Der Biomilchpreis ist seit vielen Jahren stabil – auf einem Niveau, das deutlich über dem des konventionellen Milchpreises liegt. Im Schnitt wurden in den vergangenen fünf Jahren 48 Cent/kg Energie korrigierte Milch (ECM) an die Milchviehbetriebe ausbezahlt (netto), wobei der Preis im Süden um 1,4 Cent/kg ECM höher als in Nord-Mitte war. Dabei lag der konventionelle Milchpreis bei durchschnittlich 33 Cent/kg ECM, die Differenz betrug also 16 Cent je kg ECM. Zusammengefasst sind die Erlöse im Bio und konventionellen Bereich in der ersten Übersicht.
63 Biobetriebe ausgewertet
Dennoch gelingt es laut einer bundesweiten Auswertung den meisten Biomilchviehbetrieben wegen steigender Kosten nicht, ihre Vollkosten zu decken. Die genannte Studie umfasst 63 Betriebe aus dem gesamten Bundesgebiet und zeigt eher Tendenzen als absolute und statistisch abgesicherte Ergebnisse auf. In den Vollkosten ist die Bezahlung der nicht entlohnten Familienarbeitskraft (20,60 €/h), des eingesetzten Kapitals und der eigenen landwirtschaftlichen Nutzfläche berücksichtigt. Alle Ergebnisse der Vollkostenauswertung sind als Brutto-Werte angegeben – bezogen auf das erzeugte kg Milch (energiekorrigiert).
Im bundesweiten Durchschnitt des Wirtschaftsjahrs 2019/2020 liegen die Vollkosten für die Biomilchviehhaltung bei 71 Cent/kg ECM. Darin enthalten ist das eigene Grundfutter zu Vollkosten. Dem gegenüber stehen Leistungen in Höhe von 59 Cent/kg ECM (ohne entkoppelte Betriebsprämie, ohne Bewertung des Wirtschaftsdüngers). So ergibt sich eine Unterdeckung von 12 Cent je kg ECM. Bei Berücksichtigung der entkoppelten Betriebsprämie (4,7 Cent pro kg ECM) liegt das Ergebnis bei 7 Cent/kg ECM Unterdeckung. Dieses Ergebnis ist in der zweiten Übersicht dargestellt.
Keine Vollkostendeckung
Die Spanne in den Vollkosten (ohne Betriebsprämie) zwischen den betriebswirtschaftlich erfolgreichen und weniger erfolgreichen Betrieben beträgt dabei 24 Cent/kg ECM, wobei auch die Gruppe der wirtschaftlich erfolgreichen Betriebe keine Vollkostendeckung erreicht. Für die Betriebe bedeutet das konkret: Keine vollständige bis gar keine Entlohnung der nicht entlohnten Familienarbeitskräfte, des eingesetzten Kapitals und der eigenen landwirtschaftlichen Nutzfläche.
Auch die konventionellen Betriebe können ihre Vollkosten für die Milcherzeugung im Durchschnitt nicht decken – so die Veröffentlichungen der Landwirtschaftskammern in Schleswig-Holstein und Niedersachsen und der Landesanstalt für Landwirtschaft in Schwäbisch Gmünd. Ohne Berücksichtigung der entkoppelten Betriebsprämie liegt die Differenz – je nach Region – bei ungefähr 3 bis 4 Cent/kg ECM (brutto).
Was sind die Kostentreiber?
Knapp 50 % der Produktionskosten (durchschnittlich 34 Cent/kg ECM) entstehen durch Aufwendungen für Kraft-, Saft- und Grobfutter. Das Grobfutter der betriebswirtschaftlich erfolgreichen Betriebe ist gut 11 Cent/kg ECM günstiger als das Grobfutter der weniger erfolgreichen Betriebe und senkt damit die Produktionskosten insgesamt wesentlich. Ein wesentlicher Einflussfaktor auf die Futterkosten ist das Ertragsniveau: Bei ähnlichem Aufwand pro ha verteilen sich die Kosten bei einem höheren Flächenertrag auf mehr geerntetes Futter.
Auch bei den Arbeitserledigungskosten der Innenwirtschaft (Personalaufwand, Lohnansatz, Maschinen usw.) gibt es erhebliche Unterschiede. Das betriebswirtschaftlich weniger erfolgreiche Viertel gibt knapp 10 Cent/kg ECM mehr für die Arbeitserledigung aus als das erfolgreiche Viertel. Betriebe mit einem höheren Personalaufwand und Lohnansatz geben häufig auch mehr Geld für Maschinen der Innenwirtschaft aus. Offensichtlich hilft die eingekaufte Technik hier nicht, um Arbeit einzusparen.
Zum erfolgreichen Viertel gehören Betriebe mit größeren Herden und einer höheren Milch- und Lebensleistung sowie Betriebe mit geringeren Tierverlusten und kürzeren Zwischenkalbezeiten (Übersicht 3). Große Unterschiede gibt es auch bei der Produktivität: Die betriebswirtschaftlich erfolgreichen Erzeuger produzieren 157 kg ECM pro eingesetzter Arbeitskraftstunde – bei einer Arbeitszeit pro Kuh und Jahr von 53 Stunden.
Süden: Höhere Futtererträge
Die Auswertung nach Regionen ergibt, dass die Kosten der süddeutschen Betriebe niedriger waren als die der Betriebe in Mittel- und Norddeutschland – dieses Fazit lässt sich ebenfalls aus der zweiten Übersicht ableiten. Das liegt zu einem wesentlichen Teil an geringeren Kosten für das Energie- und Grobfutter: Bei den süddeutschen Betrieben betrugen die Futterkosten 30 Cent/kg ECM, die Differenz zu Hessen/NRW beläuft sich auf 6,9 Cent, zu Niedersachsen auf 6,3 Cent und zu Schleswig-Holstein/Mecklenburg-Vorpommern auf 4,2 Cent.
Ein Blick auf den Dürremonitor der Jahre 2018 und 2019 zeigt: Die Trockenheit war in Mittel- und Norddeutschland deutlich stärker ausgeprägt und hat für den Verbrauch der Futterreserven im Wirtschaftsjahr 2018/2019 und geringere Flächenerträge im Wirtschaftsjahr 2019/2020 gesorgt. Der regionale Vorteil des Südens ist folglich vor allem auf die Niederschlagsverteilung im genannten Zeitraum zurückzuführen. Pro kg ECM werden in Bayern und Baden-Württemberg 202 g Energiefutter verfüttert, im bundesweiten Durchschnitt sind es 239 g. In Niedersachsen ist der Aufwand mit 265 g am höchsten – auch das ist der schlechten Grundfuttersituation aufgrund der Trockenheit geschuldet.
Die höchste Milchleistung pro Kuh nach Region wurde mit 7372 kg ECM in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern ermolken. In diesen Ländern sowie in Niedersachsen befinden sich außerdem die größten Milchviehbestände mit durchschnittlich 109 Kühen (Süden: 85 Kühe). Darüber hinaus ist bei den Betrieben dieser Länder der Anteil an den Personalkosten mit 30 % für Fremdarbeitskräfte am höchsten.
Günstige Silage, teure Weide
Der Flächenbedarf pro GV (Kühe mit Färsen) ist in Süddeutschland am geringsten (0,6 ha Hauptfutterfläche (HFF) pro GV), in Mitteldeutschland mit 0,9 ha HFF pro GV am höchsten und liegt im Bundesdurchschnitt bei 0,7 ha HFF pro GV. Im Umkehrschluss ist der Viehbesatz mit 1,7 GV pro ha HFF in Süddeutschland am höchsten und in Hessen und NRW mit 1,1 am niedrigsten.
Die Kosten pro Hektar (ohne die Bewertung der Dungkosten, nach gekoppelter und entkoppelter Prämie) für Grassilage (1195 €/ha) und Maissilage (1616 €/ha) sind in Süddeutschland im Vergleich zu den anderen Regionen nahezu durchschnittlich. Bei mittleren Kosten und hohen Erträgen sind die Kosten von 15 € pro dt TM Grassilage (gefressen) in Süddeutschland aber am niedrigsten (Bundesdurchschnitt 19 € pro dt TM). Auch Silomais wird in Süddeutschland von den Betrieben verhältnismäßig günstig produziert. Ausschlaggebend sind hier die niedrigen Flächenkosten und hohen Erträge.
Weide erfordert Arbeitszeiteinsatz, vor allem in kleinstrukturierten Regionen. Ein erhöhter Aufwand für den Zaunbau, die Wasserversorgung und das Umtreiben macht die Weide in Bayern und Baden-Württemberg mit 6 € pro dt TM (278€/ha) im Vergleich am teuersten. Am günstigsten ist die Weide in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern (4 € pro dt TM, 200 €/ha) – vermutlich aufgrund der günstigeren Strukturen sowie des höheren Weideanteils an der Gesamtration. Denn bei geringem Weideumfang bedeutet die Weide vor allem Mehrarbeit ohne Einsparung von Arbeitszeit für die Futtervorlage im Stall.
Höherer Biomilchpreis nötig
Fakt ist: Mit dem derzeitigen Biomilchpreis kann kaum ein Betrieb nachhaltig wirtschaften, sodass eine Entwicklung des Milchpreises stattfinden muss. Und zwar Stand heute eine Erhöhung um mindestens 12 Cent/ kg ECM. Unter Berücksichtigung der entkoppelten Betriebsprämie (5 Cent/kg ECM) beträgt der Mindestaufschlag 7 Cent/kg ECM. Angesichts jährlich steigender Kosten wird dieser Betrag zukünftig aber nicht ausreichen.
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