Laut Umfragen entspricht die Weidehaltung der Verbrauchererwartung. Eine moderne Weidewirtschaft im System der Kurzrasenweide reduziert den Arbeitsaufwand, minimiert die Futterverluste und garantiert während der gesamten Weideperiode bei ausreichenden Niederschlagsmengen und optimaler Niederschlags-verteilung eine gleichbleibende Futterqualität auf hohem Niveau.
Ebenso bietet sich als besonders tiergerechte, arbeitssparende und kostendeckende Aufzuchtvariante die Weidehaltung von Jungrindern an. Hier können auch hofferne Weideflächen problemlos im Rahmen der Vollweide bzw. Ganztagsweide genutzt werden.
Längere Nutzungsdauer
Auswertungen des Instituts für Tierzucht der LfL Bayern zufolge kann eine weidebetonte Aufzucht die Nutzungsdauer der Tiere um bis zu 100 Tage steigern. Erhalten die Rinder anschließend als Milchkuh auch Weidegang, so erhöht sich die Nutzungsdauer der Tiere im Vergleich zur Stallhaltung um bis zu 200 Tage. Zudem ergab eine Auswertung der Daten des Landeskontrollverbandes eine Steigerung der Milchlebensleistung der Tiere um rund 3500 kg bei Weidehal-tung.
Bei optimaler Weideführung im System der Kurzrasenweide kann durch ein konstantes, qualitativ hochwertiges Futterangebot ein Erstkalbealter von 25 Monaten erzielt werden. Im Ökobetrieb Haus Riswick lag das Erstkalbealter in den vergangenen Jahren bei Vollweideangebot der Färsen während der Weideperiode zwischen 25 und 27 Monaten. Eine Erhöhung der Nutzungsdauer und eine Reduzierung des Erstkalbealters bedeuten eine geringere Jungrinderaufzuchtquote mit der Folge der Entlastung der Nährstoffbilanz für den Betrieb.
Stundenweise Vorweide
Ein optimaler Weidestart mit Milchvieh gelingt mit einer stundenweisen Beweidung zu Vegetationsbeginn. Alle hofnahen und erreichbaren Weide- und Schnittflächen, sofern mit Zaun versehen, können in die stundenweise Vorweide mit einbezogen werden. Auf diese Weise werden alle möglichen Flächen für einige Tage kurz überweidet, zeitig wachsendes Unkraut verbissen und frühe Obergräser gekürzt. Diese schonende Vorweide fördert Narbendichte und Trittfestigkeit und sorgt zudem für eine kontinuierliche Weidefuttergewöhnung.
Die Vorweide kann unmittelbar nach Vegetationsbeginn ab einer Temperatursumme von 200 °C beginnen, wenn die Weideflächen gut abgetrocknet sind. Am Niederrhein war diese Summe am 8. März in diesem Jahr erreicht – allerdings waren die Flächen noch viel zu nass.
Bestockung begünstigen
Im Rahmen der Vorweide mit einer geringen Tierbesatzstärke/ha nehmen die Kühe keine großen Weidefuttermengen auf: Sie fressen lediglich die ersten Spitzen und regen auf diese Weise die Bestockung der Gräser bestens an. Die Narbendichte wird also ideal gefördert und trittfest für die anstehende Vegetation vorbereitet.
Außerdem können die Weidetiere in dieser Zeit hervorragend den Ampfer bekämpfen. Die Rosettenblättchen des Ampfers zeigen sich recht früh nach Vegetationsbeginn und sollten in diesem Stadium verbissen werden – das schwächt sie. Der Ampfer wird in diesem ganz jungen Stadium von den Wiederkäuern gern gefressen.
Da die Kühe vor dem Hintergrund wassergesättigter Flächen immer noch früher auf die Weideflächen können, ohne Schaden anzurichten, als die Pflegetechnik, bietet sich im Anschluss an die Vorweide die technische Frühjahrsweidepflege an (Schleppen, Walzen und Nachsaat). Im Zuge dessen werden die Kotfladen auf den geplanten Schnittflächen gleich wieder verteilt.
Die Vorweide dient weniger der Sättigung der Kühe, als vielmehr der Bestockung der Gräser sowie der Zurücksetzung frühblühender Kräuter (Vogelmiere, Scharbockskraut) und Gräser (Wiesenfuchsschwanz, Wolliges Honiggras). Die Kühe fressen in der Regel diesen ersten Aufwuchs zusätzlich zur Stallration. Um Pansenblähungen und dünne Kotkonsistenz zu vermeiden, sollten die Kühe zu dieser Zeit nur satt gefüttert aufgetrieben werden.
Futter schonend umstellen
Die Umstellung von der Winterfütterung auf die Frühjahrsweide bedeutet eine deutliche Veränderung der Futterzusammensetzung. Aktuelle Forschungsergebnisse zur Weideübergangsfütterung zeigen, dass die Vormägen der Wiederkäuer mit ihren Pansenmikroben Zeit benötigen, um sich optimal an den Rationswechsel zu gewöhnen. Der zeitige Weideaustrieb bietet den Wiederkäuern eine sanfte Futterumstellung. Der Pansen und die darin lebenden Mikroorganismen können sich zunehmend auf den Futterwechsel einstellen.
Zunächst sollten die Kühe noch im Stall gesättigt auf die Stundenweide gehen (1 bis 3 Stunden/Tag; 2 bis 3 Kühe/ha). Später wird das Futterangebot im Stall reduziert und die Weidezeit ausgedehnt. So erfolgt die schonende Fütterungsumstellung. Wenn das Weidegrasangebot dann nach wenigen Wochen voll einsetzt, sind sowohl Wiederkäuer als auch Pansen auf die Weide umgestellt und damit kann das Weidefutter optimal verwertet werden.
Aus ernährungsphysiologischer Sicht ermöglichen die begrenzte Weidedauer und der noch spärlich vorhandene Aufwuchs einen fließenden Übergang von der meist stärkereichen (Maissilage, Kraftfutter) Winterration zur Weidefutterration mit Gräsern, Leguminosen (Weißklee) und Kräutern (Löwenzahn). Aufgrund des höheren Zuckergehalts des Grases gegenüber Silagen ist zu empfehlen, den Kraftfutteranteil, besonders den Anteil an leicht löslichen Kohlehydraten (Getreide) zu reduzieren. Dadurch kann einer möglichen Pansenübersäuerung bzw. einer Pansenblähung entgegengewirkt werden. Steigt der Harnstoffgehalt in der Tankmilch, ist auch die Anpassung des Milchleistungsfutters sinnvoll.
Tiergewohnheiten
Bei der Vollweide wird den Tieren im Stall kein zusätzliches Grobfutter angeboten (nur eine angepasste Mineralstoffversorgung). Auf diese Weise werden die Weideaufwüchse am besten, das heißt besonders verlustarm genutzt. Kühe, die wissen, dass im Stall eine hochwertige, schmackhafte Mischration auf sie wartet, werden nie sauber abweiden. Spätestens nach der besonders schmackhaften Frühlingsphase auf der Weide werden die Weidetiere ab Juni am Weidetor warten und in den Stall zum alternativen Futter drängen.
Bei hohen Einzeltierleistungen von mehr als 25 kg Milch/Tag wird eine Kraftfutterergänzung mit Pansen schonenden Komponenten wie Körnermais nötig. Die maximale Kraftfuttermenge ist auf 3 kg je Tier täglich zu begrenzen.Es gilt immer zu bedenken, dass jede Zufütterung im Stall kostengünstiges Weidegras verdrängt.
Obwohl kurzes Weidegras höchste Energiegehalte je kg TM aufweist, ist bei Weidegang die Gesamtenergieaufnahme begrenzt, da die Futteraufnahme den limi-tierenden Faktor darstellt. Praxisbetriebe mit zwei Leistungsgruppen füttern aus diesem Grunde häufig die Hochleistungsgruppe mit den Frischmelkern im Stall aus und gewähren den tragenden Tieren dann Weidegang.
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