Herdenschutz

Herden vor dem Wolf schützen

Wie müssen wolfsabweisende Zäune aussehen? Welche Maßnahmen werden gefördert? Herdenschutzberater Wolfgang Take gibt Antworten.

Herr Take, Sie sind seit Fe­bruar Herdenschutzberater bei der Landwirtschaftskammer NRW. Was ist Ihr Eindruck, wie sehr bedrückt die Rückkehr des Wolfes die Weidetierhalter?

In den in NRW ausgewiesenen Wolfsgebieten und Pufferzonen ist der Wolf natürlich ein Thema. Hier wird schon seit geraumer Zeit Herdenschutzberatung durchgeführt und Prävention betrieben. Das hilft den Tierhaltern auf konstruktive Weise, ihre Herden zu schützen.

Wolfgang Take ist Herdenschutz­berater bei der Landwirtschaftskammer NRW. (Bildquelle: LWK NRW)

Wie sieht Ihre Beratung für Weidetierhalter aus?

Wir beraten die Tierhalter in allen Fragen zum präventiven Herdenschutz auf Grundlage der Förderrichtlinie Wolf. Hier sind mobile und stationäre Zäune unser Hauptthema. Häufig beraten wir vor Ort, zum Beispiel dazu, wie man bestehende Zäune wolfsabweisend ausstatten kann.

Auch Herdenschutzhunde können für einige Schäfer eine Möglichkeit sein, allerdings spielen dabei viele Faktoren eine Rolle. Die telefonische Beratung zur Antrag­stellung bei den jeweiligen Bezirks­regierungen rundet unsere Tätigkeit ab. In den ausgewiesenen Wolfsgebieten und in den Pufferzonen sind wolfsabweisende ­Zäune maßgebend für Entschädigungsleistungen im Schadensfall. Insgesamt sind Herdenschutzmaßnahmen immer speziell auf den Betrieb und die Gegebenheiten vor Ort anzupassen.

Konkret: Was sind geförderte Herdenschutzmaßnahmen?

Nach der Richtlinie sind das Ausgaben zur Sicherung von Tierhaltungen von Schafen und Ziegen sowie von Gehegewild durch Anschaffung oder Optimierung von bestehenden Standardschutzzäunen mit Zubehör wie Weidezaungerät und Akku. Darunter fallen:

  • Mobile Zäune: Mindestens 90 cm hohe stromführende Elektronetze oder ein Zaun mit mindestens fünf stromführenden Litzen. Die untere stromführende Litze darf maximal 20 cm über dem Boden verlaufen. Die Litzen müssen über eine Spannung von mindestens 2,5 Kilovolt und 2 Joule Entladungsenergie verfügen.
  • Stationäre Zäune: Mindestens 120 cm hoch mit einem Untergrabeschutz.
  • Erhöhung und Verstärkung ­eines mindestens 90 cm hohen Elektronetzes, Litzenzaunes oder stationären Maschendrahtzaunes durch Anbringung von zum Beispiel Breitbandlitzen oder Flatterband, 30 cm über dem Zaun auf einer Höhe von mindestens 120 cm.
  • Gehegewild: Mindestens 180 cm hohes Knotengitter oder Maschendrahtzaun mit jeweiligem Untergrabeschutz.

Was müssen Tierhalter außerdem beachten, damit der Zaun der Förderrichtlinie Wolf entspricht?

Der Festzaunbau im Außenbereich kann im Einzelfall genehmigungspflichtig sein, der Untergrabeschutz an Toren und Durchfahrten muss gegeben sein, sowie eine obere Überkletterungsabwehr. Die unterste Zaunlitze bei stromführenden Zäunen darf maximal 20 cm über dem Boden sein.

Bei festen Litzenzäunen müssen die Abstände der zweiten und dritten stromführenden Litze ebenfalls 20 cm betragen. Die vierte und fünfte Litze können dann 30 cm höher angebracht werden, sodass der Zaun insgesamt 120 cm hoch ist.

Die stromführenden Litzen sind regelmäßig von Bewuchs zu befreien, damit die Leistung des Zauns nicht beeinträchtigt wird. Zusätzlich sind Einsprunghilfen in Zaunnähe zu beachten, damit der Zaun nicht aus einer höheren Position zu überspringen ist.

Werden Herdenschutzhunde auch gefördert?

Die Ausgaben zur Anschaffung und Ausbildung von geeigneten Herdenschutzhunden, wie dem Pyrenäen-Berghund oder dem Maremmano-­Abruzzese, werden in der Regel von einer Herden­größe von mehr als 100 Muttertieren an gefördert. Hier gilt es zu beachten, dass der Tierhalter auch einen Sachkundenachweis für die Haltung von Herdenschutzhunden haben oder erwerben muss. Herdenschutzhunde bedeuten neben zusätzlichen Unterhalts- und Tierarztkosten auch einen zusätzlichen Zeitaufwand und ein angepasstes Management.

Bisher gilt die Förderrichtlinie Wolf nur für kleine Wiederkäuer. Wie steht die Chance, dass auch Rinder und Pferde miteinbezogen werden?

Hierüber entscheidet das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz anhand der Gefährdungslage.

Wölfin „Gloria“ hat bereits mehrfach bewiesen, dass sie vermeintlich wolfssichere Zäune überspringt. Gibt es in Ihren Augen einen wolfssicheren Zaun?

Wir beraten die Tierhalter zu präventiven wolfsabweisenden Zäunen. Es ist sehr wichtig, dass die Ausführungen der Förderrichtlinie Wolf entsprechen. Hier ist insbesondere auf den Untergrabeschutz und die stromführenden Litzen hinzuweisen. Bei sachgerechter Montage und Betrieb eines Elektrozaunes entsprechend der Förderrichtlinie wird ein möglicher Eindringling schmerzhafte Erfahrungen machen und sich von den Zäunen fernhalten.

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