Ferkeldurchfall

Saugferkel: Harmloser Fettdurchfall oder Kokzidien?

Eine der größten Herausforderungen im Abferkelstall ist Saugferkeldurchfall. Ursache können nicht nur Bakterien oder Viren sein, sondern auch Parasiten.

Wässriger Durchfall. Fleckige, ausgetrocknete Ferkel, die sich auf der Heizplatte oder der Sau stapeln. Saugferkeldurchfall tritt häufig auf und ist für alle Beteiligten frustrierend. Meistens sind Ferkel vom 2. bis zum 6. oder 7. Lebenstag betroffen, häufig Jungsauenwürfe. Von leicht bis schwer erkrankten Ferkeln ist alles dabei. Im Extrem sterben ganze Würfe. Um der Ursache auf die Spur zu kommen, muss ein ganzes Bündel von möglichen Ursachen unter die Lupe genommen werden: Mögliche Infektionserreger, Umgebung, Management und Fütterung.

Parasiten nisten sich ein

Eine Ursache von Durchfall bei Saugferkeln kann eine Infektion mit Kokzidien sein. Dabei handelt es sich um einen Parasiten. Dass Kokzidien auf vielen Betrieben vorkommen, hat eine aktuelle Studie der Veterinärmedizinischen Universität Wien gezeigt. Dabei wurden Kokzidien bei fast zwei Drittel der untersuchten Betriebe nachgewiesen, die mit Durchfallproblemen in der ersten Lebenswoche kämpften. Die Studie betraf mehrere europäische Länder, unter anderem Deutschland, Österreich und die Niederlande.

Die Erkrankung betrifft fast ausschließlich Saugferkel. Bereits kurz nach der Geburt nehmen sie die infektiösen Kokzidien-Oozysten auf. So gelangen diese aus der Umgebung in den Dünndarm. Dort befallen sie Darmzellen und rufen eine Entzündung hervor. Es kommt zur Schädigung der Darmzotten, die für die Aufnahme von Nährstoffen notwendig sind.

Kokzidien können mit einem Kombipräparat aus Eisen und Toltrazuril wirksam behandelt werden. (Bildquelle: Weidemann)

10-Tages-Durchfall

Klassisch für die Kokzidiose ist der „10-Tages-Durchfall“, der häufig um den zehnten Lebenstag herum auftritt. Die Kotkonsistenz ist typischerweise gelblich fettig bis pastös. Aber auch halbflüssiger bis flüssiger Durchfall ist möglich, der die Konsistenz einer „After-Sun-Lotion“ hat. Anschließend wachsen die betroffenen Tiere verzögert bis hin zum Kümmern. Bei sehr jungen Ferkeln können vermehrt Todesfälle auftreten – vor allem bei einer Ko-Infektion mit Clostridien. Die Anzahl der betroffenen Tiere pro Wurf schwankt stark.

Auch ältere Ferkel können infiziert sein. Sie zeigen jedoch kaum Durchfall und fungieren eher als symptomlose Ausscheider.

Wichtig: Auch Wurfgeschwister ohne sichtbaren Durchfall können im weiteren Verlauf schlechtere Zunahmen haben. Denn auch ihr Darm ist durch die Parasiten geschädigt. Die schlechte Entwicklung der Ferkel schlägt auch ökonomisch zu Buche. Je nach Schweregrad der Erkrankung schwanken die Einbußen zwischen 0,80 und 2,50 € pro Ferkel. Ursache sind ­geringere Absetzgewichte, höhere Mortalität durch Sekundärinfek­tionen und erhöhte Kosten durch Einsatz von Antibiotika. Dem gegenüber stehen Behandlungskosten von etwa 30 Cent pro Ferkel.

Wirksame Behandlung

Die gute Nachricht: Kokzidiendurchfall kann effizient mit dem Antiparasitikum Toltrazuril behandelt werden. Diesen Wirkstoff gibt es zur oralen Anwendung oder zur Injektion. Beide Verab­reichungsarten haben eine gute Wirksamkeit.

Die beiden Injektionspräparate ­gegen Kokzidien sind als Kombipräparat mit Eisen erhältlich. Diese können im Vergleich mit der oralen Verabreichung mitunter ­etwas teurer sein. Allerdings spart der Ferkelerzeuger mit den Kombipräparaten deutlich Zeit, da Eisengabe und Parasitenbekämpfung in einem Arbeitsgang erledigt werden können.

Natürlich muss man, wie bei anderen Durchfallarten auch, Begleitmaßnahmen ergreifen, um die Ferkel möglichst schnell wieder fit zu bekommen. Ausreichende Wasserversorgung, zusätzliche Elektrolyte und genügend Wärme tun den kleinen Tieren gut. Um die Ferkel und das Ferkelnest möglichst trocken zu halten, haben sich Einstreu oder Hygienepulver bewährt.

Alternativ kann Toltrazuril oral verabreicht werden. Das kann zu Unterdosierung führen, wenn das Ferkel Teile der Paste ausspuckt. (Bildquelle: Bütfering)

Wenn der Erfolg ausbleibt

Kokzidieninfektionen haben keinen saisonalen Verlauf. Hat ein Betrieb einmal mit Kokzidiendurchfall zu kämpfen, muss neben der Behandlung auch immer das Hygienekonzept stimmen. Sonst halten sich die Parasiten hartnäckig im Bestand.

Manchmal kommt es trotz Einsatz von Toltrazuril weiterhin zu dem beschriebenen Krankheitsbild. Denn typische Fehler können den gewünschten Behandlungserfolg torpedieren:

1. Zu spät behandelt: Wenn die Behandlung nach dem dritten Lebenstag erfolgt, hat die Infektion bereits stattgefunden. Denn die Ferkel nehmen die infektiösen Parasiten­stadien nach der Geburt über das Maul auf, meist über ­kotverschmutzte Oberflächen. Die Kokzidien entwickeln sich sehr schnell. Bereits fünf Tage nach der Infektion scheiden die Ferkel mit dem Durchfall massenhaft ansteckungsfähige Parasitenstadien aus. So sorgen sie selbst dafür, dass der Parasit im Bestand erhalten bleibt.
Bei den infizierten Saugferkeln führt die uneffektive Behandlung zu einer deutlichen Schädigung des Darms. Spätfolge ist eine schlechte Aufzuchtleistung. Die Verwendung eines Präparates in Kombination mit Eisen kann helfen, den richtigen Behandlungszeitpunkt einzuhalten. Wenn die Eisengabe regulär bei allen Ferkeln am dritten Lebenstag durchgeführt wird, ist kein zusätzlicher Arbeitsgang nötig.

2. Unterdosierung: Landwirte sollten sich immer an die Anweisungen des Hoftierarztes halten. Wer aus Sparsamkeit weniger Mittel verabreicht, spart am falschen ­Ende, weil die Wirkung ausbleibt. Bei der oralen Anwendung kann versehentlich unterdosiert werden. Denn die Ferkel schlucken das Präparat nicht immer komplett ab, sondern spucken das Toltra­zuril teilweise wieder aus.

3. Fehler bei der Desinfektion: Die Hygiene spielt bei der Kokzidienbekämpfung eine sehr große Rolle. Die Erregerflut ist hoch, da Kok­zidien-Oozysten massenhaft mit dem Durchfall ausgeschieden werden. Da der Kot in der Regel sehr schmierig und fettig ist, ist ein Schaumreiniger mehr als sinnvoll. Dieser löst die hartnäckigen Kotverklebungen und beseitigt den Fettfilm.
Kokzidien-Oozysten können mehr als sechs Monate infektiös sein. So kommt es zu ständigen Neuinfektionen im Abferkelstall. Daher ist im Anschluss an die Reinigung ein kresolhaltiges Desinfektionsmittel erforderlich. Aber nie als alleiniges Präparat, da Kresole keine ausreichende Wirkung gegen andere Durchfall- und sonstige Erreger haben. Es sollte zusätzlich zu ­einem herkömmlichen Desinfektionsmittel verteilt werden.
Möglich ist auch ein Kombi-Präparat. Betriebe mit wiederkehrendem Kokzidiendurchfall dürfen sich keine Nachlässigkeiten erlauben. Im eigenen Interesse müssen sie genauestens darauf achten, nach jedem Ausstallen den Abferkelstall gründlich zu reinigen und mit einem kokzidienwirksamen Mittel zu desinfizieren.

4. Begleiterreger suchen: Keine Besserung, obwohl Behandlungen und Hygienemaßnahmen konsequent durchgeführt werden? Dann sind erneute Untersuchungen durch den Hoftierarzt angezeigt. Anstelle von Kotproben sollte man auch einmal Ferkel zur Sektion geben – je nachdem, welcher Erreger vermutet wird. Bei der Sektion können der Darm und insbeson­dere die Darmschleimhaut direkt beurteilt werden. Außerdem gibt es Durchfallerreger, die sich besser aus der betroffenen Darmregion als im Kot nachweisen lassen.

5. Resistente Kokzidien: Können alle genannten Fehlerquellen ausgeschlossen werden, muss auch eine Resistenz gegen Toltrazuril in Betracht gezogen werden. Da es keine anderen Mittel mit ausreichender Wirksamkeit gibt, bleibt in diesem Fall nur die Verbesserung der Hygiene in den Abferkelabteilen.

Doch egal, welcher Erreger für den Saugferkeldurchfall verantwortlich ist: Man muss seine Feinde kennen. Eine gute Diagnostik ist immer die Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung.

Steckbrief Kokzidiendurchfall

Symptome

  • Gelblicher, fettig bis pastöser, aber auch flüssiger Durchfall rund zehn Tage nach der Geburt.
  • Die Erkrankung betrifft ausschließlich Saugferkel.
  • Vermehrt treten Todesfälle bei sehr jungen Ferkeln auf.
  • Ältere Ferkel sind oft symptomlos, auch wenn sie befallen sind.

Bekämpfung

  • Eine Impfung ist nicht möglich.
  • Effiziente Behandlung mit dem Antiparasitikum Toltrazuril.
  • Der Wirkstoff wird übers Maul oder per Injektion verabreicht.
  • Ein Kombipräparat aus Eisen und Toltrazuril kann die recht­zeitige Behandlung sichern.
  • Zusätzliche Desinfektion der Buchten mit kresolhaltigem Mittel.

Behandlungsfehler/Misserfolge

  • Die Behandlung erfolgt zu spät.
  • Das Mittel wird unterdosiert.
  • Fehler bei der Desinfektion.
  • Begleiterreger werden vernachlässigt.
  • Resistenz gegen Toltrazuril.

Gegen Durchfall impfen?

Gegen die meisten „typischen“ bakteriellen und viralen Durchfallerreger kann die rechtzeitige Mutterschutzimpfung eine gute Vorbeuge sein. Das gilt beispielsweise für E. coli, Clostridien oder Rota­viren. Ziel ist es, dass die neugeborenen Ferkel genügend schützende Antikörper mit dem Kolostrum aufnehmen. Besonders wichtig ist die Impfung der Jungsauen.

Ist kein kommerzieller Impfstoff verfügbar oder zeigt dieser keine ausreichende Wirkung, können bestandsspezifische Impfstoffe eine Lösung sein. Eine weitere Möglichkeit ist die Umwidmung von Impfstoffen für andere Tierarten. So kann bei Rotavirus-Infektionen die Mutterschutzimpfung der Sauen mit einem Impfstoff für Rinder probiert werden.

Sind Parasiten Ursache des Durchfalls, helfen diese Impfungen nicht. Das gilt auch für Kokzidien.