Diskussion im Oldenburger Münsterland

Tierhaltung oder Proteinfabriken?

Die Tierhaltung im Nordwesten Deutschlands steht vor gravierenden Umbrüchen. Landwirte und Experten haben unterschiedliche Zukunftsvisionen.

„Wir erleben gerade den Wandel hin zu einer ökologischen sozialen Marktwirtschaft“, sagt Uwe Bartels, Vorsitzender des Agrar- und Ernährungsforums Oldenburger Münsterland. Sorgen bereitet ihm das gleichwohl nicht. Er sieht die Landwirtschaft sowie den vor- und nachgelagerten Bereich weiterhin gut aufgestellt. „Transformation durch Innovation“, so lautet seine Hoffnung.

„Wir brauchen einen Wandel im Denken“, glaubt Stefan Teepker, Landwirt und Vorsitzender des Bundesverbandes bäuerlicher Hähnchenerzeuger. Die Entscheidung, ob in zwanzig Jahren noch Hähnchen aufgezogen werden oder Proteinfabriken das Bild bestimmen sei abhängig davon, ob es gelinge beim Verbraucher das Bedürfnis zu wecken, ein Tierwohl-Hähnchen zu kaufen. Kurzfristig sieht er den Treiber des Umbaus vor allem in der Digitalisierung.

Diesbezüglich regt Prof. Alfons Balmann vom Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien an, schon jetzt eine Diskussion über die Künstliche Intelligenz in der Tierbetreuung zu starten. Beim Einsatz von Gentechnik in der Pflanzenzüchtung sei dies verpasst worden. „Das Thema ist jetzt verbrannt“, so Balmann.

Der Markt gibt den Takt vor

Sarah Dehm, Präsidentin des Bundesverbandes der Deutschen Fleischwarenindustrie, geht davon aus, dass die Schere zwischen Großanbietern und Erzeugern in der Nische immer mehr aufgeht. Die Mittelschicht hingegen breche weg. „Das Ziel kann nicht sein, dass wir mehr importieren müssen“, so ihre Meinung. Entscheidend sei was die Gesellschaft wolle aber auch, was der Handel zulasse. „Wir können alles“, machte sie klar, gab aber zu bedenken: „Die Meinungen auf Facebook und die Verkaufszahlen passen nicht zusammen“.

„Wenn der Wandel in der Nutztierhaltung nicht im Oldenburger Münsterland gelingt, wo denn dann“? fragt Staatssekretär Prof. Ludwig Theuvsen. Angesichts der jüngst in die Schlagzeilen geratenen Nutztierstrategie der Niedersächsischen Landesregierung stellt er klar: „Es gab nie die Vorstellung, dass man Ställe im Nordwesten abbaut und im Osten wiederaufbaut“.

Dass Landwirte für den erforderlichen Umbau eine Planungssicherheit für 25 Jahre erhalten, hält Balmann für unrealistisch, wenn der Handel feststelle, dass sich Produkte nicht absetzen lassen. Stallbauten sollten aus seiner Sicht deshalb nach zehn Jahren abgeschrieben sein. Risikomanagement hält er für überaus wichtig. Die Vorschläge der Borchert-Kommission könnten einige Jahre funktionieren, eine langfristige Sicherheit lässt sich daraus seiner Meinung nach aber nicht ableiten. Rahmenbedingungen zu schaffen, mit denen findige Unternehmer arbeiten können, hält Theuvsen für die Aufgabe der Politik. Praktiker Teepker wünscht sich weniger Staat im Markt: „Der Markt regelt vieles besser als die Politik das jemals kann“.

Veranstalter der virtuellen Konferenz war der Verbund Transformationsforschung agrar Niedersachsen.