Die Kosten explodieren, die Preise können nicht mithalten. Seit fast zweieinhalb Jahren kämpft die Veredlung mit Verlusten. Ferkelerzeuger und Mäster haben mehrfach tiefrote Zahlen geschrieben. Seit dem Ausbruch des Ukrainekrieges sind die Kosten noch einmal drastisch gestiegen. Daher decken auch die aktuell sehr hohen Schlachterlöse die Vollkosten der Schweineproduktion nicht. Doch welchen Preis brauchen Sauenhalter und Mäster, um endlich wieder schwarze Zahlen zu schreiben?
Basis der Kalkulation sind die durchschnittlichen Produktionskosten der letzten fünf Jahre. Es wurden die Nettowerte eines durchschnittlich abgeschriebenen Betriebs zugrunde gelegt. Da es um eine aktuelle Momentaufnahme geht, sind keine Kosten für Neubauten oder Anpassungen an die Tierschutznutztierhaltungs-Verordnung eingeflossen.
Im Schnitt der letzten fünf Jahre kostet die Produktion eines Mastschweins rund 151 €. Das entspricht bei knapp 97 kg Schlachtgewicht und normalen Vermarktungskosten einer VEZG-Notierung von etwa 1,62 €/kg SG. Die amtliche Notierung der Handelsklassen S bis P lag im gleichen Zeitraum bei 1,59 €/kg SG. Somit konnte die Branche im Schnitt keine Vollkostendeckung erzielen.
Kosten explodieren
Im Vergleich dazu haben sich die Produktionskosten in folgenden Bereichen deutlich geändert:
- Futter: Auch schon vor Ausbruch des Ukrainekriegs sind die Getreide- und Futterpreise kontinuierlich gestiegen. Mit Kriegsbeginn allerdings schnellten die Preise rasant nach oben und liegen aktuell bei Getreide etwa 75 % oberhalb des langjährigen Mittelwertes, bei Sojaschrot rund 50 %.
- Energie: Die Preise für Strom und Heizenergie sind ebenfalls deutlich gestiegen. Betrachtet man nur die Bezugspreise, sind die Kosten um 100 bis 200 % regelrecht explodiert. Allerdings haben viele Betriebe noch langfristige Verträge oder alternative Energielieferanten, sodass sich die Erhöhungen bislang noch nicht voll auswirken. In der Kalkulation haben wir mit einer Kostensteigerung von 75 % gerechnet.
- Sonstige Direktkosten: Auch die Kosten für Bestandsergänzung, Tierarzt, Besamung usw. werden nach oben angepasst. Die Steigerungsraten sind dabei durchaus unterschiedlich. Für die Kalkulation haben wir durchschnittlich 30 % angesetzt.
- Gebäudekosten: Bei Neubauten geht die Kostenkurve steil hoch. Das wirkt sich bei bestehenden Gebäuden zwar nicht direkt aus. Allerdings haben auch die Preise für Reparaturen und Ersatzinvestitionen deutlich angezogen. Zudem verteuert das gestiegene Zinsniveau die Finanzierung von Investitionen. Das ist in der laufenden Produktion bei der Verlängerung von Krediten zu spüren. Für die Kalkulation wurden die durchschnittlichen Gebäudekosten deshalb um 35 % angehoben.
- Arbeitskosten: Der Mindestlohn ist auf 12 € pro Stunde gestiegen. Hinzu kommt der Arbeitgeberanteil von rund einem Drittel. Doch steigen auch alle anderen Löhne und Kosten für den Privathaushalt. Insofern wirken sich höhere Lebenshaltungskosten für den Betriebsleiter direkt auf den kalkulierten Arbeitslohn aus. In der Berechnung haben wir eine Steigerung von 30 % über alle Lohnarten angesetzt.
Preise müssen nachziehen
Die Übersicht zeigt die Entwicklung der aktuellen Kosten im Vergleich zum fünfjährigen Mittel. Für die aktuelle Situation haben wir bei den Futterkosten unterschieden zwischen dem Einsatz von Fertigfutter und von Eigenmischungen auf Grundlage der eigenen Ernte. Als Basis dienen die Durchschnittspreise von Westfalen-Lippe aus der 46. Woche. Wird die eigene Ernte verwendet, sind die Preise entsprechend niedriger, insbesondere wenn man die Durchschnittspreise über das Jahr für das eigene Getreide ansetzt.
Saugferkel mindestens 53 €: Sauenhalter hatten in den letzten fünf Jahren Produktionskosten von durchschnittlich 37 €/Ferkel netto bis zum Absetzen des Wurfs. Aktuell haben Eigenmischer bei gleicher Leistung Produktionskosten von knapp 53 € für ein Absatzferkel von 7 kg. Werden die Tiere mit Fertigfutter gefüttert, liegen die Kosten bei gut 55 €/Ferkel. Insbesondere die Steigerung bei den Futter- und Energiekosten schlagen hier voll durch.
Ferkelaufzucht kostet über 34 €: In der Ferkelaufzucht fallen die Futterkosten aufgrund der guten Futterverwertung weniger stark ins Gewicht. Dagegen sind die Gebäudekosten und die Lohnkosten prozentual deutlicher gestiegen. Insgesamt haben sich die Produktionskosten für Eigenmischer von 24 € auf 34 € je Ferkel erhöht. In Verbindung mit der Ferkelerzeugung müsste ein Mastferkel mit 28 kg jetzt knapp 87 € kosten. Bei einem Gewichtszuschlag von 3 €, Impfkosten von 4,50 € und einem Qualitäts- und Mengenzuschlag von 5,50 € wäre dafür eine Notierung von 74 € erforderlich. Bei Einsatz von Fertigfutter erhöhen sich die Gesamtkosten um fast 3 € pro Tier. Um die Gewinnschwelle zu erreichen, müsste ein 28-kg-Ferkel gut 91 € netto erlösen. Das entspricht einer Notierung von 78 €.
Mast ächzt unter den Futterkosten: In der Mast machen sich insbesondere die gestiegenen Futterkosten bemerkbar. Umgerechnet auf ein Schwein wird in der Mast das meiste Futter benötigt, sodass gestiegene Getreide- und Proteinkurse besonders zuschlagen. Ebenfalls fallen die höheren Gebäudekosten ins Gewicht. In der Summe benötigt ein Eigenmischer jetzt rund 138 € für die Produktion eines Mastschweins – ohne Berücksichtigung des Ferkels. Im Vergleich dazu liegt der fünfjährige Schnitt mit 90 €/Mastschwein deutlich niedriger. Bei Einsatz von Fertigfutter liegen die Futterkosten aktuell 13 % höher gegenüber einer Eigenmischung. Daher benötigt der Fertigfutter-Mäster gut 152 €/Schwein, um die Gewinnschwelle zu erreichen.
50 % höhere Kosten in der Kette: In der gesamten Produktion summieren sich die Einzelpositionen auf Gesamtkosten von gut 225 €/Mastschwein, wenn alle Betriebe der Kette auf Eigenmischungen setzen. Damit produzieren die Veredlungsbetriebe aktuell etwa 50 % teurer als im Schnitt der letzten fünf Jahre. Um die Vollkosten zu decken, müsste die VEZG-Notierung bei 2,39 €/kg SG liegen. Bei Einsatz von Fertigfutter entstehen Kosten von Ferkel plus Mastschwein von 244 €. Es ist eine Notierung von 2,58 €/kg erforderlich, damit sowohl Ferkelerzeuger als auch Ferkelaufzüchter und Mäster ihre Vollkosten decken können.
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Kurz gefasst:- Die Produktionskosten in der Schweinehaltung sind um 50 bis 60 % gestiegen.
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Dafür sind vor allem höhere Kosten für Futter, Energie und Löhne verantwortlich.- Eigenmischer brauchen bei aktuellen Preisen eine Ferkelnotierung von 74 €, um ihre Vollkosten zu decken.
- Für Mäster lohnt sich die Produktion erst ab einer Notierung von 2,39 €/kg.
- Bei Einsatz von Fertigfutter müssen die Notierungen mindestens bei 78 € fürs Ferkel und 2,58 €/kg Schlachtgewicht liegen.::}}
Krise vernichtet Eigenkapital
Bis in die Gewinnzone ist es noch ein weiter Weg, auch wenn sich die Stimmung an den Märkten aufhellt. Die derzeitige Differenz zahlen die Veredlungsbetriebe mit Verzicht auf eigenes Einkommen, Auflösung eventuell noch vorhandener Rücklagen, Verlust von Eigenkapital und Einsparungen bei notwendigen Investitionen. Angesichts der schon lange andauernden Krise sind die Reserven bei vielen Betriebe erschöpft.
Betriebsleiter müssen die eigenen Möglichkeiten individuell ausloten. Die hier vorgestellten Kosten stellen nur einen Durchschnitt dar, der betriebsindividuell in die eine wie auch andere Richtung deutlich abweichen kann.
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