Für die Beseitigung von getöteten und gefallenen Nutztieren sind in Nordrhein-Westfalen die Kreise zuständig. Da sie selbst über keine Anlagen zur Tierkörperbeseitigung verfügen, übertragen sie die Aufgabe per Ausschreibung an private Entsorgungsunternehmen. Eines davon ist die Secanim GmbH – zuständig unter anderem im Kreis Coesfeld. Hier wurden in den vergangenen Monaten etliche Beschwerden seitens der Landwirte laut.
Worum geht es?
Statt wie üblich die angemeldete Tierzahl abzurechnen, soll Secanim ab September ohne vorherige Information je nach Füllstand ganze Kadaver-Behälter in Rechnung gestellt haben. Die Falltier-Kosten schossen damit für einige Betriebe plötzlich in die Höhe, ohne dass sich die Zahl der zu entsorgenden Tierkörper vergrößert hätte. Entsprechend wütend waren betroffene Landwirte.
Das Problem: Der Kreis übernimmt 75% der Entsorgungskosten, zahlt pro Betrieb aber jährlich maximal 480 € netto. Gerade bei großen Sauenhaltern ist dieser Bonus schnell ausgeschöpft. Sie müssen dann die vollen Falltierkosten tragen.
Etwa 40% Abweichung
Doch Secanim hielt dagegen: Die Behälterabrechnung sei schon immer erlaubt, bisher nur nicht systematisch umgesetzt worden. „Sind die Mengen zu groß oder machen Nachgeburten das Zählen der Schweine unmöglich, haben unsere Fahrer keine Wahl. Sie dürfen keine Zahlen übernehmen, die sie nicht selbst nachprüfen können“, erläuterte Geschäftsführer Dr. Carsten Schulze-Bentrop im Gespräch mit dem Wochenblatt.
Probewägungen im Sommer hätten im Schnitt 40% Abweichung des geschätzten Gewichts nach Tierzahl vom tatsächlichen Gewicht der abgeholten Kadaver ergeben – bis dato zugunsten der Landwirte.
Um weitere Konflikte zu vermeiden, möchte Secanim die Kadaverwagen künftig mit einer Wiegetechnik ausrüsten. Zwei Testsysteme sind bereits bestellt. „Das wäre für alle Beteiligten die fairste Lösung. Für Sauenhalter werden die Kosten durch das Wiegen aber wohl nicht sinken“, vermutet Schulze-Bentrop.
Wogen geglättet
Bis es soweit ist, arbeitet Secanim vorerst weiter mit Durchschnittsgewichten. Nach Gesprächen mit den Veterinärämtern Kleve, Coesfeld und Recklinghausen sowie dem landwirtschaftlichen Kreisverband Coesfeld verschickte das Unternehmen aber Ende Januar einen Infoflyer an alle Tierhalter:
- Berechnet werden 2kg pro (Saug-)Ferkel, 25kg pro Läufer und 80kg pro Schwein, wenn die Tiere zählbar sind.
- Für einen 1100-Liter-Behälter stehen 720kg auf der Rechnung. Ist er nur zur Hälfte gefüllt, gilt die nächstkleinere Behältergröße.
- Betriebe können abweichende Behältergrößen anmelden. Sie werden dann ins Abrechnungssystem aufgenommen. In einzelnen Fällen hat Secanim rückwirkend noch Rechnungen angepasst.
Zur Einordnung der Kosten: Mit dem Kreis Coesfeld hat das Entsorgungsunternehmen einen Tonnagepreis von 152,07 € vereinbart – vorerst bis Dezember. Je nach Vieh- und Infrastruktur der Kreise schwanken die Preise aber stark.
„Die Lage hat sich beruhigt. Uns erreichen jetzt kaum noch Beschwerden bezüglich der Falltierabholung“, bestätigten auch Michael Uckelmann und Ludger Beeke vom Kreisverband Coesfeld.
Tipps für Tierhalter
Für eine reibungslose Abholung der Tierkadaver rät Secanim:
- Zwecks Seuchenschutz Tiere immer im Behälter lagern und Abholstellen sauber halten.
- Deckel zu! Gesammeltes Regenwasser muss als kontaminierte Flüssigkeit auch entsorgt werden.
- Behälter nicht überfüllen, sondern zeitnah und präzise melden.
- Für jeden Betrieb einen eigenen Behälter bereitstellen.
- Den Rechnungsversand per E-Mail einrichten, um alle Infos parat zu haben.
Was passiert mit Tierkadavern?
200 bis 250 t Tierkadaver kommen jeden Tag bei Secanim in Lünen an. Entweder direkt aus der Region oder von einer der Sammelstellen in Linnich und Detmold. Dafür starten die Fahrer schon morgens um 6 Uhr ihre Tour. Die Route sieht jeden Tag anders aus, je nach Meldung der Betriebe. Nach dem Abladen folgen Reinigung und Desinfektion.
Und dann? Werden aus dem Tiermaterial noch Kosmetikartikel produziert? Von wegen. „Das ist nur erlaubt, wenn sich Tiere aus wirtschaftlichen Gründen nicht zum Verzehr eignen. Was wir hier verarbeiten, ist potenziell gefährliches Material“, erklärt Niederlassungsleiter Christian Flader beim Besuch im Werk.
Zuerst zerkleinert eine Maschine die Tierkadaver. Die anschließende Drucksterilisation (20 Minuten bei 3 bar und 133 °C) tötet alle erdenklichen Erreger ab. Nach dem Abkühlen können dann Zentrifugen die Masse entfetten. So liefern sie den Rohstoff für die Produktion von Biodiesel. Das verbleibende Material ergibt getrocknet ein Tiermehl. Aber auch das dient ausschließlich als alternativer Brennstoff.
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