Alle Alarmglocken schrillten am vergangenen Freitag: Verdacht auf Afrikanische Schweinepest (ASP) in einem Hausschweinbestand im Landkreis Emsland. Am Samstag dann die offizielle Bestätigung durch das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI). Seitdem leben die Schweinehalter in der Region im Ausnahmezustand.
Betroffen ist ein Betrieb in der Gemeinde Emsbüren mit 280 Sauen und rund 1500 Ferkel. Der Betrieb war komplett eingezäunt und vorbildlich geführt, wie Lambert Hurink betonte, Geschäftsführer der Seuchenvorsorgegesellschaft GSV.
Die Eintragsursache ist noch nicht bekannt. Der Bestand wurde am Sonntag tierschutzgerecht getötet. Bei Redaktionsschluss am Dienstag liefen die Reinigungs- und Desinfektionsarbeiten.
Blutproben bei einem Kontaktbetrieb in der Gemeinde Freren, der Ferkel bezogen hatte, fielen negativ aus. Das lässt hoffen, dass es sich bei dem Ausbruch um einen Einzelfall handelt. Aus Vorsichtsgründen werden die 1800 Mastschweine des Betriebs gekeult.
200 000 Schweine gesperrt
Um den Betrieb in Emsbüren wurde eine Schutzzone mit 3 km Radius sowie eine Überwachungszone mit 10 km Radius eingerichtet. Diese umfassen Teile der Kreise Emsland und der Grafschaft Bentheim. Aktuell endet die Überwachungszone an der Landesgrenze. Zwar liegt ein winziger Teil des NRW-Kreises Steinfurt innerhalb des 10-km-Radius. Doch ist dieser schweinefrei.
Im Landkreis Emsland sind 182 Betriebe mit 132 000 Tieren gesperrt, in der Grafschaft Bentheim 70 Höfe mit rund 63 000 Schweinen. Es gilt dort Anzeigepflicht für tierhaltende Betriebe. Zudem ein Transport- und Beförderungsverbot für Schweine sowie Aufstallungspflicht. Verbringen von Schweinen, Fleisch, Erzeugnissen und Gülle aus Betrieben in den Restriktionsgebieten ist verboten.
Alle Betriebe in der Schutzzone werden auf ASP-Anzeichen kontrolliert, in der Überwachungszone stichprobenartig. Zudem werden Dokumentation und Biosicherheit in allen Betrieben überwacht. Die Restriktionen können frühestens nach 30 Tagen aufgehoben werden.
Ohne Zaun kein Verkauf
Wenn keine neuen Fälle auftreten, sind Lockerungen bei Transport und Vermarktung möglich. Aufgrund neuer EU-Vorgaben ist das aber nur bei Betrieben mit guter Biosicherheit erlaubt. Der Steinfurter Kreisveterinär Dr. Christoph Brundiers stellt bei einer Videokonferenz des WLV-Kreisverbands am Montagabend klar: „Es wird nicht möglich sein, aus nicht eingefriedeten Betrieben Tiere zu verbringen.“ Seine Kollegin Dr. Anna Fellmann konkretisierte: „Die Messlatte der EU liegt hoch. Nicht nur Einfriedung, auch Schwarz-Weiß-Bereich, Hygieneschleuse und weitere Bedingungen müssen erfüllt sein.“ Dabei unterscheidet Brüssel nicht nach Betriebsgröße.
Carsten Spieker, der Sprecher der Ferkelerzeuger im WLV, mahnte, jeden Tierzugang unverzüglich in die HIT-Datenbank einzutragen: „Das ist mitentscheidend dafür, ob wir nach 30 Tagen aus dem Gröbsten raus sind.“
Nur mit Bescheinigung?
Verschiedene Vermarkter fordern jetzt von ihren Mästern eine Seuchenfreiheitsbescheinigung. „Das ist gesetzlich und rechtlich nicht notwendig“, betonte der Leiter des Veterinäramts Steinfurt, Dr. Brundiers. Zwar versuche das Amt, den Wünschen der Schlachtbetriebe für ihren Export nachzukommen. „Aber wir können nicht rausfahren und kontrollieren, wann die letzten Ferkel eingestallt worden sind“, machte Brundiers klar. Jedoch können Schweinemäster ein entsprechendes Formular per E-Mail anfordern unter „Amt39@kreis-steinfurt.de“.
Besamung bleibt möglich
Für Verwirrung sorgte eine Formulierung in der Allgemeinverfügung, wonach die „ambulante künstliche Besamung von Schweinen“ verboten ist. Das gilt nur, wenn jemand zur Besamung auf den Hof kommt. „Die Eigenbestandsbesamung der Sauen ist weiterhin erlaubt“, stellte Elfriede Werdermann als Geschäftsführerin des Kreislandvolkverbands in der Grafschaft Bentheim klar.
Bloß kein Flächenbrand!
Ein ASP-Einschlag mitten im nordwestdeutschen Veredlungsgürtel – vor dieser Nachricht hat sich die gesamte Branche gefürchtet. „Daraus kann schnell ein Flächenbrand in dieser schweinedichten Zone werden“, warnte Vorsitzender Albert Rohlmann bei einer Onlinetagung des WLV-Kreisverbands Steinfurt.
Denn die EU hat die Messlatte in Sachen Hygiene deutlich höher gelegt. Betriebe, die Ausstallungen „auf den letzten Drücker“ durchziehen, bringen die ganze Region in Gefahr. Damit die Sperren möglichst schnell beendet werden können, müssen Schweinehalter optimale Biosicherheit leben. Die niedersächsische Tierseuchenkasse sieht zudem harsche Abzüge vor, wenn im Seuchenfall Hygieneauflagen nicht erfüllt sind.
Für den betroffenen Betrieb ist es bitter, dass sein Hausschweinbestand infiziert ist. Für die Branche ist es ein Glücksfall, dass keine Wildschweine betroffen sind. Denn im Stall ist das Infektionsgeschehen wesentlich besser unter Kontrolle als in der Natur. Hätte es Wildschweine in dieser Region getroffen, wären die Restriktionszonen deutlich größer, die Auflagen härter und die Fristen erheblich länger.
Auch in der Uckermark
Einen weiteren Neuausbruch in einem Mastbetrieb hat es im brandenburgischen Kreis Uckermark gegeben. Dort sind 1300 Tiere eines Schweinemastbetriebs betroffen. Das nationale Referenzlabor, das Friedrich-Loeffler Institut (FLI), hat den Verdacht am Samstag bestätigt.
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