Borchert-Plan: Ausweg oder Sackgasse?

Der Borchert-Plan spaltet die Tierhalter, aber auch den vor- und nachgelagerten Bereich. Wir haben Praxisstimmen gesammelt.

Wenn der Borchert-Plan Erfolg hat, kommen gewaltige Veränderungen auf die Tierhaltung und das gesamte Umfeld zu. Damit die Dimensionen klar werden und nicht nur Schlagworte die Diskussion bestimmen, hat das Wochenblatt in den letzten Ausgaben vier zentrale Themen aufgegriffen:

10/21: Um was geht es?
11/21: Tierwohl-Killer Baugenehmigung
12/21: Gesucht – ein sicherer Ausgleich (Machbarkeitsstudie)
13/21: Wirtschaftlichkeit

Nicht nur die Tierhalter stehen vor gewaltigen Veränderungen, sondern auch das gesamte Umfeld – vom Tierarzt über Schlachter bis hin zu Futtermittelfirmen und Stallausrüstern. Wir schließen die Serie mit einem breiten Meinungsspektrum von direkt und indirekt Betroffenen, freuen uns aber auf die weitere Diskussion.

Im Folgenden finden Sie die Einschätzungen von

  • Wilhelm Jaeger (Tönnies)
  • Christina Goehner (Schweinemästerin)
  • Peter Spandau (Landwirtschaftskammer NRW)
  • Michael Uckelmann (Sauenhalter)
  • Heinrich Rülfing (Biolandwirt)
  • Winnie Bürger (Tierschutzverein Düsseldorf)
  • Ulrich Helmich (Fachbereich Sicherheit, Bauen und Umwelt beim Kreis Coesfeld)
  • Stefan Eilers (Eilers Futtermittel)

Der Markt wird’s nicht richten

Dr. Wilhelm Jaeger ist Leiter der Abteilung Landwirtschaft bei Tönnies.

Ziel des Unternehmens Tönnies ist es, die Tierhaltung in Deutschland zu halten, die Schweineproduktion nachhaltig zu gestalten und den Landwirten eine Perspektive zu geben. Gleichzeitig will die Firma Tönnies die gesellschaftliche Akzeptanz für die Tierhaltung aufrechterhalten. In dem Borchert-Konzept sieht sie gute Erfolgsaussichten, die gesteckten Ziele zu erreichen.

In vielen Gesprächen mit Landwirten wird deutlich, dass verlässliche Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft fehlen. Politisches Handeln nimmt heute keine Rücksicht mehr auf wirtschaftliche Notwendigkeiten in der Lebensmittelerzeugung. Folge ist eine enorme Verunsicherung, die zum Rückgang der Viehbestände führt. Nicht nur bei älteren, sondern selbst bei jungen Landwirten fehlt es an Investitionsbereitschaft. Entscheidend bei der Umsetzung der Ergebnisse sind Verlässlichkeit, langfristige Planungssicherheit und der Einklang mit der Wirtschaftlichkeit.

Die Veränderung der Tierhaltung kann nur gelingen, wenn als Ergebnis der Borchert-Kommission die Finanzierung gesichert ist. Ohne ein staatliches Finanzierungsmodell werden die Betriebsaufgaben zunehmen, da die Landwirte den geforderten Umbau der Tierhaltung nicht stemmen können. Der Markt alleine wird es nicht richten.

Die Zeche zahlt der Landwirt

Christina Goehner mästet Schweine auf ihrem Betrieb in Werther.

Ein Umbau der Tierhaltung muss Landwirten ein solides Einkommen mit ihrer Kernproduktion garantieren. Denn am ungeschützten und ungestützten Markt ist billige Ware gefragt. Für mich ist der Borchert-Plan nichts anderes als die immer höheren Forderungen des Lebensmitteleinzelhandels. Der will Fleisch, Milch und Co. zum gleichen Preis, obwohl Arbeit und Kosten steigen.

Das Wort der Stunde ist „Mehraufwand“. Mehraufwand und Umbaukosten sollen beim Borchert-Plan zu 80 bis 90 % übernommen werden. Doch das Kernproblem liegt in der Rentabilität der jetzigen Märkte. Durch Wachstum und steigende biologische Leistungen fangen Landwirte seit Jahrzehnten stagnierende Preise ab. In den Jahresabschlüssen zeigt sich, dass der Erlös oft nicht für einen akzeptablen Gewinn reicht.

Doch warum darf beim Landwirt kein zusätzlicher Euro in der Tasche landen durch mehr Tierwohl? Das macht es doch erst...