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Kälber und Fresser: In Zukunft nur auf Spalten mit Gummimatten

Die Haltung von Kälbern und Fressern auf Spaltenböden ist zukünftig nur noch mit elastischen Auflagen möglich. Was bietet der Markt und was sagen Praktiker?

Wie sieht die Liegefläche von Kälbern und Fressern zukünftig aus? Kälbern mit einem Alter von weniger als sechs Monaten muss künftig ein trockener und weicher oder elastisch verformbarer Liegebereich zur Verfügung stehen. Das besagt der Bundesratsbeschluss vom 3. Juli dieses Jahres zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung. Der Beschluss gilt vom Zeitpunkt der Verkündung an für Neubauten sowie für bereits genehmigte Ställe. Die Übergangsfrist beträgt drei Jahre.

Nach Verkündung des Bundesratsbeschluss zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung müssen Kälbermäster ihre Ställe innerhalb von 3 Jahren mit Gummiauflagen nachrüsten. (Bildquelle: Schmidtmann)

Als weich oder elastisch verformbar gelten, laut Verordnung, nachgiebige Gummibodenbeläge oder Einstreu. Das hat für Betriebe mit Betonspalten- oder Bongossiböden finanzielle Konsequenzen.

Mit dem Blick nach vorne
Die Kontrollgemeinschaft Deutsches Kalbfleisch (KDK) ist bereits eine Selbstverpflichtung eingegangen. Diese besagt, dass Mäster bei Neu- und Umbauten Spaltenböden mit Gummiauflagen versehen müssen. Das wurde auch in der QS-Leitlinie für die Kälbermast festgehalten.
Einige Landwirte haben ihre Spaltenböden bereits mit Gummiauflagen nachgerüstet. Die meisten Auflagen sind bisher allerdings in Neubauten zu finden.
Viele Praktiker haben gute Erfahrungen gemacht. Einige berichten von besserer Tiergesundheit und Mobilität. „Die Tiere liegen und bewegen sich mehr.“ Andere klagen aber auch über verschmutztere Tiere und verschlechterte Luftqualität. Anders als in der Bullenmast scheint die Befestigung der Auflagen unproblematisch zu sein.

Was bietet der Markt?

Es gibt viele Hersteller und Varianten von elastischen Bodenbelägen auf dem Markt. Wir haben uns einige näher angeschaut:

Auflagen für Spaltenböden decken Spalten und die Stege dazwischen mit Gummi ab. Die elastischen Auflagen bestehen je nach Hersteller aus verschiedenem Material. Kraiburg und Easyfix-Livestock Comfort nutzen neuwertiges Gummi, Animat arbeitet mit Recyclinggummi von gebrauchten Autoreifen, DeLaval mit einer haltbaren Naturgummimischung. I.C.E ComfortSlatMat verwendet im Gegensatz zu den anderen Herstellern gar kein Gummi, sondern Thermoplastik aus verschiedenen synthetischen Kunststoffen.

Fast alle Matten lassen sich mit Keilen oder Dübeln befestigen. Sie werden entweder separat mit den Gummiauflagen verschickt oder sind bereits an der Unterseite der Matte angebracht. Die Keile lassen sich mit einem Hammer in die Spaltenschlitze schlagen, bereits an der Unterseite integrierte Keile lassen sich mit dem Hammer in die Spaltenschlitze drücken. Sie verzahnen sich dann im Spaltenboden und verhindern das Verrutschen der Matten. ComfortSlatMat hat ein anderes System: Die grünen Matten werden über die Roste gestülpt.

Altgebäude nachrüsten

Auch Altgebäude mit Betonspalten- oder Bongossiboden lassen sich nachrüsten. Fast alle Unternehmen bieten maßgefertigte Spaltenauflagen an. Die Matten werden dann nach vorherigem Ausmessen genau auf die vorhandenen Spalten angepasst. Einige Hersteller betonen, dass es wichtig ist, die Spaltenböden vorher gründlich zu reinigen. Easyfix und DeLaval empfehlen die Matten beim Nachrüsten von Bongossispalten zusätzlich mit Edelstahlschrauben zu befestigen.

Landwirte sollten vor dem Nachrüsten abwägen, ob der Spaltenboden noch genügend Lebenszeit für einen neuen elastischen Belag hat. Denn die maßgefertigten Gummimatten sind nur auf den jeweiligen Spaltenboden zugeschnitten und können nicht ohne Weiteres auf einen anderen gelegt werden.

Auf der Spaltenummantelung von I.C.E sind die Kälber sauber. (Bildquelle: Beneke)

Zudem sind aus der Praxis teilweise besorgte Stimmen zu hören: Bisher waren Spaltenschlitze von 2,5 cm erlaubt, mit elastischer Auflage darf die Schlitzweite 3 cm betragen. Die maximale Schlitzbreite ist unbedingt notwendig, damit die Tiere nicht verschmutzen. Das bedeutet, dass alte Spaltenböden mit 2,5 cm Schlitzbreite ausgewechselt werden müssten, damit das Spaltensystem weiter funktioniert.

Oberflächenstruktur

Die Gummimatten der verschiedenen Hersteller unterscheiden sich in ihren Oberflächenstrukturen. Einige Unternehmen, wie Kraiburg, Easyfix, I.C.E und DeLaval bieten Auflagen mit einer gewölbten Oberfläche an. Dadurch sollen Kot und Urin schneller und besser abfließen und Tiere sowie Boden sauber und trocken bleiben. Die Kura SB von Kraiburg hat beispielsweise 5 % Gefälle zum Schlitz.

Bei Easyfix-Livestock Comfort soll zudem das Lamellenprofil an der Unterseite eine Polsterwirkung er-zeugen und das Körpergewicht der Tiere abfedern. Andere Modelle, wie von Animat, haben eine Grip-Oberfläche, die den Kälbern besonders viel Halt geben soll. Die Auflagen von Easyfix und ComfortSlatMat sollen laut Hersteller zusätzlich die Ammoniak-Emissionen im Stall reduzieren.

Landwirte können alle Auflagen in Eigenarbeit verlegen. Recycling der Auflagen ist bei drei Herstellern möglich, bei Animat und DeLaval nicht.

Insgesamt muss jeder Landwirt seine eigenen Erfahrungen machen und überprüfen, mit welchen elastischen Auflagen er mit seinen Tieren in seinem Stallsystem am besten klarkommt. Bisher gibt es kein Patentrezept.

Das sagen die Praktiker

Matthias Sicking freut sich, dass seine Tiere auf den Gummiauflagen mobiler sind. (Bildquelle: Sicking)

Matthias Sicking hält etwa 1000 Mastkälber auf seinem Betrieb in Vreden. 2012 und 2014 baute er je einen neuen Stall. Beide rüstete er mit Bongossispalten und passenden Gummiauflagen von Easyfix aus. Die Matten befestigte er mit den an der Matte angebrachten Keilen. „Wir sind zufrieden mit den Auflagen“, so der Mäster.

Durch die gewölbte Oberfläche der Matten fließen Urin und Kot gut ab. Dadurch bleiben Boden und Tiere sauber. „Die Kälber sind auf den Gummiauflagen mobiler, sie haben mehr Grip.“ Gelenkprobleme treten bei Sicking mit den Gummiauflagen kaum mehr auf.

Neben den Neubauten rüstete er auch noch einen alten Stall mit Gummiauflagen nach. Hier hat er die Matten mit Edelstahlschrauben auf dem Holzboden befestigt. „Nach vier Jahren fangen nun die ersten Schrauben an, sich zu lösen oder zu brechen. Dann verrutschen die Auflagen.“ Allerdings ist das Problem einfach zu beheben: Die Schrauben müssen ersetzt werden.

Michael Beneke probiert verschiedene Spaltenbeläge in seinen Ställen. (Bildquelle: Beneke)

Michael Beneke aus Vechta probiert in seinen Ställen Spaltenbeläge von verschiedenen Herstellern. Die Auflagen hat er bei den Endmastkälbern, sprich von der sechsten bis achten Lebenswoche an, im Stall.

2015 rüstete er einen Stall mit der I.C.E-Spaltenummantelung nach. „Dafür habe ich eine neue Bongossikonstruktion in den Stall gebaut. Das ist wichtig, weil die vorherige Schlitzweite von 2,5 cm mit Ummantelung nicht funktioniert“, erklärt der Mäster. Denn mit Gummiauflage darf die Schlitzweite 3 cm betragen. Diese ist nötig, damit die Spaltenzwischenräume nicht mit Kot verstopfen. „Mit der Ummantelung bin ich zufrieden. Die Tiere sind sehr sauber und die Luftpolsterung in den Auflagen gefällt mir gut.“ Allerdings sei das System auch teuer.

2017 und 2019 hat der Mäster zwei weitere Ställe mit einer glatten und einer gewölbten Matte von Kraiburg nachgerüstet. Im Vergleich zu den Kälbern auf der I.C.E-Ummantelung sind die Kälber auf den Kraiburg-Matten etwas schmutziger. Trotzdem ist Beneke froh: „Die Tiere liegen insgesamt mehr.“

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