Milcherzeugung

Milchviehhaltung: Rentabilität und Kosten im Blick haben

Milchviehbetriebe müssen überdurchschnittlich gut sein, um bestehen zu können. Aber was macht einen finanziell erfolgreichen Milcherzeuger aus?

Aktuell sind die Milchpreise gut, aber die Produktionskosten extrem hoch. Damit wird das Produktionsrisiko in der Zukunft noch deutlich größer als in der Vergangenheit. „Das bereitet Milcherzeugern Kopf zerbrechen. Deshalb hören immer noch mehr Betriebe auf“, sorgte sich Bernd Lührmann, Unternehmensberater der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, beim Fruchtbarkeitsseminar der Rinder-Union West (RUW) in Haus Riswick, Kleve.

„Wer langfristig überleben will, muss vorne mitschwimmen. Man muss nicht zu den Top 10 % gehören, aber es schadet auch nichts“, machte Lührmann deutlich. Dafür ist wichtig Kosten, Rentabilität und vor allem die Liquidität im Griff zu haben.

Finanziell erfolgreich

Aber was macht überhaupt finanziell erfolgreich? Es gibt einige aussagekräftige Parameter, erläuterte der Unternehmensberater vergangene Woche. So sind sechs Faktoren für 85 % der Rentabilität der Milchviehbetriebe verantwortlich:

  • Die größten Auswirkungen auf den finanziellen Erfolg hat der Somatische Zellgehalt in der Milch (Eutergesundheit). „Das scheint auf den ersten Blick verwunderlich, aber auf den zweiten logisch. Denn bei hohem Zellgehalt tauchen Probleme mit der Tiergesundheit auf und die Milchleistung sinkt“, erklärte Lührmann.
  • Entscheidend ist die energiekorrigierte Milchleistung pro Kuh bzw. die Menge an verkaufsfähiger Milch je Tier.
  • Ein großer Kostenpunkt sind Totverluste bei Kühen. Gerade momentan gibt es gute Erlöse für Schlachtkühe.
  • Die Nettobestandsergänzungskosten spielen eine wesentliche Rolle für die Rentabilität. „Das sind die Kosten für den Ersatz einer Altkuh, sprich die Differenz zwischen den Kosten für die Färsenaufzucht und den Erlös für die Schlachtkuh“, sagte der Berater.
  • Auch die Trächtigkeitsrate muss stimmen.
  • Die Überlebensrate der Färsen in der ersten Laktation ist ebenfalls zielführend für den wirtschaftlichen Erfolg. Denn wenn Tiere in der ersten Laktation schon abgehen, ist die Aufzucht im Verhältnis viel zu teuer.

Insgesamt werden Milchviehbetriebe immer technisierter. „Dinge, die mir vor fünf Jahren noch undenkbar erschienen, erscheinen mir nun denkbar“, sagte Lührmann nachdenklich. Als Beispiel nannte er einen automatisierten Milchmengenplan für Molkereien bei dem der Tank auf den Betrieben meldet, wie viel Milch abholbereit ist.

Sensorsysteme – Fluch oder Segen?

Auch Sensorsysteme machen künftig für einige Milchviehhalter Sinn. Aktuell liegen die Jahreskosten pro Kuh bei etwa 39 €. Aber sind Sensorsysteme nun mehr Fluch oder Segen? Von Nachteil könnte der zusätzliche Investitionsbedarf sein, die Verlässlichkeit und Sicherheit der Technik sowie der Zeitaufwand der Dateninterpretation.

Problematisch sind in Lührmanns Augen momentan noch die erschwerte Auswertungs- und Interpretationsmöglichkeiten der verschiedenen Systeme. „Ideal wäre eine parameterübergreifende Analyse mit konkreten Hinweisen und Handlungsempfehlungen.“ Trotzdem wertet er Sensorsysteme insgesamt als Segen. Denn

  • es ist eine weitere Intensivierung des Managements möglich: Es können genauere und individuellere Tierdaten in Echtzeit erhoben werden. „Die Kühe, die wir aktuell im Stall haben, können alle jährlich 10 000 kg Milch geben. Aber wir müssen noch genauer schauen, wo die Flaschenhalsprobleme sind“, so der Experte. Das Flaschenhalsproblem bestimmt in der Milcherzeugung den Output. „Das bedeutet mehr Input bringt nichts, sondern das Problem muss gefunden, analysiert und abgestellt werden.“ Das können zum Beispiel die Verbesserung der Fruchtbarkeit oder die Verbesserung der Gestaltung der Liegeboxen sein. „Dabei ist die Konzentration auf das Wesentliche erfolgreicher als Perfektion“, betonte Lührmann. Es sei wichtig zu starten, Systeme zu verbessern und zu verändern. „Das ist ein dynamischer Prozess.“
  • die Effizienz der Milcherzeugung erhöht sich: Bereits geringe Kostenreduktionen und Leistungssteigerungen rechnen sich.
  • die Verbesserung der Tiergesundheit wird dadurch realistischer: Die Kombinationen von Parameterabweichungen weisen frühzeitig auf gesundheitliche Beeinträchtigung der Kühe hin.
  • mit Sensorsystemen kann die Wirtschaftlichkeit der Milcherzeugung gesteigert werden.

Das Fazit für Lührmann: Landwirte können und wollen die anstehenden Herausforderungen meistern. Dabei werden Sensorsysteme wichtiger. Allerdings fordert er, dass Hersteller Schnittstellen zwischen den verschiedenen Systemen frei geben. Dann profitieren Landwirte wirklich.

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