Milchkuhfütterung

Kein Protein verschwenden

Eiweiß ist für Kühe wichtig: für eine hohe Milchleistung bei gleichzeitig niedrigen Emissionen. Prof. Katrin Mahlkow-Nerge zeigt, wo Grenzen und Möglichkeiten in der Fütterung von Milchkühen liegen.

Wir haben Mittel und Möglichkeiten, die Emissionen unserer Kühe zu reduzieren. Das kann unserem Geldbeutel sogar guttun.“ Das sagte Prof. Dr. Katrin Mahlkow-Nerge von der Fachhochschule Kiel. Sie plädierte auf der Futterbautagung der Landwirtschaftskammer NRW vergangene Woche in Lüdenscheid für eine bedarfsgerechte Fütterung mit Proteinen. Denn ebenso wie die organische Düngung hat auch die Fütterung einen maßgeblichen Einfluss auf die effiziente Nutzung von Nährstoffen.

Parameter in der Milch

Etwa 6,4 Cent/kg Milch kostet die Proteinergänzung. Das ergab eine Auswertung vom Lehr- und Versuchsgut Köllitsch in Sachsen. Die Basis sind Kühe mit etwa 650 kg Lebendmasse und einer täglichen Milchleistung von 33 kg mit 3,4 % Eiweiß. 55 % des Futterproteins stammen aus Eiweißkraftfutter-Komponenten wie Extraktionsschroten oder Körnerleguminosen. Auch, wenn die Proteinversorgung teuer ist, scheiden Kühe einen großen Teil des aufgenommenen Stickstoffs (N) über Kot und Harn wieder aus. „So richtig effizient ist das nicht“, so Mahlkow-Nerge. „Doch wir können die Versorgung mit Proteinen weiter senken, ohne negative Konsequenzen.“

Wir können die Versorgung mit Proteinen weiter senken, ohne negative Konsequenzen."

Als brauchbaren Parameter für die Kontrolle sieht sie den Harnstoffgehalt in der Milch. Denn ein steigender Milchharnstoffgehalt steht im Zusammenhang mit steigen-den Ammoniak-Emissionen. Daher eignet sich der Wert nicht nur für die Kontrolle der Futterproteinversorgung, sondern auch für die Bewertung der N-Ausscheidungen in einer Herde.

„Zu meiner Ausbildungszeit in den 1980er-Jahren waren Milchharnstoffgehalte von rund 280 mg/l normal. Mittlerweile ist bekannt, dass 150 bis 170 mg/l nicht leistungsdepressiv sein müssen“, ­sagte die Professorin für Tier­ernährung. Das zeigen auch die N-Ausscheidungen in Schleswig Holstein: Lagen sie 1999 noch bei 15,5 g je kg energiekorrigierter Mich (ECM) und Lebenstag, ist dieser Wert 2022 auf 11,8 g/kg ECM gesunken.

Negative RNB ist okay

Ein Überschuss von Stickstoff im Pansen wird über die Leber entgiftet. Das ist nicht nur eine ineffiziente Nährstoffnutzung, sondern auch eine zusätzliche Belastung der Organe. Der Milchharnstoff­gehalt reagiert auf die ruminale Stickstoff-Bilanz (RNB) im Pansen. Er ist ein theoretischer Wert, der Aufschluss über das Verhältnis von Energie und Proteinen im Pansen gibt. Eine RNB von 0 g/kg TM entspricht einem Milchharnstoffgehalt von etwa 200 mg/l. „Gewünscht ist weder ein Überschuss noch ein Mangel“, sagte Mahlkow-Nerge. „Doch wo genau ist die Grenze, um Ausscheidungen zu minimieren?“

Oberste Priorität hat laut der Wissenschaftlerin die bedarfsdeckende Versorgung mit nutzbarem Rohprotein (nXP). Trotzdem ist eine Senkung der RNB auf einen Wert von –1,5 g/kg Trockenmasse (TM) möglich, ohne Leistung zu verlieren. Denn Milchkühe haben eine Selbstregulation. Das bedeutet, sie können sich bei leichtem N-Mangel etwa 10 % des aufgenommenen Stickstoffs aus Blut und Speichel wiederholen. Deshalb ist es möglich, die RNB beispielsweise von 0,6 auf –1,7 g/kg TM zu senken. Das senkt ebenfalls den Milchharnstoffgehalt um durchschnittlich 40 bis 50 mg/l und die N-Ausscheidungen um mehr als 10 kg je Kuh und Jahr.

Das zeigt die Praxis

Ein Versuch des Lehr- und Versuchsgut Köllitsch in Sachsen zeigt die Fütterungsumstellung einer Milchviehherde:
- Bis 2014: 17 bis 18 % Rohprotein (XP) in der TM der Mischration.
- Ab 2015: Reduzierung des XP-Gehaltes um 2 Prozentpunkte. RNB lag dann bei –2 g/kg TM. Gehalt an nXP gleichbleibend.
- Die Milchleistung je Kuh und Tag war unverändert bei etwa 30 kg ECM.
- Der Milchharnstoffgehalt fiel von etwa 250 auf 170 mg/l.
- Der N-Überschuss sank von etwa 30 auf 5 kg je Kuh und Jahr.

Fütterungsexpertin Mahlkow-Nerge fasste zusammen: „Je besser die Haltungs- und Fütterungsbedingungen sind, desto besser ist die Pansengesundheit und umso stärker lässt sich die RNB senken.“ Das Ziel sind ihrer Meinung nach 15 % Rohprotein in der TM. Dennoch hat die Versorgung mit nXP oberste Priorität. Mit Futteranalysen können sich Landwirtinnen und Landwirte herantasten, um die Rationsberechnungen möglichst genau zu gestalten. Den Feinschliff müssen sie von den Reaktionen ­ihrer Kühe abhängig machen und wenn nötig nachjustieren.