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Rückenspeck als Frühwarnsystem

Nicht nur bei Jungsauen zählt die Speckauflage. Regelmäßiges Scannen von Fleisch- und Konditionsmaß deckt auch bei Altsauen Fruchtbarkeitsprobleme und Reserven in der Fütterung auf.

Bei fruchtbaren Hybridsauen stößt der Body Condition Score (BCS) an seine Grenzen. Denn er beurteilt die Kondition von Sauen anhand des Exterieurs. In Wirklichkeit mangelt es breit gebauten Tieren aber oft am nötigen Speck. Schmale Sauen hingegen haben zum Teil ungeahnte Fett­reserven.

„Rückenspeck und Muskel­dicke sind deshalb der bessere Indikator für eine tier- und leistungsgerechte Fütterung.“
Gerd Vahrenhorst, Genossen­schaft zur Förderung der Schweinehaltung (GFS), Ascheberg

Im besten Fall können Betriebe sogar Futter einsparen. „Zusätzlich geben die Werte Aufschluss über Gesundheit und Fruchtbarkeit der Tiere.“ Im Rahmen seiner Trächtigkeitsuntersuchung fragen immer mehr Betriebe nach Konditions- und Fleischmaßen. Die lassen sich im Handumdrehen mit dem herkömmlichen Ultraschallgerät erfassen.

Eine halbe Minute pro Sau

Bei der GFS sind etwa 20 Mitarbeiter im Scannerdienst unterwegs, überwiegend für Trächtigkeitsuntersuchungen. (Bildquelle: Schildmann)

Rückenspeckscans, wie hier auf dem Foto, bleiben noch die Ausnahme. Etwa 5 % der Betriebe messen aktuell regelmäßig – Tendenz aber steigend. „In den Niederlanden ist die Technik schon weiter verbreitet“, berichtet Gerd Vahrenhorst aus der Praxis.

„Die Scans helfen nicht nur bei akuten Problemen, sondern auch als Prophylaxe in Hochleistungsbetrieben.“
Gerd Vahrenhorst, GFS

In der Abferkelung geht das Scannen schnell. Es reicht eine halbe Minute pro Tier. Abgerechnet werden 85 Cent pro Minute im Rahmen der normalen Scanner­tätigkeit.

Alternativ können sich Sauenhalter auch selbst einen Scanner zulegen. Klarer Pluspunkt ist die Hygiene. Die Kosten liegen zwischen rund 4900 € für die Standard-Variante und 2600 € für den WLAN-Scanner mit Tablet. Dazu kommen eigene Personalkosten.

So läuft die Untersuchung

„Gerade bei fleischreichen Rassen ist die letzte Rippe schwierig zu ertasten“, weiß Gerd Vahrenhorst. In der Praxis klappt es so am besten: Mit den Fingern die Flanke bis zur Wirbelsäule hochfahren und gut eine Handbreit weiter vorne messen.

Das Gerät speichert eine kurze Videodatei.

Nach dem Scannen lassen sich aufdem Bildschirm händisch zwei Messpunkte festsetzen. Das Programm errechnet dann die Maße. Hier sind es zum Beipiel 14,7 mm Rückenspeck. (Bildquelle: Schildmann)

Die Messpunkte für Muskeln und Speck können sofort festgelegt oder später noch nachjustiert werden. So kann der Betrieb die Daten auch selbst erfassen und beispielsweise den Berater lediglich die Video­daten am Computer auswerten lassen. Die Übertragung vom Gerät auf dem PC läuft aktuell noch über USB-Sticks, in Zukunft über eine WLAN-Verbindung.

Der WLAN-Scanner ist leichter und handlicher als die herkömmliche Variante mit Kabel. Aktuell arbeitet die GFS noch an einer Lösung, um Daten ohne USB-Stick auf den PC zu übertragen. (Bildquelle: Schildmann)

Auswerten können Berater oder Betrieb die Daten mit dem Programm MoniScan. Darin lassen sich auch Grenzwerte für Speck- und Fleischmaß festlegen. Rutscht eine Sau darunter oder verfettet sie zu stark, fällt das sofort auf.

Passt das Management?

Gerd Vahrenhorst empfiehlt pro Sau und Wurf jeweils zwei Messungen: Eine kurz vor dem Abferkeln und eine zum Ende der Säugezeit. So zeigt sich schnell, ob das Management um die Geburt herum passt.

Wichtiger als absolute Werte sind die Entwicklungen der Einzeltiere. Am besten betrachtet man sie über mehrere Würfe hinweg, um Unterschiede zu sehen.​ (Bildquelle: Schildmann)

Gruppenstress

Beispiel 1: In einem Betrieb treten plötzlich ungleichmäßige Würfe auf. Ein Blick in die Scan-Auswertungen zeigt: Einzelne Sauen haben viel Speck aufgebaut, andere sehr wenig. Eine häufige Ursache ist Gruppenstress in der Trächtigkeit. Einzeltiere wurden am Trog weggedrängt. Sie sollen beim nächsten Mal von den Störenfrieden getrennt gehalten werden und eine Futterzulage bekommen.

Futterwechsel

Beispiel 2: Eine Gruppe Sauen hat vergleichsweise niedrige Speckauflagen vor der Geburt, im Schnitt 18 mm. Angesehen hat man ihnen das nicht. Doch dann fällt dem Betriebsleiter ein, dass er zwei Komponenten im hochtragenden Sauenfutter ausgetauscht hat, um Kosten zu sparen. Die Auswirkungen waren wohl größer als gedacht. Nun muss er beim Säugefutter mit Energie gegensteuern, damit die Sauen nicht zu sehr abmagern.

Normaler Verlauf

Diese Sau hat schon in der Hochträchtigkeit Muskelmasse abgebaut. Das Phänomen ist gar nicht so selten. Eine gute Erklärung dafür gibt es aber noch nicht. (Bildquelle: GFS/Wochenblatt)

Beispiel 3: Die Übersicht zeigt einen normalen Verlauf. Nicht immer können die Scans auf den Tag genau erfolgen. Wichtig ist nur, dass wie hier das Zeitfenster passt.