Kommentar

Antibiotika: Absenken bis zum Abwinken?

Die Meldepflicht für die staatliche Antibiotika-Datenbank TAM wurde 2023 verschärft. Dürfen bald gar keine Mittel mehr eingesetzt werden? Das ist nicht zielführend, kommentiert Gerburgis Brosthaus.

Wieder eine neue Meldepflicht für viele Tierhalter. Und noch eine Kennzahl, an der sich Wohl und ­Wehe entscheidet. Jedes Halbjahr wird ein Viertel der Betriebe in die „Schmuddelecke“ gestellt, weil sie die Kennzahl 2 überschreiten – unabhängig davon, wie hoch der Antibiotikaeinsatz im Schnitt überhaupt ist. Dieser „Geburtsfehler“ wurde bei der Überarbeitung des Tierarzneimittel­gesetzes nicht beseitigt.

Bestes Beispiel sind die Schweinehalter. Die haben das EU-Ziel der Halbierung bis 2030 in den letzten acht Jahren weit übertroffen. ­Haben sie womöglich jetzt das Nachsehen, weil sie schon „vor­gearbeitet“ haben?

Sie haben es geschafft, die Kennzahl 1 in dieser Zeit um 80 % zu senken. Mastschweine wurden im letzten Halbjahr im Schnitt gerade mal 0,23 Tage mit Antibiotika behandelt.

Und obwohl die Kennzahl 2 nur bei 2,612 Behandlungstagen liegt, muss jedes Halbjahr ein Viertel der Betriebe einen Maßnahmenplan erstellen. Bringt der keinen Erfolg, kann das Veterinäramt drastisch in die Betriebsführung eingreifen – im Extrem ein Tierhaltungsverbot aussprechen. Das kann dazu führen, dass ein Landwirt sich gegen eine Bestandsbehandlung entscheidet. Denn er weiß genau, dass er damit die Kennzahl 2 reißen würde.

Das Prinzip ist falsch, den Antibiotikaeinsatz immer weiter zu senken. Der Gesetzgeber riskiert, dass kranke Tiere nicht behandelt werden. Wer das nicht will, muss eine „Bodenlinie“ einziehen, wenn das Minimierungsziel der EU erreicht ist. Und das liegt bei 50 %.

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von Gerburgis Brosthaus

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