomischen Gründen nach Raps zu Weizen, nach Weizen zu Gerste und/oder nach Gerste zu Raps bzw. Zuckerrüben erfolgen. Für die Berechnungen sind Vermeidungskosten von 40 €/ha angesetzt.
Die anderen Betriebe setzen Glyphosat lediglich zur Randbehandlung einzelner Schläge oder in Ausnahmesituationen ein. Die Grundbodenbearbeitung erfolgt mit dem Pflug. Die Einkommensrückgänge sind daher im Verhältnis gering. Der Milchviehbetrieb am Niederrhein nutzt Glyphosat zusätzlich für den Ackergrasumbruch, jedoch nur auf einem geringen Flächenanteil.
Gewässerrandstreifen:
Im deutschen Ordnungsrecht sind Gewässerrandstreifen mittlerweile an mehreren Stellen verankert: Im Wasserhaushaltsgesetz und als Teil der Pflanzenschutzanwendungsverordnung. Zudem dürften sie in der Konditionalität (Mindestanforderung für Basisprämie) der GAP nach 2022 sein. Praktikabel scheint in jedem Fall eine ganzjährige Begrünung dieser Streifen zu sein und somit eine Reduktion auf 5 m Gewässerabstand. Was die Kosten betrifft, kommen zu den reinen Ansaatkosten der Begrünung weitere Positionen wie der entgangene Deckungsbeitrag, die Kosten eines eventuell notwendigen Futterzukaufs und/oder einer möglicherweise notwendigen Wirtschaftsdüngerabgabe hinzu. Auch eine Pflege dieser Streifen kann notwendig sein. Entscheidend für die Höhe des Einkommensrückgangs ist die Länge des Uferrandes innerhalb der Ackerfläche. Im Vergleich zu den anderen Auflagenpaketen macht dieser Punkt jedoch nur einen geringeren Anteil aus.
Herbizidverbot in FFH-Gebieten:
Das Herbizidverbot in FFH-Ge-bieten trifft die Grünlandflächen der Milchviehbetriebe, da die Bekämpfung von Problemunkräutern erschwert ist. Eine mechanische Einzelpflanzenbekämpfung von Hand erhöht den Arbeitsaufwand. Bei überschaubaren Anteilen der Betriebsfläche in FFH-Gebieten bleibt der Einfluss auf das Gesamteinkommen jedoch gering.
Reform der GAP:
Anteilig führt die Reform der GAP zu den größten Einkommensrückgängen in allen Betrieben (mit Ausnahme des Veredlungsbetriebes). Kleinere Betriebe wie der Veredlungsbetrieb sind durch die künftig erhöhte Umverteilungsprämie etwas weniger betroffen als größere Betriebe. Betriebe mit wenigen Landschaftselementen werden künftig Fläche aus der Produktion nehmen müssen, um die neue Konditionalität (ehemals CC) zu erfüllen, sodass diese ebenfalls auf weiteres Einkommen verzichten müssen.
Kalkulation der Einkommen
Kurze Erläuterungen zum Rechengang und der Kalkulation zur Einkommenswirkung: Wie sich schärfere Düngeregeln, insbesondere einer Reduktion der Stickstoffbedarfswerte um 20 %, auf die Erträge und Produktqualitäten auswirken, ist unsicher. Daher haben wir unterschiedliche Szenarien gerechnet – immer im Vergleich zur Düngeverordnung 2017. Die Auflagen der Düngeverordnung 2020 haben wir in einem zweiten Szenario verglichen. Weil sich die Betriebe anpassen, beispielsweise mit einer effizienteren Ausbringung von Wirtschaftsdüngern, erwarten wir hier keine Ertragsverluste. Allerdings haben wir die aus der Anpassung entstehenden zusätzlichen Kosten ermittelt. Für Flächen in den roten Gebieten haben wir zwei zusätzliche Szenarien kalkuliert: ein optimistisches und ein pessimistisches. Diese unterscheiden sich durch eher moderate bzw. stark negative Erwartungen im Hinblick auf Erträge und Produktqualitäten bei reduzierter Düngung. Daraus haben wir gesamtbetriebliche Einkommensrückgänge abgeleitet, jeweils bei optimistischer und pessimistischer Einschätzung.
Auflagen miteinbeziehen
Die Auflagen zum Pflanzenschutz, also das Glyphosatverbot und das Verbot von Herbiziden und Insektiziden in Schutzgebieten, haben wir durch betriebliche Anpassungskosten berücksichtigt. Im Einzelnen sind dies vor allem die Intensivierung der mechanischen Bodenbearbeitung und Grünlandpflege, aber auch der Einsatz spezifisch wirkender Herbizide im Ackerbau. Die Erwerbsverluste aufgrund des gesamten Auflagenpaketes zum Pflanzenschutz haben wir über die gesamte Nutzfläche kalkuliert. Sie fallen unabhängig von den Düngeszenarien an. Da die Maßnahmen der GAP, insbesondere die Detailausgestaltung der Eco-Schemes, zum Zeitpunkt der Gutachtenerstellung noch nicht feststanden, haben wir auch hier zwei Szenarien betrachtet: Im ersten Szenario nehmen wir an, dass 30 % der Eco-Scheme-Zahlungen einkommenswirksam sind, im zweiten 50 %. Das haben wir jeweils mit dem aktuellen Fördersystem der EU-Agrarpolitik verglichen. Die jetzt bekannten Vorschläge der Eco-Schemes sehen eine degressive Honorierung für die Anlage von Grünbrache vor und eine vielfach als zu niedrig eingeschätzte Kompensation der „Vielfältigen Kulturen im Ackerbau“. Auch bei anderen Eco-Scheme-Vorschlägen halten Praktiker und Berater die Honorierung für zu gering, sodass eher von einer geringen Einkommenswirksamkeit auszugehen ist. Leider bilden die durchgeführten Kalkulationen die jüngsten Eco-Scheme-Vorschläge nicht 1:1 ab. Unter der Berücksichtigung der Fruchtfolgen, der Viehhaltung sowie der damit verbundenen Futterversorgung, der Flächen im roten Gebiet, aber auch dem Anteil der Hanglagen sowie dem Flächenanteil in FFH-Gebieten und den Landschaftselementen haben wir für jeden Betrieb im optimistischen und pessimistischen Fall den Rückgang des Gesamteinkommens berechnet.
Gefährdung berechnen
Abschließend haben wir untersucht, ob die ordnungsrechtlichen und agrarpolitischen Änderungen in ihrem Zusammenwirken die wirtschaftliche Existenz der Betriebe gefährden können. Hierzu haben wir das vom HLBS erarbeitete Bewertungsschema herangezogen. Es basiert auf einem Vergleich des tatsächlich erzielten Gewinns (nach Abzug der errechneten Erwerbsverluste) und dem für die langfristige betriebliche Existenz notwendigen Mindestgewinn. Dieser ist so bemessen, dass angemessene Lebenshaltungskosten und andere aus dem Gewinn zu bestreitende Positionen bedient werden können.
Fazit: Einkommen sinken
Die Einkommensrückgänge erreichen in allen Betrieben betriebswirtschaftlich relevante Größenordnungen. Die Frage ist, inwiefern die Betriebe das kompensieren können. Pauschale Anpassungsempfehlungen lassen sich nicht ableiten. Hier spielen die einzelbetriebliche Ausgangslage und regional stark unterschiedliche Faktoren eine Rolle, wie zum Beispiel die Flächenverfügbarkeit oder die Niederschlagsmenge. Pauschale Ausgleichszahlungen für die Auflagen scheinen nicht das Mittel der Wahl zu sein, um die Einkommensrückgänge zumindest in Teilen zu kompensieren. Zum einen sind die Betriebe zu stark unterschiedlich betroffen. Zum anderen würden pauschale Ausgleichszahlungen den in Aussicht genommenen Ausstieg aus dem bisherigen System pauschaler Direktzahlungen erschweren. Die Kopplung weiterer GAP-Mittel an Klima- und Umweltschutzleistungen über die neuen Eco-Schemes könnte einen Teil der Einkommensrückgänge kompensieren – vorausgesetzt, dass diese attraktiv sind.
Kurz gefasst
• Das Ordnungsrecht wie Düngeverordnung und Glyphosatverbot sowie die Agrarzahlungen ab 2023 senken die Einkommen der Betriebe.
• Intensiv wirtschaftende Veredlungs- und Ackerbaubetriebe sind stärker betroffen als extensive Betriebe.
• Mit attraktiven Ökoregeln der Ersten Säule ließen sich Einkommensverluste kompensieren.
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