In der Tierhaltung stehen große Veränderungen an. Politik und Gesellschaft drängen auf einen umfangreichen Wandel hin zu mehr Tierwohl und Umweltschutz. Hier gilt es jedoch Lösungen für eine nachhaltig wirtschaftliche Tierhaltung zu finden, damit Nordrhein-Westfalen ein Zentrum der Schweinehaltung bleibt, mahnte Dr. Martin Berges in der vergangenen Woche bei der Online-Tagung der NRW-Fütterungsberater. „Sonst kommen unsere Lebensmittel künftig zunehmend aus dem Ausland“, warnte der Direktor der Landwirtschaftskammer NRW.
Fütterung ist Teil der Lösung
Einen wichtigen Ansatzpunkt für diese nachhaltige Wirtschaftlichkeit bildet die Fütterung. Aktuell stehen dabei zwei Bereiche im Fokus: Die neuen, von August an geltenden Vorgaben zum Beschäftigungsfutter bzw. den geeigneten Beschäftigungsmaterialien sowie die praxisgerechte Umsetzung einer Stickstoff-(N)- und Phosphor-(P)-reduzierten Fütterung.
Wie Dr. Gerhard Stalljohann von der Landwirtschaftskammer NRW erklärte, müssen beim Thema Beschäftigung nicht nur die zum Teil komplizierten gesetzlichen oder vertraglichen Vorgaben erfüllt werden. Die Landwirte sollten immer auch die Wirkung dieser Beschäftigungsfutter auf die Darmgesundheit und Leistung sowie die Futterhygiene im Auge behalten. Und die Kosten spielen ebenfalls eine wichtige Rolle.
Wirkung erwiesen
In zahlreichen Versuchen habe sich gezeigt, dass sich ein gezielter Einsatz faserreicher Zusatzkomponenten positiv auf die Verdauungsvorgänge auswirken und beispielsweise die Verwertung des eigentlichen Hauptfutters verbessern helfen kann. Der Verzehr an Stroh, Heu, Luzerne(-pellets) oder Ähnlichem muss dabei noch nicht einmal in großen Mengen erfolgen: Wenn die Dosiertechnik stimmt und das Futter nicht im Güllekeller landet, reichen kleine Mengen von täglich 5 bis 35 g je Ferkel oder Mastschwein aus, um Tierwohl und Verdauungsvorgänge zu unterstützen.
Zum Nulltarif geht das allerdings nicht, so Stalljohann. In einem Mastbetrieb mit 4000 Tierplätzen, der seinen Schweinen täglich 35 g Strohpellets anbietet, summieren sich beispielsweise die Kosten auf rund 39 000 € pro Jahr (14 000 € für die Pellets, 10 000 € für die Verteiltechnik inklusive Energie sowie 15 000 € für die Arbeit).
Das sind knapp 10 € je Mastplatz und Jahr! Nicht von ungefähr werden für das Raufutterangebot in der nächsten Runde der Initiative Tierwohl (ITW) 2,30 € je Mastschwein als Honorierung angesetzt. Und selbst das ist laut Stefan Leuer von der Landwirtschaftskammer NRW nur in günstigen Fällen kostendeckend.
Wie weit runter mit N und P?
Die Fütterung der Schweine ist indessen nicht nur ein wichtiger Hebel, um das Tierwohl zu verbessern. Auch im Sinne der Umweltentlastung bietet sie gute Möglichkeiten. So füttern in Westfalen-Lippe zahlreiche Betriebe ihre Schweine mit sehr stark N-und P-reduzierten Mischungen, um die Nährstoffausscheidungen mit der Gülle auf das Nötigste zu beschränken. Welche Erfahrungen die Schweinehalter in der Praxis damit gemacht haben, hat Landwirtschaftskammer-Mitarbeiterin Andrea Friggemann in einer Feldstudie mit 42 Betrieben untersucht.
Im Schnitt fütterten die Landwirte ihre Schweine mit einer Mehrphasenmischung, die 137,4 g Rohprotein sowie 3,7 g P je kg Futter enthielt. Etwa die Hälfte der Praxisbetriebe lag unterhalb, die andere Hälfte oberhalb von 13,9 % Rohprotein. Um den Aminosäuren- und Phosphorbedarf der Tiere zu decken, wurden spezielle Mineralfutter eingemischt. Das Leistungsniveau war angesichts einer solch niedrigen Eiweißversorgung mit 855 g Tageszunahme und 0,994 Autofom-Indexpunkten je kg Schlachtgewicht beachtlich gut.
Die Mast mit sehr stark nährstoffreduziertem Futter funktioniert offenbar. In der Tendenz waren die Ergebnisse allerdings in der Gruppe oberhalb von 13,9 % Rohprotein besser als in den Betrieben, die mit noch weniger Eiweiß auszukommen versuchten. Das könnte vor allem in selbst mischenden Betrieben an der technischen Umsetzbarkeit der Aminosäuren-Zumischung liegen.