Interview mit Rolf Feldmann von der Landwirtschaftskammer NRW
Herr Feldmann, viele Landwirte machen sich zurzeit Gedanken über die Schweinehaltung in Außenklimaställen oder solchen mit Außenklimazugang. Was gibt es dabei im Hinblick auf die Klimagestaltung zu beachten?
Zunächst einmal gilt es, die (Haupt-)Windrichtung im Auge zu behalten, denn diese spielt bei Neu-, An- oder Umbauten von Außenklimaställen eine wesentlich stärkere Rolle, als das bei konventionellen, zwangsentlüfteten Ställen der Fall ist. Dabei ist die Windrichtung nicht nur hinsichtlich der nachbarschaftlichen Wohnbebauung zu beachten. Sie entscheidet auch ein Stück weit darüber, in welche Himmelsrichtung der Stall auszurichten ist, um später gleichmäßig durchlüftet und mit Frischluft versorgt zu werden. Schließlich funktionieren die meisten Außenklimaställe nach dem System der freien Quer- oder mit einer Trauf-Firstlüftung. Das ist ein völlig anderes Verfahren, weshalb es häufig Probleme gibt, wenn in vorhandenen Ställen einfach „nur“ eine Wand raus oder eine Fensterfront komplett geöffnet werden soll: In der Regel wurde in diesen Ställen bislang mit Unterdrucklüftungssystemen gearbeitet.
Dieses Lüftungsverfahren wird durch die neuen Öffnungen durcheinandergebracht. Das hat dann häufig auch noch Auswirkungen auf die Genehmigung, falls diese an die Einhaltung bestimmter Umweltauflagen geknüpft ist.
Beim Betrieb eines Außenklimastalles gilt es also lüftungstechnisch komplett umzudenken?
Im Grunde schon: Wenn wir über „neue“ Außenklimaställe reden, verabschieden wir uns oftmals vom (bewährten) System der Zwangsentlüftung mittels Abluftventilatoren und der dosierten Zulufteinströmung über speziell eingerichtete Öffnungen. Stattdessen gelangt die Außenluft auf breiter Front in den Stall. Deshalb benötigen die Tiere Hütten, Iglus oder ähnliche Bereiche, die Wärme und Windschutz bieten. Außerdem sollte auch in Außenklimaställen über Möglichkeiten zur Begrenzung bzw. Dosierung der Zuluft nachgedacht werden – beispielsweise über variable Öffnungen. Der Außenklimastall soll ja bei jedem Wind und Wetter funktionieren.
Wie kann der Landwirt hier eingreifen? Das Wetter lässt sich ja nicht ändern.
Es gibt einige Ansatzpunkte, das Stallklima für die Schweine möglichst angenehm zu gestalten. Das beginnt mit dem oben angesprochenen geschützten Liegebereich und setzt sich bei den Windschutznetzen bzw. Jalousien an den Längsseiten fort. Diese Curtains lassen sich entweder von Hand oder mithilfe von Windrichtungs- bzw. -geschwindigkeitssensoren und Außentemperaturfühlern automatisch steuern und verhindern beispielsweise bei scharfem Ostwind im Winter ein zu starkes Auskühlen des Gebäudes.
Sehr hohe Querluftgeschwindigkeiten gefährden zudem das Emissionsverhalten des Stalles, wenn die Abluft nicht mehr wie vorgesehen über den First entweicht, sondern direkt über die gegenüberliegende Stallseite. Auch deshalb sollte man den Lufteintritt über Curtains regeln können.
Lässt sich damit auch Zugluft im Tierbereich unterbinden?
Zugluft ist generell ein großes Gesundheitsrisiko. Sie kann Atemwegserkrankungen nach sich ziehen und die Schweine so sehr stressen, dass diese Aggressionen gegenüber ihren Buchtengenossen zeigen. Deshalb muss Zugluft im Tierbereich unbedingt vermieden werden: Zum einen sollten die Tiere ausweichen können und dazu ausreichend Rückzugsmöglichkeiten vorfinden, um sich vor der kalten Zugluft zu schützen. Hier sind in erster Linie windgeschützte Liegebereiche zu nennen. Aber auch Windabweiser vor den Stallöffnungen machen Sinn, denn im Fress- und Aktivitätsbereich soll es ebenfalls nicht „ziehen“.
Deshalb lohnt sich ein Blick auf die Durchgänge zwischen Innen- und Außenbereich des Stalles. Häufig findet man hier entweder sogenannte Rüsseltüren, die nach dem Durchschreiten automatisch wieder zufallen, oder Lamellenvorhänge aus Kunststoff bzw. Gummi. Diese Vorhänge werden von den Schweinen jedoch zuweilen stark bearbeitet und angefressen. Dann erfüllen sie irgendwann nicht mehr ihren Zweck.
Eine gute, wenn auch aufwendige Möglichkeit sind Schleusentore. Hierbei verhindern zwei hintereinander installierte Türen mit einer Schweinelänge Platz dazwischen sehr sicher, dass Zugluft in den Stall gelangt.
Wie sieht es im Winter aus? Außenklimaställe lassen sich ja kaum komplett warm halten …
Natürlich muss an einen ausreichenden Frostschutz gedacht werden. Allein schon zur Absicherung der Wasserversorgung. Sind die Seitenfronten offen oder lediglich mit Windschutznetzen versehen, müssen vor allem die Tränken geschützt werden. Manchmal sind diese deshalb im abgedeckten und eingestreuten Liegebereich untergebracht, den die Schweine mit ihrer Körperwärme im Plustemperaturen-Bereich halten. Dort sind die Tränken allerdings nicht so leicht zu kontrollieren und zu pflegen. Außerdem sind Tränken im Liegebereich im Sommerhalbjahr ein Verschmutzungsrisiko.
Abhilfe lässt sich mit automatischen Frostschutz-Funktionen, wie Rohrbegleitheizungen und Umwälzpumpen schaffen. Diese werden beim Unterschreiten bestimmter Außentemperaturen aktiviert und verhindern ein Gefrieren des Tränkwassers. Daran sieht man: Auch in einem Stall mit Außenklima erleichtert moderne Regeltechnik das Management und erhöht die Betriebssicherheit.
Statt eines Auslaufs denken etliche Landwirte darüber nach, ihren Tieren in vorhandenen Ställen einen „Außenklimareiz“ zu bieten. Was ist hier zu beachten?
Diese Ställe verfügen über mehr oder weniger große Öffnungen, die häufig nur manuell zu schließen sind. Manchmal ist der Liegebereich dahinter abgedeckt, um die Tiere vor Zugluft zu schützen. Das vorhandene Unterdruck-Lüftungssystem wird in der Regel weiter genutzt. Dabei muss aber aufgepasst werden, dass die Frischluftverteilung nicht durcheinandergerät. Schließlich strömt jetzt zusätzliche Luft durch die „neuen“ Öffnungen in die Bucht.
Ein Beispiel: Bei einem Güllekanal, der direkt hinter dem Lufteinlass liegt, fällt die Kaltluft zunächst in den Keller. Nach ein paar Metern steigt sie jedoch in der Regel mit Schadgas belastet wieder auf. Das ist schlecht für die Tiere und das Stallklima.
Wer über zusätzliche Öffnungen im Stall nachdenkt, sollte sich also unbedingt Gedanken über die Dosierung und Steuerung der Luft machen. Manchmal helfen Leitbleche, manchmal (teil-)geschlossene Böden und „Windschutzwände“. In dem ein oder anderen Stall ist möglicherweise das Verfahren der Über- oder Gleichdrucklüftung die Lösung. Es kommt immer auf den Einzelfall an.