Gegen den Trend hat Sebastian Ermann zuletzt viel Geld in die Sauenhaltung investiert. Der Landwirt aus Senden hat seinen Bestand im vergangenen Jahr von 750 auf 1750 Sauen aufgestockt. „Viele Schweinehalter haben das Handtuch geworfen. Das ist traurig für die Branche. Aber mich hat es motiviert“, gesteht der 32-Jährige vor rund 100 Berufskollegen auf dem Rheinischen Schweinetag in Kleve.
Viel Licht und Luft im Stall
Lange Wege, kleine Abteile, niedrige Decken – das wollte Ermann nicht mehr. Und das wollte er auch seinen Angestellten und Azubis nicht mehr zumuten. Zwar werden auch die Altgebäude weiter genutzt. Die neuen Ställe aber folgen dem Prinzip „Dach gleich Decke“. Das macht sie luftig. Die Lichtbänder bringen viel natürliches Licht ins Innere. „Mir ist wichtig, dass die Mitarbeiter zufrieden sind. Immerhin verbringen sie täglich viele Stunden im Stall“, sagt Ermann.
Viel selbst machen
Gemeinsam mit seinem Vater beschäftigt der junge Mann inzwischen acht Mitarbeiter. Fünf davon arbeiten vorwiegend mit den Tieren, drei eher draußen auf den Baustellen des Betriebes. „Wir machen viel selbst“, betont er. So schraube sein Team dieser Tage die neue Photovoltaik-Anlage aufs Dach.
Um den Arbeitsplatz Stall auch optisch attraktiv zu gestalten, galt beim Neubau die Devise: möglichst wenig Eisen, damit mehr von den Sauen und Ferkeln zu sehen ist. Zudem setzt Ermann auf den Wochenrhythmus. Weil dabei die anfallende Arbeitsmenge recht konstant ist, kann er den Mitarbeitern relativ flexible Arbeitszeiten einräumen. Aufenthaltsräume im Garten, einfache Technik sowie automatisiertes Tierwohl mittels einer Strohdusche für die tragenden Sauen runden sein „Mitarbeiter-Wohlfühlpaket“ ab.
Lange warten vor Baubeginn
Stolze fünf Jahre mussten Ermanns warten, bis sie die Baugenehmigung in der Tasche und das Okay aller Ämter hatten, um mit dem Bau starten zu können. „Aus heutiger Sicht war das Glück“, betont Sebastian Ermann. Denn dadurch konnten die Baupläne an mehreren Stellen noch an die neue Haltungsverordnung angepasst werden. „Zum Beispiel waren die Abferkelbuchten ursprünglich mit 6 m2 genehmigt. Jetzt haben wir 6,55 m2 und sind damit auf der sicheren Seite“, freut sich der zweifache Familienvater.
Bewegungsbuchten mit Blick zum Gang
Die 80 Abferkelbuchten pro Abteil sind als Bewegungsbuchten ausgeführt. Die Sauen stehen mit Blick zum Gang. Vorn neben dem Kopf ist das Ferkelnest angeordnet. Das erlaubt eine gute Tierkontrolle. Verbesserungspotenzial sieht der Landwirt in puncto Saugferkelverluste. Er schätzt, dass diese allein durch Erdrücken nach Öffnen des Ferkelschutzkorbs um drei Prozentpunkte erhöht sind.
„Hier müssen wir noch dazulernen. Ich gehe aber davon aus, dass wir das in den Griff bekommen und im nächsten Jahr wieder bei 10 bis 13 % Ferkelverluste landen werden“, gibt sich Ermann zuversichtlich. Als konkrete Maßnahme ist geplant, an der Rückwand jeder Bucht noch ein Ferkelschutzrohr anzubringen.
Sauen fressen vom Boden
Gute Erfahrungen hat Sebastian Ermann mit der Bodenfütterung gesammelt. Im Wartebereich rieselt das Futter über Volumendosierer auf eine planbefestigte Fläche. Er sieht darin mehrere Vorteile: So hat der Betrieb nicht nur die Anschaffungskosten für Trogschalen und Ablaufrohre gespart. Ohne Tröge ist auch die anrechenbare Stallfläche viel größer. Gleichzeitig vergrößert sich die Fressfläche für die Sauen.
„Rangniedere Tiere können ihr Futter in zweiter Reihe aufnehmen und müssen nicht warten. Das bringt mehr Ruhe in den Stall und wirkt dem Auseinanderwachsen entgegen“, hat Ermann beobachtet. Auch die Futterverluste schätzt er nicht höher ein als bei Trogfütterung.
Bis 2024 möchte der Betriebsleiter die Leistungen von aktuell 30,5 auf 34 verkaufte Ferkel pro Sau und Jahr steigern. Um den Gesundheitsstatus der Herde zu optimieren, ist der Einstieg in die Eigenremontierung geplant. Ein weiteres Ziel von Sebastian Ermann ist es, mit den festen Mästern eine Qualitätsfleisch-Vermarktung zu etablieren.
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