Während die 50 Mutterkühe von Thomas Wiese aus Schmallenberg-Sögtrop (Hochsauerlandkreis) unbekümmert ihre Futterration mampfen, geht es in der Scheune vor dem Stall deutlich sorgenvoller zu: Grund sind die Agrar-Direktzahlungen. Durch Umschichtungen von der ersten in die zweite Säule und umgekehrt fühlen sich die Mutterkuhhalter in Südwestfalen stark benachteiligt. Darum haben sie NRW-Umweltministerin Heinen-Esser zum Gespräch eingeladen.
Die GAP – die Gemeinsame Agrarpolitik der EU – und vor allem die ab 2023 anstehenden Neuerungen bringen für Mutterkuhhalter wie Thomas Wiese schmerzhafte Einschnitte mit sich. Und das, obwohl die Einnahmen die Ausgaben schon jetzt kaum decken können. Zwar freut sich der Arbeitskreises Mutterkuhhalter im Westfälisch Lippischen Landwirtschaftsverband (WLV) über die geplante „Mutterkuhprämie“ von 77 €/GV (Großvieheinheit) und Jahr. Jedoch muss seine Branche künftig drastische Kürzungen hinnehmen: „Uns werden gut ein Drittel der Prämien gestrichen“, überschlug ein Mutterkuhhalter aus dem Arbeitskreis. Deshalb forderte dieser eine deutliche Anhebung der gerade beschlossenen Mutterkuhprämie.
Überschneidungen und Dopplungen - wer behält da den Durchblick?
Um die Basisprämie oder „Einkommensgrundstützung“ zu erhalten, sind künftig erhebliche Leistungen gefordert. Dabei gibt es etliche Überschneidungen mit den Agrar-Umwelt-Programmen der Länder zum Natur- und Artenschutz. Das Problem daran: eine doppelte Förderung ist förderrechtlich nicht erlaubt. Hinsichtlich der vielen Dopplungen verlieren selbst die Fachleute des Ministeriums schon mal den Überblick, wie sich in Schmallenberg-Sögtrop zeigte.
Ein Beispiel: Durch die Hanglange und kleine Parzellierung des Dauergrünlandes in Südwestfalen ist vielerorts allenfalls eine Beweidung möglich. Diese lohnt oftmals nur für Schaf- und Mutterkuhalter, weshalb diese im Sinne des Landschaftsschutzes gefördert werden sollen – so zumindest das politische Ziel. In der neuen GAP wird die „Extensivierungsprämie“ schrittweise gekürzt, sodass sich für Grünlandbetrieb die Beweidung vieler Flächen auch nicht mehr rechnet. Als Anregung kam nochmals der Vorschlag, einen neuen Förderbaustein für kleine Grünlandflächen zu installieren.
Auch bei der „Strohprämie“ gibt es aus Sicht der Mutterkuhhalter Handlungsbedarf: Hier sollte der Strohverbrauch der unterschiedlichen Haltungsformen bei der Förderhöhe Berücksichtigung finden. Tierwohl genießt nicht nur die Mutterkuh, sondern auch das saugende Kalb.
Mutterkuhhalter müssen "Geld auf dem Markt verdienen"
NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser hatte für die Landwirte ein offenes Ohr, ließ sich aber keine Versprechung entlocken. „Die Mutterkuhhaltung ist für die Landesregierung ein wichtiges politisches Ziel“, unterstrich sie und betonte nochmal deren Stellenwert für die Landschaftspflege. Die Mutterkuhhalter müssten aber alle NRW-Initiativen im Paket sehen. So gebe es auch viele Maßnahmen für die Branche, die nicht in Euro bei den Mutterkuhhaltern ankommen. Dazu zähle unter anderem ein verbessertes und enger zugeschnittenes Beratungsprogramm für die Branche durch die Landwirtschaftskammer, erklärte die Ministerin.
Welche Unterstützung die Mutterkuhhalter am Ende bekommen, bleibt abzuwarten. Joachim Hartung, Mitarbeiter im Umweltministerium, schraubte die Erwartungen jedenfalls deutlich herunter: „Letztlich müssen Sie Ihr Geld auf dem Markt verdienen.“