Kommentar

Aldi: Nur ein Marketing-Gag?

Wie ernst meint Aldi seine Ankündigung, ab 2030 nur noch Frischfleisch aus Haltungsform 3 und 4 anzubieten? Ein Kommentar von Gerburgis Brosthaus.

Julia Klöckner wird sich die Augen gerieben haben. Jahrelang ringt sie um Tierwohlkennzeichen und Borchert-Plan. Als klar ist, dass beides in dieser Legislaturperiode nichts wird, stilisiert Aldi sich im Alleingang als Retter. Aldi reißt das Ruder in der Tierhaltung Richtung Tierwohl rum und verspricht Landwirten und Verarbeitern Planungssicherheit. Genau das aber bezweifeln viele Landwirte. War es nicht der Aldi, der mit dem Einstieg ins SB-Frischfleisch als Teil des perfiden Einkaufssystems des LEH dafür gesorgt hat, dass die Preise so knapp kalkuliert sind, dass den Bauern finanziell kaum Luft blieb? Preisführerschaft, aber nach unten, ist das Markenzeichen von Aldi – und soll es bleiben. Die Kunden können weiterhin darauf vertrauen, „hochwertige Produkte zum günstigen Aldi-Preis zu erhalten“, wie es in der Pressemitteilung zum Tierwohlprojekt heißt. Wichtige Fragen bleiben offen:

■ Lohnt sich das Aldi-Angebot für Tierhalter? Welchen Bonus bietet Aldi und wie lange ist der sicher? Einen Stall baut man nicht für fünf Jahre.

■ Ist der Umbau rechtlich überhaupt möglich? Außenklima und Auslauf bringen immense Probleme bei der Baugenehmigung.

■ Bei Aldi ist Tierwohl auf Frischfleisch beschränkt. Das betrifft gerade mal 20 % der Fleischnachfrage. Wenn Aldi es ehrlich meint, müssen auch Wurst und Verarbeitungsware aus Haltungsform 3 und 4 stammen. Ein Schwein besteht nicht nur aus Filet und Kotelett!

■ Aldi gibt keine Garantie für deutsche Herkunft. Wer schützt unsere Tierhalter davor, dass die in Spanien übliche Offenfronthaltung deutsches Fleisch ausbootet?

■ Tierwohl beginnt im Aldi-Konzept erst mit 30 kg. Wird die Sauenhaltung nicht einbezogen, bleibt das Ganze Stückwerk.

■ Was passiert, wenn die Kunden nicht auf das Angebot einsteigen, sondern bei der Konkurrenz kaufen? Zieht Aldi sich aus dem Projekt zurück? Und die Bauern bleiben auf ihren teuren Ställen sitzen? Wenn Aldi es wirklich ernst meint und nicht nur einen PR-Gag landen will, müssen die Verantwortlichen jetzt schnellstens Antworten liefern.

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