Das Interesse an Schweineställen mit Auslauf bzw. Außenklima ist groß wie selten zuvor. Solche Stallsysteme sind mittlerweile auch in Nordwestdeutschland längst nicht mehr nur in der ökologischen Schweinehaltung zu finden. Die Veröffentlichung des sogenannten Borchert-Planes und die jüngsten Vorstöße aus dem Lebensmitteleinzelhandel (LEH), mittelfristig nur noch Frischfleisch aus Außenklimaställen anbieten zu wollen, haben die Diskussion zusätzlich befeuert.
Grundsatzfragen klären
Doch welche Systeme kommen überhaupt für eine solche Haltung infrage? Und mit welchen Varianten werden in der Praxis überwiegend gute Erfahrungen gemacht? Auf diese Fragen gilt es Antworten zu finden, denn im Gegensatz zu den konventionellen Schweinemastställen gibt es im Außenklimasegment eine Vielzahl von Systemen mit spezifischen Vor- und Nachteilen sowie unzählige Umbau- bzw. betriebsindividuelle Lösungen. Da fällt es manchmal schwer, den Überblick zu behalten.
Vorab muss sich der Betriebsleiter einige grundsätzliche Fragen stellen. Einerseits geht es um die Haltungsform, in der er später seine Tiere mästen möchte (Außenklimareiz oder Auslauf?). Hier gibt es Unterschiede zwischen den Haltungsform-Kriterien von LEH und Bundeslandwirtschaftsministerium. Als Nächstes kommt die Frage, wie die Luftführung gestaltet sein soll. Bei Umbaulösungen mit zusätzlichem Auslauf bleibt häufig die Zwangsbelüftung erhalten, während bei Neubauten oftmals eine freie Lüftung oder Querlüftung das Mittel der Wahl ist.
Vor dem Hintergrund der Vermarktung spielt zudem die Gruppengröße eine wichtige Rolle: Landwirte mit Außenklimastall setzen häufig auf die Direkt- oder Regionalvermarktung. Das erfordert oftmals eine kontinuierliche Mast und Schlachtung sowie eine entsprechende Buchtenbelegung.
Weil die meisten Außenklimaställe eine mehr oder weniger umfangreiche Einstreu erfordern, gilt es bei der Entmistungs- bzw. Gülletechnik umzudenken. Um die Ammoniakemissionen zu reduzieren, setzen verschiedene Stallbauer zudem auf eine systematische Trennung von Kot und Harn.
Außerdem sollte man sich vorab Gedanken über die Lagerung des Strohs machen – ein Punkt, der in Zeiten der Afrikanischen Schweinepest auch von seuchenhygienischer Bedeutung ist.
Nun aber zu den Stallsystemen, von denen wir hier einige Varianten vorstellen wollen.
Pig Port 3: Die sogenannten Pig-Port-Ställe wurden vom süddeutschen Berater Rudolf Wiedmann entwickelt und mit der Zeit immer wieder modifiziert. Heute bieten viele Stallbauunternehmen diese Bauform an, die an ihrer länglichen Gebäudeform mit den charakteristischen Pultdachkonstruktionen und den kammartig aufgebauten, langen und schmalen Buchten (2,5 x 9 m) erkennbar ist. In diesen ist üblicherweise Platz für jeweils etwa 20 bis 25 Tiere.
Die Pig-Port-3-Ställe arbeiten mit einer freien Lüftung und unterschiedlichen Temperatur- bzw. Klimazonen. Vom etwa 1,20 m breiten Versorgungsgang aus lässt sich der planbefestigte Liegebereich gut kontrollieren. Dort herrscht dank höhenverstellbarem Deckel und Stroheinstreu ein angenehmes Mikroklima. An den Liegebereich schließt sich der Fressbereich an, welcher in den meisten Fällen mit Spaltenboden ausgelegt ist. Über eine Pendelklappe oder Rüsseltür gelangen die Tiere vom Innen- in den Außenbereich unter freiem Himmel.
Hier sollen die Schweine ihren Kot absetzen, was sich über Kontaktgitter zwischen den Buchten zusätzlich beeinflussen lässt. Dieser Buchtenbereich kann aus perforiertem Boden mit Güllekeller bestehen. Das System lässt sich aber auch komplett planbefestigt mit Gefälle und Schlepperentmistung bauen (beispielsweise für die ökologische Haltung).
Vorteil des Systems ist, dass es auch mit geringen Mengen Stroheinstreu zurechtkommt und schrittweise erweiterbar ist. Durch die freie Lüftung entstehen bei diesem System auch nur geringe Energiekosten. Es gibt ein gutes Stallklima und nur selten Probleme mit Atemwegserkrankungen. Von Nachteil ist sicherlich, dass Pig-Port-3-Ställe sich aufgrund der niedrigen Bauweise nur schlecht für andere Zwecke umnutzen lassen.
Weitere Stallsysteme
Pig Port 5: Der Pig Port 5 ist im Gegensatz zur 3er-Variante für Großgruppen ausgerichtet, komplett planbefestigt und mit Stroh eingestreut. Hierbei handelt es sich um ein Hallengebäude, welches sich neben der Verwendung in der Schweinehaltung auch vielseitig umnutzen lässt. Eine Doppelbucht bietet Platz für etwa 2 x 100 Mastschweine, wobei die Tiere an mehreren Stellen von einer Seite der Bucht zur nächsten wechseln können. Es handelt sich bei diesem Haltungssystem ebenfalls um eine freie Lüftung. Der Übergang zwischen dem Innenbereich und dem Auslauf ist mit einem gewebeverstärkten Folienrollo versehen, welches sich zum maschinellen Entmisten oder zum Stoßlüften an warmen Tagen nach oben öffnen lässt. Im Außenbereich kann für warme Sommertage zusätzlich eine Suhle angelegt werden, um den Tieren eine Abkühlungsmöglichkeit zu bieten. Manche Landwirte haben zudem Teile des Liegebereichs abgedeckt, um an kalten Tagen eine Rückzugsmöglichkeit mit angenehmem Mikroklima zu schaffen.
Die Breifutterautomaten befinden sich auf einem 15 cm hohen Betonsockel. Dort sind sie beim maschinellen Entmisten besser vor Beschädigungen geschützt. Eingestreut wird zumeist automatisch, wobei ein Roboter an Schienen an der Decke entlangfährt und das Stroh gleichmäßig in den Buchten verteilt. Alternativ kann auch mit anderen automatischen Strohfördersystemen sowie mit einer Strohgondel gearbeitet werden, von welcher aus die Einstreu von Hand in den Buchten verteilt wird.
Der Strohaufwand liegt bei etwa 500 g pro Tier und Tag. Kontaktgitter in den Ausläufen zu den Nachbarbuchten sollen den Kotabsatz in diesem Bereich lenken und den Innenbereich möglichst sauber halten. Trotzdem kann es vorkommen, dass die Schweine die Buchtenwand zum Versorgungsgang als zusätzliche Kotstelle nutzen.
Im Innenbereich beträgt das Bodengefälle 1 %, während im Auslauf ein Gefälle von 5 % vorgesehen ist, damit Flüssigkeiten in die Jaucherinne abgeführt werden.
Tiefstreuhalle: Der Tiefstreustall besteht aus Zweiflächenbuchten für jeweils bis zu 70 Mastschweine. Er gliedert sich in einen höher gelegenen, über mehrere Stufen erreichbaren Fressbereich und einen planbefestigten, eingestreuten Multifunktionsbereich. Dieser nimmt mehr als 80 % der Gesamtfläche ein. Tiefstreusysteme lassen sich als Neubau in einer Multifunktionshalle, aber auch in Altgebäuden gut unterbringen.
Bei diesem System erhalten die Tiere den Außenklimareiz durch geöffnete Tore am Aktivitätsbereich. Deckenventilatoren sorgen für eine geregelte Abluftabsaugung. Durch Öffnen der Hubfenster am Versorgungsgang lässt sich an warmen Tagen der Luftaustausch erhöhen. Der Fütterungsbereich wird vom Versorgungsgang aus betreten. In den meisten Fällen ist dieser Bereich planbefestigt. Alternativ kann auch Spaltenboden verbaut werden, um Flüssigkeiten besser abzuführen. Eingestreut wird im Liege-/Aktivitätsbereich, wobei die Strohballen in regelmäßigen Intervallen in die Bucht gelegt und aufgeschnitten werden. Das Verteilen übernehmen die Tiere dann nach und nach selbst. Nach jedem Durchgang – manchmal auch zwischendurch – wird entmistet. In den ersten Tagen nach dem Einstallen müssen die Schweine regelmäßig vom Fütterungs- in den Tiefstreubereich getrieben werden. Sonst bleiben einzelne Schweine womöglich in der gesamte Mastperiode auf dem Fresspodest. Um das zu verhindern, sollte der Fütterungsbereich von vorneherein nicht zu großzügig bemessen sein. Der Strohbedarf liegt bei etwa 150 kg Stroh pro Mastplatz und Jahr und damit im oberen Bereich der Systeme.
Tiefstreuställe haben Vorteile bei einer späteren Umnutzung und sind in der Investition günstiger. Das große Luftvolumen der Gebäude sorgt in der Regel für ein gutes Stallklima. Die bakteriellen Umsetzungsprozesse in den Mistmatratzen liefern im Winter willkommene Wärme. Im Sommer kann das jedoch belastend sein.
Ruhekistenstall: Im Ruhekistenstall ist der Liegebereich (Kiste) von den übrigen Funktionsbereichen getrennt. In dieser Kiste entsteht ein Mikroklima, das an kalten Tagen für angenehme Temperaturen sorgt. Auch bei diesem Haltungssystem bildet eine Standardhalle die Grundlage. Insgesamt lässt sich das System je nach Vorlieben des Betriebsleiters sehr variabel einsetzen. In der Regel sind die Buchten als Doppelkamm angeordnet. Hubfenster oder gewebeverstärkte Folienrollos ersetzen die Außenwände. Die Lüftung erfolgt großflächig in Querrichtung: Die Luft gelangt über die offene Seitenwand in den Stall und über den Lichtfirst wieder hinaus.
Vom Versorgungsgang gelangt man wie beim Pig Port 3 in den eingestreuten Liegebereich. Dort gilt es in den ersten Tagen nach dem Einstallen darauf zu achten, dass die Ferkel die Ruhekisten sauber halten. Der im Stallinneren angrenzende Fressbereich kann sowohl planbefestigt und eingestreut als auch mit Spaltenboden versehen werden. Gleiches gilt für den Außenbereich. Bei Spaltenbodensystemen sollte die Belegedichte allerdings etwas höher sein, damit der Kot sicher durchrutscht. Kistenställe gibt es mit und ohne Auslauf. Bei zwei gespiegelten Buchten entsteht eine Art Innenhof.
Auslauf anbauen?
Etliche Schweinehalter möchten ihre gut funktionierenden Ställe trotz der Tierwohl-Diskussion nicht aufgeben. Sie denken daher eher über Umbaulösungen der vorhandenen, zwangsbelüfteten Ställe nach. Eine Variante, seinen Tieren den gewünschten Außenklimareiz bereitzustellen, ist hierbei der Anbau eines Auslaufs.
Je nach Gruppengröße, Lüftungssystem und sonstigen betrieblichen Gegebenheiten erfolgt der Übergang zum Auslauf über Rüsseltüren, Lamellen, Pendelklappen oder Schleusen. Ziel sollte es sein, einen ausreichenden Tierverkehr in den Außenbereich zu ermöglichen und möglichst wenig Falsch- bzw. Zugluft in den Innenbereich gelangen zu lassen.
In den meisten Fällen ist der Auslauf planbefestigt, überdacht und mit Stroh eingestreut. Eine Jaucherinne ist anzuraten, um Flüssigkeiten abzuführen. Eine Stufe an der Stallwand schützt die Buchteneinrichtungen, wenn der Auslauf maschinell entmistet wird. Um allen Tieren diesen Auslauf zu ermöglichen, müssen in den meisten Fällen mehrere Buchten miteinander verbunden werden. Eine Universallösung für die Strukturierung der Bucht im zwangsbelüfteten (Innen-)Bereich gibt es nicht. Es empfiehlt sich, zunächst eine neue Bucht nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten und wenn hierbei keine Probleme entstehen, die Struktur auch in den übrigen Buchten umzusetzen. Ansonsten kann man durchaus viel „Lehrgeld“ bezahlen!
Ein Vorteil der Stallflächenerweiterung mittels Auslaufs ist, dass viele Premium-Vermarktungsprogramme 40 % mehr Platz pro Tier fordern. Das lässt sich dann über den Auslauf erfüllen, ohne die Tierzahl abstocken zu müssen. Ein solcher Anbau ist aber nach wie vor genehmigungstechnisch nicht ganz einfach zu realisieren.
Die Tabelle finden Sie hier auch als PDF zum Download:
Außenklima mit Offenfront
Das gilt auch für jene Betriebe, die beispielsweise aus Platzgründen keinen Auslauf anbauen können. Hier kann der Umbau zum Offenfrontstall eine Möglichkeit sein, den Tieren einen Außenklimareiz zu verschaffen. Liegekisten sind bei diesem System allerdings notwendig, um den Mastschweinen ein angenehmes Mikroklima bei niedrigen Außentemperaturen zu ermöglichen.
Windschutznetze und/oder Außenjalousien sorgen dafür, dass keine starke Zugluft zu den Schweinen gelangt. Diese „mobilen Wände“ können manuell gesteuert werden. Genauer geht das über Temperatur- und Windgeschwindigkeitssensoren.
Neben den vorgestellten Stallsystemen gibt es noch viele weitere Varianten mit Außenklimareiz (Atlantic-Ställe, Nürtinger System, Hüttenhaltung usw.). Welches letztlich das richtige Verfahren für den eigenen Betrieb ist, lässt sich nur durch Beratung und Betriebsbesuche bei Berufskollegen mit einschlägigen Erfahrungen herausfinden.