Herr Stöcker, am 1. September ist Guido Kühne als neuer Deutschland-Chef angetreten, kurze Zeit später ist das Vorstands- und Aufsichtsratsmitglied Frans van den Hurk zurückgetreten und vergangene Woche hat der Vorstandsvorsitzende Erwin Wunnekink hingeschmissen. Hat FrieslandCampina ein Personalproblem?
Nein. Der Wechsel von Guido Kühne war planmäßig. Wir besetzen diese Führungsstellen intern alle fünf Jahre neu, damit es immer wieder frische Ideen gibt. Das Ausscheiden der beiden ehrenamtlichen Landwirte war aber nicht planmäßig: Frans van den Hurk war erst kurz im Amt. Die niederländische Mentalität ist: Wenn es Herausforderungen gibt wie jetzt bei FrieslandCampina, braucht es neue Leute, um Lösungen zu finden. Frans van den Hurk hat dazu Vorschläge eingebracht, ihm gingen die Veränderungen aber zu langsam. Deshalb ist er zurückgetreten. Das hat viele Mitglieder irritiert. Dafür wiederum hat der Vorstandsvorsitzende Erwin Wunnekink die Verantwortung übernommen und seinen Platz geräumt, um den Weg für einen Neuanfang frei zu machen, obwohl er selbst auch erst seit Mitte Juni den Vorsitz hat. Das ist gerade für deutsche Mitglieder erklärungsbedürftig, aber wir versinken keinesfalls im kompletten Chaos.
Die beiden Milcherzeuger begründen ihren Rücktritt mit Unstimmigkeiten in der Unternehmensausrichtung. Worum geht es?
Wie auch in Deutschland ist die Stimmung unter den Milcherzeugern in den Niederlanden aktuell sehr schlecht. Die niederländische Regierung will die Tierhaltung zurückfahren, um die Stickstoffemissionen zu senken. Sie kauft Schweinehalter aus der Produktion heraus, bei der Milch könnte ähnliches kommen. Die Milchmenge dürfte sinken. Deshalb konkurrieren in den Niederlanden erstmals verschiedene Molkereien um Milch, um den Rohstoff zu sichern. Und zudem sind unsere Mitglieder enttäuscht, dass sie im vergangenen Jahr keine Nachzahlung bekommen haben. Diese Diskussionen beschäftigen auch den Vorstand.
Im vergangenen Jahr war der Auszahlungspreis mäßig, die neue Mitgliederfinanzierung löst teils strittige Diskussionen aus und jetzt das Personalkarussell: Rüttelt Corona heftiger als gedacht an FrieslandCampina?
Corona geht nicht spurlos an uns vorbei. Zum Beispiel nimmt der Marktdruck in Deutschland zu, unser gutes Asiengeschäft mit Baby- und Kindernahrung stottert dagegen. Zudem ist die Marktsituation aktuell so, dass die Massenprodukte Butter und Pulver mehr erlösen als Produkte für den Lebensmitteleinzelhandel. Allerdings haben wir mit unserem Restrukturierungsprogramm schon Maßnahmen eingeleitet, um Kosten zu sparen. Zum Beispiel mit dem Abbau von 1000 Arbeitsplätzen.
Wie geht es weiter: Personell und auf dem Milchmarkt?
Die normalen Vorgänge zum Nachbesetzen der beiden Vorstandsposten sind eingeleitet. Unser Milchpreis bleibt bis Jahresende mindestens stabil. Im Vergleich der Molkereien dürften wir eine größere Spreizung der Auszahlungspreise sehen, da Corona zu teils deutlichen Verschiebungen auf dem Milchmarkt geführt hat.