Schweinehalter waren so optimistisch: Rauchende Grills, ausgebuchte Gaststätten, die EM – der Preis konnte nur steigen. Warum ist das so gründlich schiefgegangen?
In der Tat: Bessere Voraussetzungen für einen Anstieg der Schweinepreise konnte es gar nicht geben. Trotzdem musste die VEZG den Preis um 9 Cent/kg senken, da der EU-Markt stark unter Druck steht. Alternativ hätte die rote Seite Hauspreise mit heftigeren Abschlägen knallhart durchgesetzt.
Westfleisch weist von Januar bis April 14 Mio. € Verlust aus.
Das wird im Rest der Branche kaum besser aussehen. Und hat mit dazu geführt, dass die rote Seite die Reißleine gezogen hat.
Europäischer Schweinemarkt
Aber das Angebot an Schlachtschweinen ist überschaubar.
Das stimmt. Wir schlachten pro Woche 70 000 Schweine weniger als 2020. Trotzdem gibt es mehr als genug Frischfleisch. Schlimmer noch: Seit etwa zehn Tagen überschwemmen uns Spanien, Belgien, Frankreich und Dänemark mit sehr preisgünstigen Teilstücken. Zudem sind die Kühlhäuser trotz Sommer vergleichsweise voll.
Deutschland hat die Rote Laterne bei den Preisen. Dieser Absatzmarkt kann doch für die EU-Konkurrenz nicht lukrativ sein.
Lukrativ mit Sicherheit nicht, aber ein Ersatz für wegbrechende China-Exporte. Dort rollt gerade die nächste ASP-Welle durchs Land. Durch Panikverkäufe hat sich der Schweinepreis in China innerhalb kürzester Zeit von über 4 €/kg auf unter 2 €/kg mehr als halbiert. China hat die Importe abrupt gekürzt, sodass vor allem Spanien ein Ventil brauchte.
Die spanischen Schlachtkonzerne zahlen ihren Mästern 2 €/kg, um Verluste beim Export nach Deutschland zu machen?
Weil sie kein anderes Schlupfloch haben, aber eine gut gefüllte „Kriegskasse“. Unsere Schlachter ächzen unter immensen Corona-Kosten – bei Westfleisch 22 Mio. € von Juni bis Dezember. Auf der anderen Seite fehlt wegen ASP viel Geld aus dem Asienexport. Vor ASP erzielten deutsche Schlachthöfe mit einer „China-Lizenz“ in der Spitze zusätzliche Wertschöpfung von 20 bis 25 € je Schwein.
Hoffnungsschimmer?
Also müssen die Schweinehalter wieder mal die Zähne zusammenbeißen?
Kurzfristig sind die Aussichten düster. Kühlcontainer sind knapp und teuer, Frachtkosten hoch. Das Verbot von Werkverträgen, fehlende Flexibilität und Corona drücken unsere Schlachtbranche in die Liga der „Hochkostenländer“.
Vom Lebensmittelhandel ist nichts zu erwarten. Erfahrungsgemäß werden die Kosten bei verderblichen Lebensmitteln in der Kette nach unten durchgedrückt. Als Letztes trifft es die Sauenhalter. Denn die Druckwelle auf dem Schweinemarkt macht vor den Ferkeln nicht halt.
Das macht nicht gerade Mut für die Preisentwicklung.
Das ganze letzte Jahr mit einer Flut von Negativmeldungen über Werkverträge, Schweinestau, Schlachthofschließungen war keine Werbung für Schweinefleisch. Vom deutschen Verbraucher sind keine Impulse zu erwarten. Auch Tierwohl wird nicht der Befreiungsschlag. Qualitäten der Haltungsform 3 und 4 werden allenfalls in „homöopathischen“ Dosen gekauft. Sollten die Chinesen zum Herbst wieder mehr Fleisch benötigen, kann sich die Marktlage rasch bessern – zumindest ein kleiner Hoffnungsschimmer.
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