"Mit Flächenangaben von 6 m2, aber auch schon von 4,5 m2 nehmen Sie mir meine betriebliche Zukunft“, beschrieb ein junger Bullenhalter seine Situation. Ein anderer: „Sie gefährden meine Existenz mit Ihren Ziel- und Alarmwerten für das Flächenangebot. Ich kann besser heute als morgen aufhören.“ Ein dritter Bullenmäster warf KTBL und Thünen-Institut vor: „Sie kalkulieren den Missbrauch der Daten ein.“
Unmut über Flächenangabe
Bei der Arbeitskreissitzung Rindfleischerzeugung vom Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband (WLV) am Dienstag versuchten Dr. Jan Brinkmann (Thünen-Institut für ökologischen Landbau) und Dr. Ute Schultheiß (KTBL) ihr Vorgehen beim Orientierungsrahmen für die betriebliche Eigenkontrolle zu erklären. Die zugeschalteten Bullenmäster bewerteten die Tierwohlindikatoren grundsätzlich als hilfreich. Sauer und enttäuscht zeigten sie sich von den Flächenangaben (Zielwert 6 m2 in der Endmast).
Sie teilten ihren Unmut mit und erklärten den Wissenschaftlern, dass Platzangaben von 4,5 m2 und mehr den wirtschaftlichen Ruin für ihre Betriebe bedeute. Hubertus Beringmeier, WLV-Präsident, forderte KTBL und Thünen-Institut auf: „Wir bitten Sie die Ziel- und Alarmwerte für das Flächenangebot ganz aus dem Orientierungsrahmen zu nehmen!“ Alle seien daran interessiert die Tierhaltung weiterzuentwickeln, der Flächenbedarf sei aber kein Tierschutzindikator.
Ziel- und Alarmwerte sollen zur Eigenkontrolle dienen
Dr. Brinkmann vom Thünen-Institut bezog sich in seiner Erklärung für die Flächenangaben immer wieder auf die Empfehlungen der Borchert-Kommission. Henrik Wiedenroth vom Bauernverband (DBV) verwies den Wissenschaftler: „Bei Borchert haben wir die Mastrinder noch nicht tendiert und noch keine Platzvorgaben angesprochen.“ Auch er appellierte an die Wissenschaftler den Wert für die Flächenangaben zu streichen, das sei ein normaler wissenschaftlicher Prozess.
Die Wissenschaftler betonten, dass der Orientierungsrahmen nur zur Eigenkontrolle für Landwirte gedacht sei. Die Bullenmäster berichteten von ihren Erfahrungen: Neue offizielle Dokumente würden in der Praxis schnell als Standard eingefordert. Auch Dr. Bernhard Schlindwein, Stellvertreter der Hauptgeschäftsführung beim WLV, fragte Brinkmann: „Glauben Sie ehrlich, dass der Orientierungsrahmen nur zur Eigenkontrolle verwendet wird?“ Der Wissenschaftler antwortete: „Wir haben keinen Einfluss auf eine Zweckentfremdung."
Schlindwein stellte auch klar, dass in der Expertenrunde bei der Bearbeitung der Werte kein Rindermastexperte des WLVs vertreten war.
Was bedeutet mehr Fläche?
Christopher Kneip, Landwirtschaftskammer NRW, rechnete Landwirten sowie Wissenschaftlern vor wie dramatisch sich die Flächenangaben auf die Wirtschaftlichkeit der Betriebe auswirken würden. Bei einem Platzangebot von 2,8 m2/Tier (Ist-Zustand) liegt der Deckungsbeitrag für 300 Bullen bei 171.000 €, bei 4,5 m2/Tier und 186 Bullen bei 106.000 € und bei 6 m2/Bulle und 143 Tieren bei gerade mal 81.500 €. Der Betriebsgewinn würde also von 59.000 € (2,8 m2/Tier) auf rund 16.000 € bei 6 m2/Endmastbullen sinken. Die Eigenkapitalbildung und der Cash-Flow landen bei Flächenangeboten von 4,5 m2 oder 6 m2/Bulle in stark negativen Bereichen.
Statt 3,70 €/kg müssten die Bullenhalter bei 4,5 m2/Tier 4,10 €/kg und bei 6 m2/Bulle 4,45 €/kg erlösen.
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