Neue Gebührenordnung bei Tierärzten

Diskussion um Tierarztkosten

Seit dem 22. November 2022 gilt eine neue Gebührenordnung für Tierärzte. Viele Leistungen sind seitdem teurer. Besondere Kritik ruft eine neue Hausbesuchsgebühr hervor, die nun auch für Pferde gilt.

Seit dem 22. November 2022 gilt eine neue Gebührenordnung für Tierärzte. Viele Leistungen sind seitdem teurer. Besondere Kritik ruft eine neue Hausbesuchsgebühr hervor. Denn bei Pferden, die in den meisten Fällen als nicht landwirtschaftliche Nutztiere gelten, ist diese nun zu zahlen.

Kurz gefasst

Seit November gilt eine neue Gebührenordnung für Tierärzte (GOT).

Die meisten Leistungen sind teurer geworden, einige aber auch günstiger, zum ­Beispiel das Röntgen.

Für Kritik sorgt insbeson­dere eine neue Hausbesuchsgebühr von netto 34,50 €.

Bei landwirtschaftlichen Nutztieren ist diese Gebühr nicht fällig. Pferde gelten laut der neuen GOT jedoch nicht mehr per se als solche.

Bei Pferdehaltern und Tier­ärzten sorgt derzeit besonders ein Thema für Gesprächsstoff: die neue Gebührenordnung für Tierärzte (GOT). Sie gilt seit dem 22. November 2022. Vorrangig wurden damit die Preise angepasst. Aber es ging auch da­rum, neuere medizinische Ver­fahren wie die Computertomographie aufzunehmen. Außerdem soll die GOT neu strukturiert und besser verständlich sein. Und auch juris­tische Personen wie „GmbHs“ müssen sich nun an sie halten.

Was ist neu?

Die neue GOT beruht auf einer Studie, die vom Bundeslandwirtschaftsministerium 2020 in Auftrag gegeben wurde und alle tierärztlichen Leistungen bewerten sollte, „um zu gewähr­leisten, dass die GOT kosten­deckend ist“, so die Bundestierärztekammer. Beteiligt an der Gebührenneuordnung waren auch „Stakeholder“, also verschiedene Verbände, die Einfluss nehmen konnten. Die Kammer betont, die aktuelle Anpassung entspreche noch nicht einmal dem Inflationsausgleich und sei daher „äußerst maßvoll“.

Wie erwartet wurden die meisten Leistungen in der neuen GOT teurer. So kostet beispielsweise eine allgemeine Untersuchung mit Beratung nun knapp 31 € statt bisher rund 19 €, eine subkutane Injek­tion knapp 12 € statt bisher knapp 6 € (jeweils einfacher Satz). Die Kosten für eine Lahmheitsunter­suchung stiegen von 32 € auf gut 51 €, für das Verbandanlegen oder -abnehmen von gut 5 € auf rund 17 €. Einige Leistungen wurden jedoch auch günstiger, zum Beispiel Röntgen. Die erste und zweite Aufnahme kosten beispielsweise nun jeweils gut 26 € statt bisher 32 €.

Wichtig zu wissen ist, dass die GOT einen Gebührenrahmen vom einfachen bis zum dreifachen Satz (stufenlos) vorgibt, keine Festpreise. Der Tierarzt bzw. die Tierärztin kann je nach Schwierigkeit, Zeitpunkt, örtlichen Gegebenheiten oder dem Wert des Tieres frei ­entscheiden, den einfachen oder einen höheren Satz zu verwenden. Ziel der Novelle der GOT war auch, „den einfachen Gebührensatz endlich wieder kosten­deckend zu gestalten“ (§ 2 Abs. 2 GOT). Außerdem darf nach § 5 der einfache Gebührensatz nicht mehr oder nur unter einigen genau definier­ten Voraussetzungen unterschritten werden, der dreifache allerdings genauso wenig überschritten werden.

Tierarzt Dr. Kai Kreling ist Mitglied der Arbeitsgruppe (AG) GOT, die an der Neuordnung mitgewirkt hat. Er sagt: „Die meisten Kollegen haben schon lange nicht mehr zum einfachen Satz abgerechnet, sondern den 2,1- oder 2,2-fachen Satz genommen.“ Ziel sei, dass meist der einfache bis 1,5-fache Satz angewendet wird. Die Erhöhung kann also beim einzelnen Tierarzt und je nach Leistung niedriger ausfallen, als es zunächst scheint.

Wegegeld verpflichtend

Pferdetierärztin Dr. Anja Thiess aus Hartheim bei Freiburg bestätigt das. Sie war nach der alten GOT schon im Normalbetrieb manchmal beim dreifachen Satz. Widrige Umstände wie besonders gefähr­liche Patienten oder außergewöhnlich viel Matsch konnte sie nicht mehr zusätzlich anrechnen. Das ist jetzt anders. „Das meiste läuft jetzt im ein- bis zweifachen Bereich, mit Luft nach oben für besondere Umstände.“ Ihre Kundschaft rea­giert größtenteils mit Verständnis auf die Preiserhöhungen. „Im Zusammenhang mit den anderen Preissteigerungen momentan sind die Kunden Teuerungen gewohnt, auch wenn es gerade deswegen für viele ein besonders schlechter Zeitpunkt ist.“

Die Praktikerin weist außerdem darauf hin, dass die Tierarztkosten innerhalb der Kosten für Pferdehaltung nur etwa 10 % ausmachen. „Daran wird sich nicht viel ändern.“ Pferdehaltern, die hohe Spontankosten nicht stemmen können, empfiehlt sie generell eine Kranken- oder OP-Versicherung für Pferde, gerade wenn man sich junge Tiere anschafft.

Neu ist auch, dass das Wegegeld für mobile Praxen verpflichtend wurde. An der Höhe von 3,50 € pro Doppelkilometer hat sich jedoch nichts geändert. „Trotz der gestiegenen Kosten für Sprit und Fahrzeugunterhalt“, sagt Thiess. Außerdem müssen Tierärzte für ­jeden Besuch eine Rechnung ausstellen. Und für Notdienste gilt nun eine verpflichtende Notdienstgebühr sowie die Abrechnung mit zweifachem Satz vor 8 Uhr und nach 18 Uhr sowie an Wochenenden.

Gebühr für Hausbesuche

Kritik an der neuen GOT gibt es von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN). Sie bemängelt, bei der Erarbeitung nicht als Stakeholder mit einbezogen worden zu sein. Zwar räumt der Verband ein, dass eine Novellierung der GOT unausweichlich war. Er betont aber auch, dass der Preissprung für Kunden jetzt zum Teil erheblich sei. Insbesondere lehnt die FN die Erhebung einer pauschalen Hausbesuchsgebühr ab, die in der neuen GOT verankert ist (Ziffer 40): Alle Praxen, also auch mobile Praxen, müssen diese Gebühr in Höhe von 34,50 € (einfacher Satz) bei jedem Besuch berechnen.

„Mit einer Fahrpraxis kann man höchstens zehn Patienten am Tag abarbeiten, während Tierärzte mit einer Praxis in der Stadt bis zu 40 Patienten behandeln können“, erklärt Thiess. Als mobile Tierärztin hat sie einen hohen zeitlichen Aufwand fürs Hin- und Herfahren, Zu- und Entladen und die Kontrolle, ob alle Medikamente für den Tag im Auto sind. Außerdem hat sie Kosten für die Autopflege und den schnelleren Verschleiß von Materialien. Ausgenommen von der Hausbesuchsgebühr sind nur landwirtschaftliche Nutztiere. Deshalb ­haben sich Streitigkeiten daran entfacht, ob Pferde als Nutztiere einzuordnen sind oder nicht.

Vieles, aber nicht alles ist teurer geworden, zum Beispiel das Röntgen. (Bildquelle: Imago/Marius Schwarz)

Pferd kein Nutztier?

Die Hausbesuchspauschale war im ersten Entwurf von 2012 für alle Tiere angesetzt, wie Kreling erklärt. Nach Intervention durch Stake­holder sind die landwirtschaft­lichen Nutztiere ausgenommen worden. Dort gibt es andere Strukturen, mehr Tiere pro Besitzer, und die Tierhaltung dient dem Lebensunterhalt. Die Pferde jedoch fallen nicht unter diese Einordnung als Nutztiere. Die FN kritisiert das scharf. Das Pferd als Nicht-Nutztier sei eine „falsche Einordnung der Bundestierärztekammer“. Im EU-Recht beispielsweise sei das Pferd klar als landwirtschaftliches Nutztier eingeordnet. Kreling hält dagegen: „Das Pferd als Nutztier einzuordnen, stimmt natürlich nicht. Das Pferd ist ein Hobby­tier.“ Pferde gelten laut AG GOT nur als landwirtschaftliche Nutztiere, wenn eine der folgenden Ausnahmen zutrifft:

  • Stutenhaltung zur Milchgewinnung,
  • Pferdehaltung zur Fleisch­gewinnung (nicht nur Eintragung als Lebensmittel lieferndes Tier im Equidenpass),
  • Zuchtstute im landwirtschaft­lichen Betrieb sowie deren Fohlen.

Die Bundestierärztekammer verweist in einer auf ihrer Internet­seite veröffentlichen Klarstellung darauf, dass die Auflistung „nicht abschließend“ sei und benennt als weitere Ausnahme ganz allgemein „Pferde, die zum Erwerbseinkommen eines landwirtschaftlichen Betriebes beitragen“.

Die Hausbesuchsgebühr kann nicht, wie das Wegegeld, anteilig berechnet werden, sondern muss je Besitzer erhoben werden. Eine denkbare Ausnahme wäre laut Bundestierärztekammer nur, wenn zum Beispiel der Stallbesitzer den Tierarzt beauftragt, alle Pferde in seinem Stall zu impfen, und auch die Gesamtrechnung begleicht.

Turnierbetreuung

Die FN betont, der Pferdepraktiker sei darauf ausgelegt, als Fahrpraxis unterwegs zu sein, ein Einbestellen der Pferde in die Praxis sei gar nicht vorgesehen. Und für den Fahraufwand entschädige bereits das Wegegeld. Durch die Erhebung des zwei- oder dreifachen Gebührensatzes habe der Tierarzt bereits einen gewissen Spielraum, um das Pferd von anderen Nutztieren zu unterscheiden und dem erhöhten Zeitaufwand oder dem erhöhten Wert eines Tieres Rechnung zu ­tragen. Sie fordert nun, die Hausbesuchsgebühr für Pferde zurückzunehmen, und führt zu diesem Zweck Gespräche mit dem BMEL und der Bundestierärztekammer.

Die AG GOT betont indessen, dass die Gebührenordnung vom Gesetzgeber beschlossen wurde und laut BMEL derzeit auch keine Änderungen geplant sind. Zudem sei die Ziffer 40 kein Fehler, wie teilweise behauptet wurde, „sondern eine Position, die seit dem Entwurf der Studie enthalten war und die alle Stakeholder zuvor zur Stellungnahme erhalten haben“.

Für Unstimmigkeiten sorgt auch der künftige Umgang mit Turnierbetreuung, da in der neuen GOT verankert ist, Tätigkeiten am Wochenende mit mindestens dem zweifachen Satz zu berechnen. Die FN wehrt sich dagegen: Bei geplanten Tätigkeiten am Wochenende wie einer Samstagssprechstunde falle ja auch keine Vergütung im Sinne eines Notdienstes an. Für Tierarzt Kreling ist das schwer nachzuvollziehen, denn: „In jedem anderen Beruf wird am Wochen­ende natürlich mehr verdient.“ Und er verdeutlicht: „Um den Turnierdienst sicherzustellen, brauchen wir die Finanzmittel dazu, sonst gibt es niemanden mehr, der es macht.“

Das betrifft in besonderem Ausmaß auch den Notdienst am Wochenende: Anders als bei Heimtieren muss für Pferde ein mobiler Notdienst zur Verfügung gestellt werden. Und dafür Personal zu finden, ist schwierig: „Die Generation, die jetzt kommt, will nicht mehr 70, 80 Stunden in der Woche arbeiten, sondern 38“, weiß Kreling. Außerdem verbietet es das Arbeitszeitgesetz. „Es gibt Regionen in Deutschland, wo jetzt schon kein Notdienst mehr bereitgestellt werden kann“, berichtet er.

Dramatische Lage

Er mahnt, es müsse sichergestellt werden, dass Tierärzte das verdienen, was der vergleichbare Freiberufler auch verdient. Erschwerend hinzu kämen für Pferdepraktiker teure Gerätschaften, ein hoher ­Zeitaufwand für die Kunden und dadurch hohe Personalkosten. ­Kreling berichtet von Kollegen, die noch mit 75 Jahren praktizieren, weil sie nicht genügend in die Alters­vorsorge einbezahlt haben. Diese Problematik kennt auch Thiess. Sie arbeite gerne viel und zu allen Zeiten. „Aber die Tierärztin ist kein barmherziger Samariter, ihr Job muss sich zumindest halbwegs dazu eignen, den Lebens­unterhalt zu verdienen“, sagt sie. „Und wenn die Pferdebesitzer mir mit Wertschätzung entgegentreten, hilft das viel.“

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