28. Rheinischer Schweinetag in Kleve

Schweinetag: Von Ringelschwanz bis Radio

Praktische Tipps gegen Schwanzbeißen, aktuelle Zahlen zur Initiative Tierwohl und Geschichten von WDR 2-Moderatorin Steffi Neu: Der Rheinische Schweinetag in Kleve bot eine bunte Mischung an Themen.

„Beißen und schlagen sich Tiere innerhalb einer Gruppe, brauchen sie neue Nachbarn. Ich nenne das den Schützenfesteffekt.“

Ringelschwänze? Für Sauenhalter eine riesige Chance! Mit guten Ferkeln können sie Mäster an sich binden. So sieht es zumindest Jan-Hendrik Hohls, Ferkelerzeuger und Mäster aus Becklingen in der Lüneburger Heide. Auf dem Rheinischen Schweinetag in Kleve stellte er vergangene Woche seinen Betrieb vor.

So gelingt der Ringelschwanz

„Kein Schwanzbeißen gibt es nicht“, räumte er ein. Trotzdem verzichtet Hohls seit über vier Jahren auf das Kupieren. Für Berufskollegen hat er einige Tricks parat:

  • Satte Tiere sind glückliche Tiere. Also Energie- und Fasergehalte im Blick behalten.
  • Fremdes Milcheiweiß und viel Weizen machen Ferkel kribbelig.
  • Separate Futterschalen für die Ferkel befüllt Hohls von Hand mit Haferkleie. Das garantiert die Tierkontrolle in jeder Bucht.
  • Beim Einsatz von Raufutter und Stroh würde er heute immer eine Kotschieberanlage einbauen.
  • Die „heißen Phasen“ beim Beißen sind zwei bis vier sowie acht bis zwölf Wochen nach dem Absetzen. Dann sind Abwechslung und mehr Tierkontrolle gefragt.
  • Für geschlossene Ställe ist ein Balkon das beste Strukturelement. Positiver Nebeneffekt: Der Balkon schafft ein Kleinklima von etwa 3 °C mehr als auf dem Boden.
  • Die Balkontreppen klappt Hohls erst zu Beginn der ersten Beißphase herunter, damit die Ferkel auf neue Reize treffen.
  • Beißen und schlagen sich Tiere innerhalb einer Gruppe, brauchen sie neue Nachbarn. Hohls nennt das den „Schützenfesteffekt“. Das Problem löst ein Sozialgitter zwischen den Buchten auf Balkonebene. Sobald er die Treppen herunter lässt, können die Ferkel oben Konflikte mit neuen Artgenossen austragen, ohne sich zu verletzen.

(Bildquelle: Hohls)

Auch ohne Förderung?

Die niedersächsische Ringelschwanzprämie und die Initiative Tierwohl (ITW) ermöglichen Hohls mehr Platz und Extras für die Schweine. Beides braucht er, denn der Ringelschwanz fällt nicht vom Himmel. Sollte die Förderung künftig wegfallen, will er gerüstet sein. Deshalb baut er gerade seine Mastkapazitäten aus und arbeitet an einer eigenen Vermarktung. Für Außenklima, Stroh und zusätzlichen Platz kalkuliert er mit mindestens 55 Cent mehr pro kg Schlachtgewicht. Aktuell gehören 320 Sauen und 2000 Mastplätze zum Betrieb.

Tierwohl im Trend

Das Interesse an Tierwohl ist groß – auch bei Landwirten. Das zeigen die Zahlen der ITW, die Katrin Spemann von QS Qualität und Sicherheit vorstellte. Mittlerweile liegt der Marktanteil im Bereich Schwein bei 34 % – Tendenz steigend. Das enspricht rund 20,6 Millionen Mastschweinen und 13,5 Millionen Ferkeln pro Jahr.

„Wir müssen Sauenhalter und Mäster als Einheit denken, um die Kette langfristig zu schließen.“

Das weiß auch Spemann. Aktuell sei eine Extra-Prämie für Sauenhalter im Gespräch, damit Mäster genügend ITW-Ferkel bekommen.

Der Irrtum bei den Haltungsformen

Wichtig war Spemann auch die Differenzierung zwischen Markenfleischprogrammen und Haltungsformen. Die Haltungsform 2 gleiche zwar den ITW-Anforderungen. „Es gibt aber kein Audit für Haltungsform 3 oder 4“, stellte sie klar. Das sei selbst bei Landwirten ein verbreiteter Irrglaube. In die vier Haltungsformen würden vielmehr bestehende Programme eingeordnet.

Anekdoten vom Niederrhein

Wenn selbst Landwirte die Haltungsformen nicht verstehen, tun es dann Verbraucher?
WDR 2-Moderatorin Steffi Neu kennt beide Seiten. Sie arbeitet in Köln, lebt aber am Niederrhein. Und sie ist mit Schweinefleisch groß geworden.

„Ich wollte immer Tierärztin für Großvieh werden. Kommunikation lag mir dann aber doch besser als Naturwissenschaften.“

Ein Highlight des Schweinetags waren ihre Kindheits-Anekdoten: Vom Schweinekaufen mit ihrem Vater. Vom Hauschlachten im Keller. Vom Plattdeutschen. Und davon, dass es auf jedem Hof mindestens ein „Fetenfiets“ gibt – ein altes Party-Fahrrad, das niemand klaut.

Bei allem Humor weiß sie: „Städter träumen zwar vom Landleben. Trotzdem herrscht viel Unverständnis.“ Je größer die Stadt, desto weniger offen und neugierig seien manchmal die Menschen.

Bei ihrem Radio-Programm hat die Karnevalsjeckin – abgesehen von der Musikauswahl – aber reichlich Freiraum. Ländliche Inhalte baut sie so oft ein, wie es eben geht.