Versorgung mit GVO-freien Lebensmitteln unrealistisch
Futtermittelhersteller bemühen sich um Ersatzprodukte für Eiweißfuttermittel wie Raps- oder Sojaschrot. Derzeit stehen allerdings nicht viele Alternativen zur Verfügung. Heimische Leguminosen sollten den Weg in den Trog finden.
Unser Anspruch ist es, eine gute Tierernährung mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln sicherzustellen. Dazu müssen alle innovativen Möglichkeiten genutzt werden.
Raps, Soja und Mais können generell durch Importe aus anderen Ländern ersetzt werden. Wir hoffen, dass die Anbauflächen erhöht werden und damit weltweit mehr Ware zur Verfügung steht.
Rohstoffmärkte gut versorgt
Die Rohstoffmärkte sind jedoch entgegen vielfacher Spekulationen vorläufig gut versorgt. Im Einzelfall kann es zu Versorgungsengpässen kommen, so auch bei GVO-freier Ware. Auch wenn sich die Futtermittelwirtschaft in Deutschland vom heimischen Markt bedienen kann, insbesondere in der ökologischen Erzeugung, ist sie auf zusätzliche Importe angewiesen. Denn die Verlagerung von weltweiten Lieferströmen übt auch einen Sog auf die für Deutschland eigentlich eingeplanten Mengen aus, ob wir es wollen oder nicht.
Bei den aktuell veränderten Rahmenbedingungen (Ukraine fällt weiterhin aus) ist eine langfristige Versorgung mit GVO-freien Lebensmitteln nicht realistisch. Darauf müssen sich die Marktbeteiligten einstellen und ihre Liefer- und Produktstrategie anpassen.
Generell ist es für Rinderhalter immer gut, sich mit Verträgen abzusichern. Dabei muss man den richtigen Zeitpunkt finden. Derzeit sind die Entwicklungen schwer überschaubar. Am Ende soll die Vereinbarung für alle Beteiligten wirtschaftlich sinnvoll sein.
Ausreichend GVO-freies Futter auf dem Markt
Nach unseren Marktrecherchen gibt es nach wie vor ausreichend gentechnikfreies Proteinfutter wie Raps- und Sojaschrot. Die Abhängigkeit von ukrainischen Importen hält sich im Rahmen. Insbesondere Rapsschrot ist demnach aktuell durchaus verfügbar. Bei Raps ist der für den Export nach Deutschland vorgesehene Teil der Ernte 2021 aus der Ukraine bereits vollständig ausgeliefert worden. Bisher stammten bei Rapssaat etwa 10 % der in Deutschland verarbeiteten Gesamtmenge aus der Ukraine. Ob und wie ein möglicher teilweiser oder vollständiger künftiger Ausfall dieser 10 % kompensiert werden kann, hängt von vielen Faktoren ab, unter anderem der weiteren Entwicklung des Krieges und der deutschen Rapsernte 2022. Aktuell gehen Marktexpertinnen und -experten von etwa 70 % des normalen Ernteniveaus im Durchschnitt aller Kulturen in der Ukraine aus.
Auch gentechnikfreies Sojaschrot ist in Deutschland derzeit ausreichend verfügbar. Hier betrug der Anteil der Importe aus der Ukraine und Russland zuletzt etwa 9 % der Gesamtmenge. Anpassungen der Futterrationen aus vorhandenen Rohstoffen als Lösung für mögliche künftige tatsächliche Engpässe können am besten Landwirtinnen und Landwirte selbst gemeinsam mit der Futtermittelbranche entwickeln.
Die Verfügbarkeit ist also derzeit gegeben, aber es gibt tatsächlich einen deutlichen Preissprung, der ein großes Problem für die Betriebe darstellt. Das betrifft alle Futtermittel, auch konventionelle. Die Preisdifferenz zu gentechnikfreier Ware ist bei Sojaschrot zuletzt sogar gesunken. Die Landwirte und Landwirtinnen dürfen nicht auf diesen Mehrkosten sitzenbleiben. Hier setzen wir auf Solidarität entlang der Wertschöpfungskette, die Kosten müssen weitergegeben werden können.
Ob einzelne Molkereien vorübergehend aus der gentechnikfreien Produktion aussteigen, müssen sie selbst entscheiden. Wir bereiten derzeit in enger Abstimmung mit den Beteiligten Regelungen für den Fall möglicher künftiger Engpässe oder Nichtverfügbarkeiten vor. Ziel ist, die Versorgung der Tiere stets sicherzustellen und zugleich dafür zu sorgen, dass die Unternehmen möglichst im VLOG-System bleiben können. Wenn eine gentechnikfreie Fütterung nicht durchgehend möglich sein sollte, muss immer eine transparente Information der Verbraucherinnen und Verbraucher gewährleistet werden. Bei der Haltungsform 3 gibt es bisher keine Signale vom Handel dafür, dass die Anforderung der gentechnikfreien Fütterung ausgesetzt wird.“
Auf nachhaltiges Soja setzen
Sicher ist, dass es fatal wäre, jetzt in der Rindermast an Eiweißfuttermitteln zu sparen. Denn die Leistung im Stall ist durch nichts zu ersetzen.
Generell ist Deutschland mit seiner GVO-freien Fütterung in einer Nische. Kein anderes EU-Land, abgesehen von Österreich, setzt auf GVO-freie Ware. Deshalb ist jetzt ein Umdenken erforderlich! Das neue Thema ist Nachhaltigkeit. Deshalb muss jetzt nachhaltig angebautes Soja ins Gespräch kommen. Eine nachhaltige Eiweißversorgung sollte in den Haltungsformen des Handels anstelle der GVO-freien Fütterung auftauchen. Diese Chance sollten jetzt alle ergreifen!
Fütterung: Unsicherheiten dominieren
Auf unbestimmte Zeit fallen die Ukraine und Russland als Lieferanten für den europäischen Futtermarkt im bisherigen Umfang aus. Die Ukraine zählte bisher zu einem der wichtigsten Produzenten und Lieferanten GVO-freier Rohstoffe wie Raps oder Soja. Nach aktuellen Markteinschätzungen scheint eine Versorgung mit GVO-freien Futtermitteln maximal bis zur nächsten Ernte gesichert, vereinzelt gibt es jetzt schon Engpässe. Eine darüber hinausgehende valide Einschätzung ist aufgrund diverser Unsicherheitsfaktoren aktuell nicht möglich.
Im Handel überwiegt der Anteil von Milchprodukten, die mit der „ohne Gentechnik“-Kennzeichnung vermarktet werden. Die Engpässe bei „gentechnikfreien“ Futtermitteln stellen die gesamte Lieferkette, insbesondere auch die Molkereien, vor enorme logistische Herausforderungen. Aufgrund der enormen Kostensteigerungen ist absehbar, dass entsprechende
Produkte nicht mehr flächendeckend angeboten werden können. Eine Streichung der Anforderungen für die Haltungsform-Stufe 3 des Handels hilft kurzfristig nicht weiter, da in dieser Stufe bislang nur geringe Milchmengen angeboten werden.
Wir befinden uns in stark volatilen Märkten. Kontrakte bieten die Möglichkeit zur langfristigen Preisabsicherung. Letztendlich muss aber jeder Rinderhalter unter Betrachtung der verfügbaren Marktinformationen im Einzelfall entscheiden, ob er Kontrakte abschließen möchte.
Rinderhalter sollten ihre Tiere jederzeit bedarfsgerecht versorgen. Komponenten der Fütterung können zwar durch gleichwertige Alternativen in der Ration ersetzt werden, allerdings muss dazu der Fütterungsplan betrachtet und in Rücksprache mit Fütterungsberatern angepasst werden. Wird der Kraftfutteraufwand kurzfristig gemindert, kann dadurch ein Rohprotein- und Energiemangel der Tiere provoziert werden. Folgen können dann nicht nur ein Abfall der Milchleistung, sondern auch ein Ungleichgewicht im Stoffwechsel sein. Das zieht negative Auswirkungen auf die Tiergesundheit nach sich.
Vor der Suche nach Ersatzprodukten sollte das betriebseigene Grundfutter analysiert und die Ration berechnet werden. Eine mögliche Alternative zu Raps- und Sojaschrot können feuchte Getreideschlempen sein. Hierbei handelt es sich um Nebenprodukte aus der Bioethanol- oder Alkoholherstellung aus Weizen- oder Mais. Um bei diesen Produkten Fütterungsfehler zu vermeiden, müssen mögliche hohe Gehalte an Säuren beachtet werden.
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