Serie: Premiumprodukt Kalbfleisch

Kälbermäster sind echte Profis

Mit zwei bis drei Wochen verlassen männliche Tiere den Milchviehbetrieb. Viele von ihnen kommen in Ställe von spezialisierten Kälbermästern.

Die kleinen schwarzweißen Köpfe senken sich über den langen, silbernen Trog. Milch sprudelt aus einem Rohr hinein. Schlagartig ist kein Blöken mehr zu hören, stattdessen schlürfende und schmatzende Geräusche. Wenige Minuten später ist der Trog blitzblank. Die Kälber heben ihren Kopf und gucken erwartungsvoll Richtung Wagen mit Raufutter. Eine Mischung aus Stroh, Getreide und Eiweißpflanzen wird in den zweiten Trog gefüllt. Von dem Raufutter gibt es reichlich. Das ist seit vielen Jahren Standard in deutschen Kälbermastställen.

Der Betriebszweig ist hoch spezialisiert. Jährlich wachsen etwa 280.000 Kälber auf den Höfen von 130 Landwirten auf, die der Kontrollgemeinschaft Deutsches Kalbfleisch (KDK) angehören. Die Mäster bewirtschaften 360 QS-zertifizierte Betriebe. Die meisten davon sind in NRW und Niedersachsen zu finden, nur wenige in anderen Bundesländern. In den Ställen sind vorwiegend männliche Holstein Friesian (HF), aber auch einige weibliche Kreuzungstiere zu Hause. Sie stammen aus Milchviehbetrieben.

Kontrolliert und organisiert

Für ein Familieneinkommen in der Kälbermast sind Bestandsgrößen von 700 bis 1000 Mastplätzen notwendig. Kälbermast findet überwiegend in geschlossenen Ställen statt, so können die klimatischen Verhältnisse dem Alter der Tiere entsprechend angepasst werden. In den neueren Ställen arbeiten die Landwirte mit einem Rein-Raus- Verfahren für ein Abteil oder den ganzen Stall. Die Tiere sind nach Altersgruppen getrennt. Eine Mastperiode dauert etwa sieben Monate.

Kälber kommen im Alter von zwei bis drei Wochen auf den Betrieben an. Sie wiegen dann etwa 50 kg und verbringen die ersten drei bis vier Wochen in Einzelboxen. Diese Zeit ist für Landwirte besonders arbeitsintensiv. Die Tiere stammen von vielen verschiedenen Betrieben und haben einen unterschiedlichen Immun- und Fütterungsstatus. Das müssen die Mäster in den ersten Wochen auf einen Nenner bringen. Deshalb ist die Einzeltierkontrolle so wichtig.

Die Kälber stehen ungefähr von der sechsten Lebenswoche an in Gruppen. Hier auf Spalten mit Gummiauflage in einer modernen Stallanlage. (Bildquelle: Schmidtmann)

In den meisten Ställen stehen die Kälber auf Bongossi- oder Betonboden mit Gummiauflage, teilweise auch auf Stroh. Mit etwa sechs bis acht Wochen stallen die Landwirte die Tiere in Gruppen. Dabei werden die Kälber entsprechend ihrer Entwicklung und Trinkgeschwindigkeit in einheitliche Gruppen sortiert. Einem Kalb stehen etwa 1,8 m2 Platz zur Verfügung.

Fleischfarbe nach Fütterung

In Deutschland liegt die Bedeutung von Kalbfleisch vor allem auf dem hellen Fleisch. Es ist besonders zart, fein im Geschmack und besticht durch die helle Farbe. Die meisten Mäster erzeugen helles Fleisch, weil sie mit der Produktion mehr erlösen als mit Roséfleisch. Die Farbe des Fleisches lässt sich über die Fütterung steuern.

Bei der Produktion von hellem Fleisch werden Kälber über die gesamte Mastperiode mit Milchaustauscher getränkt. (Bildquelle: Schildmann)

Für die Produktion von hellem Fleisch bekommen die Kälber im Mastbetrieb zu Beginn etwa 2,5 kg Milchaustauscher (MAT) täglich. Die Menge wird nach und nach gesteigert. Die Tiere nehmen über die ganze Mastperiode bis zur Schlachtung laut Kontrollgemeinschaft Deutsches Kalbfleisch rund 280 kg MAT auf. Zudem ist für die helle Fleischfarbe der Eisengehalt im Futter von Bedeutung. Die Mäster der sogenannten Milchkälber nutzen Futtermittel mit relativ niedrigen Eisengehalten, denn Eisen macht das Fleisch dunkler. Allerdings sind die Eisengehalte hoch genug, um den physiologischen Bedarf der Kälber zu decken. Im Gegensatz zu früher erhalten Milchkälber auch von Anfang an Raufutter zur freien Aufnahme. Das Grobfutter besteht aus entstaubtem Stroh, Getreide, Eiweißpflanzen und Lieschkolbenschrot. Insgesamt frisst ein Kalb in seinem Leben rund 350 kg Raufutter.

Rosémäster entwöhnen die Kälber früher von der Milch. Sie bekommen von der zehnten Lebenswoche an eine Ration aus Raufutter und Kraftfutter. So sind die Futterkosten deutlich geringer als bei den hellen Kälbern. Ein Rosékalb nimmt während des Mastdurchgangs etwa 45 kg MAT auf.

Integrierte Unternehmen

Mit sieben bis acht Monaten sind die Kälber schlachtreif. Als Kalb gilt ein Rind bis zum Alter von acht Monaten. Ein Kalb hat dann ein Lebendgewicht zwischen 270 und 300 kg erreicht, bei gewünschten Tageszunahmen von 1200 bis 1300 g. Die Ausschlachtung liegt bei etwa 53 %.

Nur die Unternehmen Westfleisch, Brüninghoff, Bahlmann, Vollertsen und Vion schlachten Kälber. Brüninghoff und Bahlmann haben unter anderem „eigene“ Kälbermäster. Das ist die nächste Besonderheit in der Branche: Es gibt nur noch etwa 70 freie Kälbermäster in der Bundesrepublik. Die sogenannten freien Mäster tragen im Gegensatz zu den Vertragsmästern das volle unternehmerische Risiko selbst. Sie entscheiden, wann und wohin sie ihre Kälber verkaufen. Alle anderen sind Vertragsmäster. Diese sollen ihre Kälber in der Regel zu den Saisonhöhepunkten Ostern und Weihnachten fertig haben. Freie Mäster berichten, dass sie ihre Kälber auch gut zu anderen Zeitpunkten im Jahr verkaufen können.

Premiumprodukt Kalbfleisch

Kalbfleisch gilt als Premiumprodukt und ist im Hochpreissegment beheimatet. So findet man die Kunden auch eher in wohlhabenden Regionen oder Stadtteilen. In Deutschland wird Kalbfleisch etwa zu je 25 % an den Lebensmitteleinzelhandel und an weiterverarbeitende Betriebe verkauft. Die andere Hälfte findet Absatz in der Gastronomie oder im Metzgerhandwerk. Deshalb hat auch die Corona-Pandemie die Branche eiskalt erwischt. Die Preise sind um Ostern um mehr als 1 €, auf 3,50 € abgestürzt. In normalen Zeiten erhalten Mäster für 1 kg helles Fleisch 4,70 € bis 5 €.

Nur langsam scheint sich das edle Fleisch auch als Grillware oder für die Zubereitung im normalen Haushalt zu etablieren. Deshalb suchen wir bodenständige Rezepte:

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Kalbfleisch ist ein Premiumprodukt, das seinen Platz sowohl in der Spitzengastronomie als auch im Alltag hat. Aber oft fehlen die Kochideen. Haben Sie ein Rezept für Kalbfleisch in Ihrem Rezeptordner? Dann schicken Sie es uns. Die Kontrollgemeinschaft Deutsches Kalbfleisch (KDK) und das Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben möchten zeigen, dass die Küche mit Kalbfleisch vielseitig, unkompliziert und vor allem alltagstauglich ist. Eine Jury aus Koch-Experten wird die interessantesten Einsendungen auswählen und prämieren. Dabei winken Geldpreise von bis zu 500 €. Insgesamt sind Prämien von mehr als 2000 € ausgelobt.
Hier geht´s zum Rezeptwettbewerb.

Hier finden Sie Informationen zur Zubereitung von Kalbfleisch.

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