Serie: Premiumprodukt Kalbfleisch

Die Kälberaufzucht bestimmt über die spätere Leistung

Die Qualität der Aufzucht entscheidet über die spätere Milch- und Fleischleistung eines Kalbes. Sie stellt die Weichen für eine wirtschaftliche Tierhaltung.

Ein Kalb kommt ohne eigenen aktiven Immunschutz auf die Welt. Dieser baut sich in den ersten Lebenswochen auf. Daher ist die Aufnahme eines geeigneten Kolostrums der Mutter mit den darin enthaltenden Antikörpern quasi eine Art Lebensversicherung für das neugeborene Tier.

Trockensteher managen

Die richtige Versorgung der Kälber beginnt bereits bei der Unterbringung der Mütter in der Trockensteh-Phase. Neben Fütterung nehmen Einstreu und Boxenpflege großen Einfluss auf die Kolostrumqualität. Neuinfektionen im Euter und damit verbundene Qualitätseinbußen des Kolostrums lassen sich in dieser Zeit durch ein gutes Hygienemanagement vermeiden. Besonders sensibel ist der Abkalbestall: Er muss gut eingestreut und sauber sein, aber auch die Utensilien, die zur Geburtshilfe zum Einsatz kommen, sollten hygienisch rein sein. Unsaubere Geburtsstricke können über den Kontakt im Geburtsweg und dem Eintrag pathogener Keime zu Gebärmutterentzündungen führen. Die Folge sind Fruchtbarkeitsstörungen und Leistungseinbußen bei der gebärenden Kuh. Eine Aufnah-me von pathogenen Keimen bei der Geburtshilfe oder aus unsauberen Abkalbeboxen führen zu Entwicklungsstörungen beim Kalb.

Kolostrum ist das A und O

Für die Erstversorgung der Kälber gilt es, sie in den ersten vier Lebensstunden mit so viel sauber gewonnenem Kolostrum wie möglich zu tränken. Das Kalb an der Kuh zu lassen, in guter Absicht, dass die Versorgung des Kalbes auf natürliche Art erfolgt, kann ein Trugschluss sein: Die Strichplatzierung der Milchkuh, je nach Anatomie und Laktationszahl, macht es dem Kalb unter Umständen unmöglich, die Striche zu finden. Setzen Landwirte Zitzenversiegler zum Trockenstellen ein, sitzt der Versiegler als fester Pfropfen im Strichkanal. Das erschwert die Kolostrumaufnahme am Euter, gerade für schwächere Kälber. Wenn zusätzlich mehrere Kühe in einer Abkalbebox stehen, erreicht das Kalb das Euter und damit das Kolostrum erst mit einiger Zeitverzögerung oder gar nicht. Allein aus die-sem Grund empfiehlt es sich nicht, die Abkalbebox als Krankenstall zu nutzen.

Neben einer guten Kolostrumqualität in Form eines ausreichenden Immunglobulin G (IgG)-Gehaltes sind das saubere Gewinnen und eine saubere Tränkeflasche oder ein Nuckeleimer wichtig. Bei unzureichender Reinigung kann es zu einer massiven Verschlechterung des ursprünglich hochwertigen Kolostrums der Kuh führen.

So sollte ein Tränkeeimer auf keinen Fall aussehen! (Bildquelle: Boelhauve)

Eine Keimzahl von durchschnittlich 8 000 000 KbE/ml (Koloniebildende Einheiten je Milliliter, Wert aus Praxiserhebungen) im Kolostrum bedeutet ein erhöhtes Infektionsrisiko für das neugeborene Kalb. Daraus können Durchfall, Nabelentzündungen und Lungenentzündungen resultieren. Mit der Aufnahme der Kolostralmilch nimmt das Kalb nicht nur die lebensnotwendigen Immunglobuline auf, sondern auch die angereicherten Keime der Milch aus den Gewinnungs- und Transportprozessen. Das Immunsystem des Kalbes hat zu diesem Zeitpunkt aber noch keine Möglichkeit der Gegenwehr.

Bullenkälber gut versorgen

Auch wenn die meisten Bullenkälber den Milchviehbetrieb im Alter von 14 Tagen verlassen, endet das Leben der Kälber nicht mit deren Abholung. Werden männliche Kälber milchbetonter Rassen geboren, sehen einige Landwirte bei einem Marktwert von 32 bis 55 € pro Tier bei besserer Qualität schon mit der Geburt einen wirtschaftlicher Schaden. Nicht selten legen Betriebe eine zeitnahe Versorgung der Bullenkälber in die nächste Melkzeit. Ein zusätzliches Melken der Kuh nach der Geburt macht rein rechnerisch den „wirtschaftlichen Schaden“ durch mehr Arbeitszeit und Aufwand nur noch größer. Dabei ist gerade für die Wertschätzung der männlichen Tiere im Betrieb und für deren weiteren Werdegang eine rechtzeitige Versorgung wichtig.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Bullenkälber häufig bei Sammelstellen mit vielen Tieren unterschiedlicher Herkunft zusammengestallt werden. Verschiedene Keime können sich austauschen, dafür reicht die Immunabwehr der Kälber in der Regel noch nicht aus (sogenannter Crowding-Effekt). In der Folge sehen sichTierärzte häufig gezwungen, bei Ankunft einer Kälbergruppe imBetrieb prophylaktisch ein Antibiotikum zu verabreichen. Neben der Belastung des Organismus schadet dies aber auch dem Geldbeutel des Mästers. Nicht nur das. Denn auch auf der männlichen Seite hat eine rechtzeitige und hygienische Versorgung der Kälber Auswirkungen auf die Tageszunahmen.

Gute Tageszunahmen bringen mehr Geld

Über ein Projekt an der FH Südwestfalen in Soest konnten Effekte, wie höhere Tageszunahmen im Zeitraum der ersten 14 Lebenstage festgestellt werden:

Bekommen Kälber eine unzureichende Versorgung, hat dies Auswirkungen auf den Medikamenteneinsatz und auf die Tageszunahmen. Sowohl geringere Tageszunahmen als auch der tierbezogene, höhere Medikamenteneinsatz nehmen unmittelbar Einfluss auf den Gewinn.

Es ist schwer, am Markt für besser versorgte Kälber einen höheren Ankaufspreis zu generieren, zumal der Preisaufschlag für gut entwickelte Kälber, nur über die ersten 14 Lebenstage betrachtet, sehr gering ausfällt. Bleiben jedoch die Bemühungen dahingehend aus, ist bereits die Chance auf höhere Preise vertan. Dann wird der Absatz der Bullenkälber mit steigendem Druck zur geforderten Antibiotika-Reduktion in der Kälbermast zukünftig zu einem wachsenden Problem.

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