Markenfleischprogramm

Bauernliebe: Für die Zukunft gerüstet

Seine konventionellen Mastställe liefen gut. Trotzdem hat sich Ulrich Ostermann für das Bauernliebe-Programm entschieden. Der Umbau kostete Geld, bringt aber mehr Kundennähe und mehr Wertschöpfung.

Auf Ulrich Ostermanns Betrieb hat sich viel verändert. Wo früher zwei konventionelle Ställen standen, haben heute 1300 Mastschweine einen eingestreuten Auslauf und viel mehr Platz. Mit mehr Tierwohl hatte der Mäster aus Hamm schon seit mehreren Jahren geliebäugelt. Doch fand er keinen Partner, der die Mehrkosten langfristig absichern wollte. Bis ihn Martin Brede und Christian Bode auf das Bauernliebe-Programm ansprachen. Deren Arbeitgeber, die RVG Werne, ist Hauptlieferant für das Programm.

Vertrag über drei Jahre

Bodes Argumente klangen gut:

  • Ein Vorvertrag als Garantie für die spätere Abnahme, wenn der Bauantrag vorliegt. Bei Einstallung folgte ein Vertrag über drei Jahre.
  • Ein Zielgewicht von 100 bis 105 kg Schlachtgewicht, Abrechnung nach Magerfleischanteil bei einer einfachen Preismaske mit weitem Gewichtsbereich.
  • Ein Dreimonatspreis auf Basis der durchschnittlichen VEZG-Notierung des vorigen Quartals.
  • Eine Preisuntergrenze, basierend auf dem fünfjährigen Durchschnitt der VEZG-Notierung.
  • Ein Bonus von 20 € pro Schwein zusätzlich zum ITW-Bonus von 5,28 € und der Mengenstaffel entsprechend dem Westfleisch-Bestschweinvertrag.

Die beiden dicht schließende Tore arbeiten nach dem Einbahnstraßensystem: Links gelangen die Schweine in den Auslauf, rechts kommen sie zurück in den Stall. (Bildquelle: Brosthaus)

Dafür musste Ostermann die Kriterien für Haltungsform 3 erfüllen:

  • 40 % mehr Platz für die Tiere,
  • Offenfrontstall oder Auslauf,
  • GVO-freie Fütterung,
  • organisches Beschäftigungsmaterial,
  • Stroh zum Wühlen.

Für Ulrich Ostermann gab die Preis- und Abnahmesicherheit über drei Jahre den Ausschlag, den Schritt zu wagen. Dafür musste er allerdings einiges investieren.

Da sein Betrieb in Ortsrandlage liegt, klärte er die Bedingungen vorab in einem Gespräch mit dem Bauamt. Die drei Ställe mit insgesamt 1600 Mastplätzen stehen an getrennten Standorten. Daher war kein Verfahren nach Bundes-Immissionsschutzgesetz notwendig.

Genehmigung in 5 Monaten

Bei der Umbauplanung konnte Ostermann auf das Expertenwissen von Christian Bode zählen. Da viele Landwirte vor ähnlichen Fragen stehen, hat sich der RVG-Mitarbeiter neben der Vermarktung auf Bau- und Genehmigungsfragen bei Außenklimaställen spezialisiert.

Die Unterdrucklüftung samt Rieseldecke im Stall musste laut Immissionsgutachten weiterlaufen. Selbstschließende, dichte Türen zwischen Stall und Auslauf verhindern, dass dort nennenswert Stallluft entweicht. Der eingestreute, überdachte Auslauf wird zweimal pro Woche gemistet. Zugute kam Ostermann die östliche Lage des Betriebs mit Hauptwindrichtung außerhalb des Ortes.

Durch Gutachter und Architekt gut vorbereitet, ging der Bauantrag innerhalb von fünf Monaten glatt über die Bühne. Doch waren damit die ersten 30  000 € Kosten fällig.

Im Januar 2021 startete der Umbau. Für den Auslauf waren umfangreiche Erdarbeiten notwendig, da das Betriebsgelände leicht hängig ist. Zudem war dem Landwirt wichtig, dass die Festfläche des Auslaufs tiefer liegt als der Spaltenboden des Stalls, damit bei Starkregen nicht der Güllekeller geflutet wird. Da der Auslauf keinen Spaltenboden und keinen Güllekeller hat, reichten 20 cm Stärke bei Betonwänden und -boden. Auf ein Festmistlager konnte der Landwirt verzichten. Denn der frische Mist wird direkt zur benachbarten Biogasanlage gebracht. Eine gute Lösung, da Ostermann mit den Gärresten, die retour kommen, zielgerichteter düngen kann.

Pfiffige Baulösungen

Bei der Bauausführung achtete der Schweinemäster aufs Detail.

  • Als Dach für den Auslauf wählte er Sandwichplatten anstelle von Trapezblechen, die sich im Sommer stark aufheizen.
  • Eine Kante aus Edelstahl rund um die Betonwände hindert Schadnager am Hochklettern.
  • Die selbstschließende Tore zwischen Stall und Auslauf hat er mit einem technikbegabten Freund ausgetüftelt. Es gilt das Einbahnstraßenprinzip, sodass rein- und rausgehende Tiere sich nicht in die Quere kommen. Damit die Türen dicht schließen, säubert Ostermann die Bodenkante morgens mit einer Maurerkelle.
  • Im Stall hat der Landwirt acht Buchten zu einer Großbucht zusammengefasst. Zudem hat er die Zahl der Abteile mittels Durchbrüchen in der Mittelwand halbiert. Zwei der vier Quertröge wurden entfernt. Die Schweine fressen jetzt ad libitum am Sensor. Sie strukturieren die Großbucht selbst und reagieren flexibel auf Zugluft. In der Nähe der Auslauftore, wo bei jeder Tierpassage etwas Außenluft einströmt, koten sie vorzugsweise. Buchtenwände bremsen die Luft 2 m hinter der Schleuse. Dahinter beginnt der Liegebereich.

Die Riesellüftung ist geblieben, doch hat Ulrich Ostermann je acht Buchten zu einer Großgruppe zusammengefasst. Die Tierkontrolle dauert etwa 20 % länger. (Bildquelle: Brosthaus)

Über 200 €/Platz

Zu den reinen Umbaukosten kamen weitere Ausgaben, teils unerwartet. Unterm Strich kommt Ostermann auf eine Investition von mehr als 200 € pro Mastplatz netto.

  • Zum Entmisten des Auslaufs kaufte er einen Hoflader.
  • Die Wege zum Stall und Auslauf mussten breitflächig befestigt werden, da der Lader dort regelmäßig unterwegs ist.
  • Die vorhandene Flüssigfütterung war nicht sensortauglich, sodass Ostermann in einen neuen Fütterungscomputer investierte.
  • Da die Nachfrage nach GVO-freiem Sojaschrot zu hoch war und Ostermann Ackerbohnen selbst anbaut, stellte er zwei neue Silos für Rapsextraktionsschrot und Ackerbohnen auf.
  • Da die Schweine bevorzugte Kotecken haben, schafft der vorhandene Mixer es nicht, die Gülle zu homogenisieren. Daher hat der Landwirt einen mobilen Güllemixer gekauft, der durch die Spaltenschlitze geschoben wird und die „Hotspots“ in Bewegung bringt.

Mist macht Arbeit

Seit die ersten Schweine im April eingezogen sind, ist die Arbeitsbelastung deutlich gestiegen. Bei der Tierkontrolle macht das 15 bis 20 % zusätzlich aus, da der Stall durch die Großgruppe unübersichtlicher geworden ist.

Das Sortieren von 160 Schlachtschweinen dauert etwa 1,5 Stunden mit zwei Personen. Vorteil der Großgruppe: Die Schweine laufen besser, da sie Bewegung gewohnt sind.

Das Ausmisten verursacht die Hauptarbeit. Zweimal pro Woche sind mindestens je drei Stunden dafür erforderlich. Dabei schließt der Landwirt die Türen zum Auslauf schon am Vorabend. So ist morgens kein Tier im Auslauf. Dadurch spart er Zeit beim Umklappen der Buchtentore. Ist der Mist entfernt, fährt er Rundballen in den Auslauf und rollt sie aus. Pro Jahr rechnet er mit einem Verbrauch von rund 400 Ballen – insgesamt gut 100 t Stroh.

Um das Ausmisten auf einmal wöchentlich zu reduzieren, testete Ostermann ein Einstreugerät für den Hoflader. Dieses häckselt den Rundballen und bläst das Stroh von der Seite in die Buchten. Doch war die Staubentwicklung hoch, die Arbeitsqualität nicht überzeugend und der Preis mit 15  000 € zu hoch.

103 kg Schlachtgewicht

Ein Clou für Mäster ist der weite Gewichtskorridor von 25 kg beim Verkauf. Da die Abholung an die Verkaufsmengen von Rasting angepasst wird, sind die Abzüge für Über- und Untergewicht moderat. Es werden lediglich pauschal 5 Cent bei Gewichten unter 90 oder über 115 kg abgezogen. Ziel der Fleischwerke Rasting ist ein Schlachtgewicht 100 bis 105 kg.

Ähnlich sieht es beim Fleischanteil aus, wo 54 bis 58 %MFA anvisiert werden, gemessen mit dem Autofom-Gerät. Unterhalb von 50 % MFA sowie oberhalb von 65 % MFA werden pauschal 5 Cent abgezogen.

Ostermann passt auf, dass Gewichte und Fleischanteil nicht aus dem Ruder laufen. Denn die Futterverwertung verschlechtert sich mit steigendem Gewicht und höherer Speckauflage. Bislang liegt der Fleischanteil bei 58,5 %, das Gewicht bei 103 bis 104 kg. Für genaue Zahlen ist es noch zu früh, da gerade erst der dritte Durchgang läuft.

Das gilt auch für die Mastleistungen. Bei der Futterverwertung rechnet der erfahrene Mäster mit einer Verschlechterung um 0,2 Punkte. Denn Außenklima, zusätzliche Bewegung und höheres Endgewicht fordern ihren Tribut. Durch die GVO-freie Fütterung steigen die Futterkosten. Da GVO-freies Soja zu Spitzenpreisen gehandelt wird, setzt Ostermann auf eigene Ackerbohnen und Rapsschrot. Aber auch hier ist die Nachfrage groß und der Preis hoch.

Zählt der Landwirt alle Zusatzkosten zusammen, kam er schon vor der Explosion der Futterpreise auf Mehrkosten von rund 40 Cent/kg. Die werden vom Bonus in Höhe von 20 € längst nicht abgedeckt. Im Augenblick sorgt die Preisuntergrenze von 1,55 €/kg für einen zusätzlichen Bonus von rund 35 € gegenüber konventioneller Mast.

Doch schrumpft die Differenz, wenn die Schweinepreise wieder anziehen. Aber Ulrich Ostermann ist optimistisch: „Die Nachfrage des Lebensmitteleinzelhandels nach Haltungsform 3 steigt. Das kann sich nur positiv auf die Höhe des Bonus auswirken.“

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