Bei Erdgaskunden liegen seit dem Sommer die Nerven blank: Die Preise explodierten, zudem drohten mit der Gasumlage weitere Kosten. Viele fragten sich angesichts des Ukraine-Kriegs, ob es im Winter überhaupt genug Erdgas gibt. Gefüllte Speicher sowie Entlastung durch Gaspreisbremse und Mehrwertsteuer haben die Wogen etwas geglättet. Doch bleibt die Lage unübersichtlich, die Entwicklung labil.
Flüssiggas ist zwar auch im Preis gestiegen, aber nur um das Anderthalbfache. Und mit vollem Tank sind die Füllstandsmengen der Gasspeicher auch bei Minusgraden kein Alarmsignal. Denn Flüssiggas fällt als Nebenprodukt der Ölraffinerien stetig an. Die Umrüstung ist einfach: Bei den meisten Brennern reicht es, die Düsen zu tauschen.
Flüssiggas für 9 Cent/kWh
Der Preis hängt ab von Tankgröße, Jahreszeit und Region – und davon, ob der Tank gemietet oder gekauft wird. Dazu später mehr.
Aktuell liegt er in Nordwestdeutschland zwischen 59,5 und 67 Cent/l netto für einen 4850-l-Tank. Doch ist auch Flüssiggas nicht krisenfest: Nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs ist der Preis kurzfristig über 1 €/l gestiegen.
Der direkte Vergleich mit Erdgas ist schwierig, da die Preise hier in Cent/kWh angegeben werden. Flüssiggas hat einen Brennwert von 7,14 kWh/l. Ein Bruttopreis von 70 Cent/l entspricht 9,8 Cent/kWh. Steigt der Preis auf 85 Cent/l, ist mit 11,9 Cent/l fast die Gaspreisbremse erreicht, die den Erdgaspreis ab März deckeln soll. Sowohl für Erd- als auch für Flüssiggas gilt von Oktober 2022 bis Ende März 2024 ein reduzierter Mehrwertsteuersatz von 7 %.
1. Tank kaufen
Vom günstigen Preis profitieren nur Tankeigentümer. Mit einem Miettank ist man vertraglich an den Gaslieferanten gebunden. Und das bedeutet: kein Verhandlungsspielraum beim Preis.
„Wir raten allen Interessenten, den Gastank zu kaufen“, erklärt Jutta Hennenberg, Leiterin der Energieabteilung bei der Raiffeisen Warendorf eG. Sie registriert seit Monaten enormes Interesse von Neukunden – Gewerbetreibende, Landwirte und Privatkunden.
Die Raiffeisen Warendorf ist ein Komplettanbieter in Sachen Flüssiggas. Sie hat das einzige genossenschaftliche Flüssiggaslager in Deutschland, eigene Lieferfahrzeuge und erfahrene Monteure. Das hilft gerade Neukunden, die Beratung bei Tankauswahl, Aufstellort und Anbindung an die Heizung brauchen.
Die gängigste Tankgröße für Ställe beträgt 4850 l. Bei 85%igem Füllstand (mehr ist nicht zugelassen) entspricht das einem Brennwert von knapp 30 000 kWh. Das reicht bei einem Einfamilienhaus locker für den Jahresbedarf. Ein Sauenhalter aber müsste mehrmals im Jahr nachtanken. Bei der Aufstellung sind zahlreiche Regeln zu beachten und Abstände einzuhalten
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2. Leitung legen
Steht der Tank, muss die Leitung zum Brenner verlegt werden. Je nach Länge und Verbindungsstücken kommen Kunststoff-, Kupfer- oder Edelstahlrohre infrage. Auch bei Leitung und Wanddurchbrüchen müssen zahlreiche Vorschriften beachtet werden. Wenn der Installateur vor Ort sich nicht mit Flüssiggas auskennt, sollte man eine Fachfirma beauftragen.
Oft bietet es sich an, die Erdgasleitung hinter dem Gaszähler mit einem Endstück zu schließen. Dann wird die Flüssiggasleitung an das Reststück angeschlossen, das zum Brenner führt.
Jutta Hennenberg empfiehlt ihren Kunden, den Gaszähler nicht abzumelden und die Grundgebühr weiter zu zahlen. „Sollte Erdgas wieder günstiger werden, könnte der Kunde mit wenig Aufwand und geringen Kosten zurückwechseln“, argumentiert die Energiespezialistin. Vorteil: „Man wird nicht als Neukunde mit eventuellem Preisaufschlag eingestuft.“
3. Brenner umrüsten
Moderne Gas-Heizungen können sowohl mit Erd- als auch mit Flüssiggas befeuert werden. Oft reicht es, wenn der Installateur die Düsen wechselt. Das dauert etwa eine Stunde. Der Düsensatz kostet rund 50 €, so die Erfahrung von Jutta Hennenberg.
Bei älteren Modellen muss eventuell in die Steuerung eingegriffen werden. Welche Änderungen notwendig sind, sollte man zu Beginn der Planung mit dem Heizungsbauer besprechen.
Die Kosten für Tank, Leitung und Brennerumrüstung müssen auf den Flüssiggaspreis aufgeschlagen werden, um die beiden Energieträger zu vergleichen. Bei Investitionskosten von 6000 €, einem Abschreibungszeitraum von zehn Jahren und einem Zinsansatz von 2 % entstehen jährliche Kosten von 720 €. Bei einem Verbrauch von 70 000 kWh bzw. 9735 l Flüssiggas verursacht das Festkosten von 1 Cent/kWh. Damit ist der Preisunterschied zwischen Flüssiggas und Erdgas unterm Strich gering. Allerdings soll die Gaspreisobergrenze von 12 Cent/kWh nur für 80 % des Verbrauchs gelten. Wie Landwirte bei dem Thema behandelt werden, muss sich noch zeigen. Zudem kauft man mit Flüssiggas auch eins – Versorgungssicherheit für den Winter.
Kurz gefasst:
- Infolge der Erdgaskrise wird Flüssiggas für Tierhalter in Ortsnähe interessant.
- Die Flüssiggaspreise schwanken im Jahresverlauf. Aktuell liegen sie beim eigenen 4850-l-Tank bei 9 bis 10 Cent/kWh brutto.
- Die Mehrwertsteuer sinkt auch für Flüssiggas auf 7% bis März 2024.
- Zusätzliche Kosten entstehen durch Tank und Leitung.
- Um die Sicherheitsauflagen bei Standort, Einbau und Leitung einzuhalten, sollte man eine Fachfirma beauftragen.
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