Drei Fragen an Dr. Jochen Krieg, Fütterungsexperte der Landwirtschaftskammer NRW
Aus der Praxis wird aktuell von zum Teil sehr geringen Hektolitergewichten der neuen Gerstenernte berichtet. Woran liegt das? Und trifft das auf alle Regionen zu?
Die bisherige Ernte bringt im Schnitt zwar gute Erträge, doch die Hektolitergewichte (hl-Gewichte) schwanken tatsächlich. Optimal wären für Gerste 65 kg/hl. Dieses Jahr liegen die Gewichte häufig bei maximal 60 kg/hl, vereinzelt auch im Bereich der 50 kg/hl.
Die Abweichungen bestehen im gesamten Bundesland und können witterungsbedingt auch flächendeckend auftreten. Da der Erlös für Gerste häufig vom hl-Gewicht abhängt, herrscht seitens der produzierenden Landwirte sicherlich Unmut.
Verändern sich mit dem Hektolitergewicht auch die Inhaltsstoffe des Getreides?
Viele Untersuchungen legen nahe, dass zwischen Stärke-, Energie und Rohproteinkonzentration in Getreide kaum ein Zusammenhang besteht. Mit sinkendem hl-Gewicht steigt zwar der Rohfasergehalt, doch in der gesamten Ration gleicht sich die Faserkonzentration schon wieder an. Enthält Gerste beispielsweise 6,5 statt 5 % Rohfaser, macht das bei einem Anteil von 28 % an der Ration nur einen Unterschied von rund 0,4 % im Futter aus. Die Faserfraktionen „ADFom“ und „aNDFom“ werden sich auch nur geringfügig ändern. Das hl-Gewicht beeinflusst also in der Regel nicht die tierische Leistung in Form von Futterverwertung oder Zuwachs. Stattdessen sollten bei der Rationsgestaltung alle Inhaltstoffe im Auge behalten werden.
Was bedeutet das für die Fütterung? Wie müssen Schweinehalter jetzt reagieren?
Schweinehalter sollten sich nicht vom hl-Gewicht beunruhigen lassen. Prinzipiell gilt: Zu einer exakten Futteroptimierung gehört eine Analyse der Rohstoffe. Ob dies chemisch oder mit NIRS durchgeführt wird, muss man abwägen.
Den Futtermittelherstellern ist die besondere Lage bewusst. Sie gleichen bei Bedarf die Nährstoffgehalte der Rationen aus. Dies geschieht aber ohnehin routinemäßig und sollte daher zu keinen größeren Problemen führen.
Sauenhalter aufgepasst: Bei einem geringen Hektolitergewicht beinhaltet ein Liter Futter weniger Masse und damit auch weniger Nährstoffe. Wer mit Volumendosierern arbeitet, sollte daher überprüfen, ob die Ration mit dem "leichteren" Getreide auch noch zu ausreichender Menge in den Trog kommt. Das Wiegen des Futters in der Dosiereinheit und eine Anpassung der Futtermenge oder des Futters kann bei größeren Abweichungen helfen.