Welche Alternativen gibt es zu Soja und Getreide? Was muss man beachten? Wo ist die Obergrenze? Was bringt das unterm Strich? Überraschende Antworten, wertvolle Infos und praktische Tipps erhielten die Schweinehalter der Landwirtschaftskammer-Unternehmerkreise in Coesfeld und Borken von den Beratern Bernd Westerfeld und Martin Tangerding.
Eiweiß vom eigenen Acker
Durch die Förderung der vielfältigen Fruchtfolge sind Leguminosen auf heimischen Äckern salonfähig geworden. Zumal man mit heimischen Leguminosen garantiert gentechnikfrei (GVO) füttert – ein Pluspunkt für Schweinehalter mit Spezialvermarktung. Doch sind Ackerbohnen, Erbsen oder Lupinen meist keine Handelsware. Wer sie nicht selbst anbaut, hat schnell ein Beschaffungsproblem.
Bei Proteingehalt und Aminosäurenqualität können heimische Leguminosen nicht mit Sojaschrot mithalten, wie Übersicht 1 zeigt. Erbsen haben gerade mal gut 20 % Rohprotein. Gelbe Lupinen kommen mit knapp 38 % fast auf den doppelten Wert. Ackerbohnen liegen mit 26 % dazwischen.
Auch bei der Eiweißqualität hinken heimische Leguminosen dem Sojaschrot hinterher. Das zeigt die geringere Dünndarmverdaulichkeit der Aminosäuren, im Fachjargon praecaecal verdauliche (pcv) Aminosäuren genannt. Eiweiß, das den Dünndarm unverdaut verlässt, bekommt im Dickdarm keine zweite Chance, sondern wird ausgeschieden. Am besten hält sich die gelbe Lupine, während Ackerbohnen und Erbsen schwächer abschneiden – besonders bei Methionin/Cystin.
Ackerbohnen schmecken bitter , da sie Tannin enthalten. Damit Fresslust und Proteinverdauung nicht leiden, sollten Vormasttiere höchstens 8 bis 10 % Ackerbohnen erhalten. In der Endmast liegt das Limit bei 16 %.
Getreide und Leguminosen enthalten viel Phytin-Phosphor. Deshalb ist der Zusatz des Enzyms Phytase unbedingt erforderlich, um den pflanzlichen Phosphor fürs Schwein verfügbar zu machen. Bernd Westerfeld rät zur wirksameren 6er-Phytase in einer Dosierung von 1000 Einheiten (FTU): „Das verbessert nicht nur die Phosphor-Resorption, sondern auch die Verwertung von Calcium und Eiweiß.“
10 % Ackerbohnen oder Erbsen machen die Mischung bei aktuellen Preisen gut 2 € pro Mastschwein günstiger, wie Übersicht 2 zeigt. Ackerbohnen wurden mit einem Aufgeld von 3 €/dt gegenüber Weizen angesetzt, wie es häufig in der Praxis angewendet wird.
Roggen in die Ration?
Roggen hat in den letzten Jahren eine Aufwertung als „Gesundfutter für den Dickdarm“ erfahren. Dickdarmbakterien bilden aus roggentypischen Inhaltsstoffen wie Betaglucanen oder Polysacchariden wertvolle organische Säuren, die den Schweinen energetisch zur Verfügung stehen. Dieser Effekt kann durch NSP-Enzyme noch verstärkt werden. Besonders vorteilhaft ist die Buttersäure. Sie hält Salmonellen in Schach und hemmt die Bildung des Geruchsfaktors Skatol bei Mastebern.
Die Achillesferse des Roggens ist Mutterkorn – erkennbar an schwarzen, oft längeren Körnern. Die giftigen Alkaloide können bei Sauen zum Abort führen. Junge Tiere sind besonders sensibel und reagieren mit Krämpfen, Nekrosen oder Durchfall. Da eine Reinigung Mutterkorn nicht sicher entfernt, warnt Bernd Westerfeld vor Roggen in Rationen für Sauen und Ferkel.
Mastschweine reagieren weniger sensibel. Doch muss Roggen im Einkauf deutlich günstiger sein als Weizen, da er weniger Energie und Eiweiß enthält. Übersicht 2 zeigt, dass aktuell eine Preisdifferenz von 1,80 €/dt erforderlich ist, damit weizen- und roggenbetonte Rationen preisgleich abschneiden.
Billige Nebenprodukte?
Flüssige Nebenprodukte der Lebensmittelproduktion setzen vor allem Betriebe mit Flüssigfütterung ein. Sie bringen produktionsbedingt oft Säure mit, die das Futter stabilisiert. Teilweise verbessern sie auch die Homogenität des Futterbreis bis in den Trog. Billigmacher sind sie nur in seltenen Fällen, da der Preis sich meist am aktuellen Weizenpreis orientiert. Da diese Produkte Hefenbildung fördern können, entstehen teilweise zusätzliche Kosten, um die Futterhygiene durch Säurezusatz zu verbessern. Auch die Kosten für Lagertanks, Pumpen und Rührwerk müssen umgelegt werden.
Zudem ist der Futterwert von Nebenprodukten schwerer einzuschätzen als von Standardprodukten wie Getreide. Denn der Trockensubstanzgehalt (TS) schwankt von Lieferung zu Lieferung. Zwar wird der aktuelle TS-Gehalt meist auf dem Lieferschein angegeben. Doch haben die wenigsten Mäster einen Schnellbestimmer, um den Wert zu kontrollieren.
Abweichungen wirken sich bei flüssigen Komponenten erheblich stärker aus als bei trockenen. Ein Beispiel: Ist ein Nebenprodukt mit 24 % TS deklariert, wird aber nur mit 22 % TS ausgeliefert, so fehlen in absoluten Zahlen „nur“ 2 % TS. Doch im Verhältnis zum niedrigen Ausgangsgehalt entspricht das einer relativen Abweichung von 10 %. Umgemünzt auf Weizen, hätte dieser nur 79 % TS anstelle des Normwerts von 88 % TS.
Zweiter Schwachpunkt der Nebenprodukte ist die Verdaulichkeit der Aminosäuren. Gesicherte Werte gibt es nur für das Produkt Protiwanze, ein Abfallprodukt der Bioethanolproduktion. Für alle übrigen Nebenprodukte existieren lediglich Schätzwerte. Wer das nicht berücksichtigt, erhöht das Risiko einer Unterversorgung, gerade bei stark N/P-reduzierter Fütterung. Mehr dazu im Kasten „Kein Blindflug beim Protein“.
Flüssiges Erbseneiweiß
Erbseneiweiß ist ein flüssiges Nebenprodukt der Stärkeherstellung, das von Januar bis Juli Saison hat. Aufgrund des hohen Zuckergehalts der Erbsen ist es sehr schmackhaft. Weiterer Pluspunkt: Es macht das Futter sämig. Da die Stärke entfernt wurde, sinkt der Energiegehalt der Mischung. Zudem enthält es kaum Rohfaser.
Laut Übersicht 3 enthält Erbseneiweiß 27,5 % Rohprotein und 1,91 % Lysin. Bei Kosten von 33,43 €/dt TS scheint es eine günstige Eiweißquelle zu sein. Lysin kostet 1,75 Cent/g und ist damit 0,3 Cent/g günstiger als Sojaschrot.
Doch verändert die praecaecale Verdaulichkeit (pcv) das Bild. Während dieser Anteil bei Sojaschrot exakt mit 87 % bestimmt wurde, stochert man beim Erbseneiweiß im Nebel – wie bei den meisten Nebenprodukten. Da es in der Verarbeitung stark erhitzt wird, rechnen Berater mit einem Schätzwert von 65 %. Dann kostet pcv-Lysin aus Erbseneiweiß 2,7 Cent/g – damit ist es fast 0,3 Cent/g teurer als pcv-Lysin aus Sojaschrot.
Konkurrenz um Rapsschrot
Rapsextraktionsschrot (RES) liefert ebenfalls GVO-freies heimisches Eiweiß mit 33 % Rohprotein. Doch wird es von Milchviehhaltern aufgrund der vorherrschenden Non-GMO-Fütterung stark nachgefragt. Erst wenn RES knapp 60 % des Sojaschrots kostet, rechnet es sich im Schweinetrog. Ausnahme sind Programme, die gentechnikfreie Fütterung vorschreiben. Hier lohnt es sich, Sojaschrot durch Rapsschrot zu ersetzen. Das senkt die Futterkosten um 5 €/Tier. Nachteilig für Schweinehalter ist der hohe Phosphorgehalt, ebenso die schlechte Rohfaserqualität.
Aktuelle Futtertipps
Folgende Tipps gaben die Berater den Landwirten mit auf den Weg:
- Nicht alles auf eine Karte setzten! Wer aus Kostengründen zu stark auf eine Komponente setzt, erhöht das Risiko von Unterversorgung mit einzelnen Nährstoffen.
- Da im Einkauf nicht viel zu holen ist, müssen Mäster ihr Augenmerk noch stärker auf die Futterverwertung legen. Wer diese um 0,1 Punkte verbessert, senkt die Futterkosten um 3,50 € pro Tier.
- Je höher der Preisabstand zwischen Sojaschrot und Getreide, um so mehr lohnt es sich, beim Protein zu bremsen. Mit der sehr stark N/P-reduzierten Fütterung sparen Mäster zurzeit rund 2 € pro Schwein.
- Gerste der letzten Ernte ist relativ rohfaserarm und stärkereich. Die Schweine sind dadurch schneller satt, aber auch schneller wieder hungrig. Das macht die Tiere unruhiger und aggressiver.
- Getreide wurde im letzten Sommer sehr trocken geerntet. Der erhöhte Feinanteil im Mehl kann Magengeschwüre zur Folge haben.
- CCM wurde sehr trocken eingelagert, teils mit mehr als 70 % TS. Um Hefeprobleme bei Temperaturen über 15 °C zu vermeiden, sollten hefehemmende Säuren wie Kaliumsorbat mit 100 g pro Tonne zudosiert werden.
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