Wirklich günstig konnten die Landwirte ihre Tiere auch im vergangenen Winterhalbjahr nicht füttern. Mit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine ist die Getreideausfuhr aus der „Kornkammer“ Europas jedoch massiv eingebrochen. Das hat Auswirkungen auf die weltweiten Rohwarenströme und die Arbeit der heimischen Tierhalter und ihrer Futterlieferanten. Schließlich sind etliche Mischfutterkomponenten derzeit knapp und teuer. Die Branche sucht deshalb nach alternativen Nährstoffquellen und hofft parallel, dass kurzfristig mehr Getreide, Raps, Soja und Sonnenblumensaat auf dem Landweg aus der Ukraine transportiert werden kann.
Die Versorgungslage bei einzelnen Rohstoffen dürfte dennoch bis auf Weiteres angespannt bleiben und die Preise fest, erklärte Bernd Schmitz in der vergangenen Woche beim Legehennen-Symposium des Unternehmens in Melle.
Getreide und Sonnenblumen
Wie groß die Bedeutung der ukrainischen Landwirtschaft für die Weltmärkte ist, stellte der Geschäftsführer der Agravis Futtermittel GmbH an einigen Zahlen exemplarisch heraus: Beim Weizen hat das osteuropäische Land beispielsweise einen Anteil von 10 % am weltweiten Export. Bei Gerste liegt der Marktanteil der Ukraine bei 17 %, bei Raps sind es 20 % und bei Körnermais immerhin 12 %. Extrem hoch ist der Marktanteil bei Sonnenblumenöl: Von den 10,2 Mio. t weltweit gehandelten Mengen stammten im vergangenen Jahr rund 43 % aus der Ukraine.
Große Bedeutung hat das Land außerdem als Lieferant von Non-GMO-Soja. Deshalb gestaltet sich die Fütterung „ohne Gentechnik“ beispielsweise in der hiesigen Geflügel- oder Schweinehaltung zunehmend schwieriger.
Tierisches Eiweiß als Ersatz?
Entlastung könnte durch den stärkeren Einsatz von tierischen Proteinen kommen, erklärte Schmitz. Eine Quelle dafür ist PAP (Processed Animal Protein), also hygienisiertes Mehl aus unbedenklichen Schlachtnebenprodukten. Dieses Produkt könnte bei Schweinen und Geflügel jeweils „über Kreuz“ eingesetzt werden und würde neben hochverdaulichem Eiweiß auch noch mineralischen Phosphor liefern. Allerdings ist der Produktions- und Dokumentationsaufwand sehr hoch: Schlachthof, PAP-Hersteller, Futtermittelwerk und Landwirt brauchen eine Zulassung. Und ob Eier- und Fleischkunden einen PAP-Einsatz im Futter wünschen, ist im Vorfeld zwingend zu klären, sonst gibt es womöglich Schwierigkeiten beim Produktabsatz.
Denkbar ist auch ein teilweiser Ersatz von Getreide und Soja im Geflügelfutter durch Insektenmehl. Agravis und andere Unternehmen beschäftigen sich seit einiger Zeit mit diesem Thema. Allerdings gilt es hier zu prüfen, auf welcher „Futtergrundlage“ und mit welcher Effizienz sich das Insektenprotein erzeugen lässt. Die Futtermittelbranche sucht jedenfalls nach Alternativen für die Mischfutterrezepturen. Patentlösungen gibt es jedoch nicht.
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